Under the Skin (2013) – Mainstream, Arthouse und das Dritte

„Under the Skin“ ist ein Film über den man spricht. „Hass“ und „Liebe“ sind die Gefühlsregungen die in den persönlichen Meinungen bezüglich dieses Films wiedergegeben werden; für nuanciertere Emotionen dazwischen, so scheint es, bleibt recht wenig Platz. Doch wie schafft es der Film, dass er derart kontrovers aufgenommen wird?

Es ist nicht so, dass dieser Film als solcher provozieren würde, er scheint vielmehr (auf den ersten Blick) nicht in unsere Zeit zu passen. Er ist anachronistisch in dem Sinn, dass hier nichts von der Hektik des heute lebenden Menschen widergespiegelt wird. Er erinnert in dieser Hinsicht viel eher an diverse Filme der 1970er-Jahre wie z.B. an Kubricks „Odyssee 2001“. Er ist für heutige Verhältnisse vielmehr langsam, zu einem großen Teil auch so verdammt mühsam langsam, aber auch arm an Informationen, sodass man ihn sogar als furchtbar langweilig auffassen könnte. Es ist nicht so, dass der Zuschauer mit seinen eigenen Unzulänglichkeiten konfrontiert werden würde, was ihm unangenehm sein könnte, oder dass er gesellschaftlich tabuisierte Themen aufgreifen würde, vielmehr kann er als so dermassen öde aufgefasst werden, dass man sich einfach nur ärgert, ihn bis zum Schluss angesehen zu haben.

Die Erwartungshaltung und die Beurteilung:

Dies hat aber auch weitgehend mit der Erwartungshaltung zu tun, mit der man an den Film herantritt. Hat man denn die richtigen Informationen schon im Vorfeld, wird man sich den Film entweder schon mal gar nicht ansehen oder die Enttäuschung wird nicht so groß sein, da man ja im Vorfeld schon gewarnt wurde. Im besten Fall wird man dem Film schließlich sogar vielleicht etwas abgewinnen, was ohne derartige Informationen nicht eingetroffen wäre. Es ist wahrscheinlich ein Film, dessen Einschätzung wie bei kaum einem sonst, von dieser Erwartungshaltung und auch von der im Vorfeld gegebenen Informationen abhängt.

Ein Hinweis, dass es tatsächlich so sein könnte, findet man z.B. auch darin, dass den Film nahezu alle professionellen Kritiker in einem unglaublichen Maße in den Himmel loben, währenddem das Publikum ihn so gespalten aufnimmt, dass im Querschnitt der Meinungen dann doch nur ein eher durchschnittliches, vielleicht noch leicht positives Bewertungsbild übrig bleibt.

Die dritte Kategorie – Kunst und Verwertbarkeit:

Es scheint so zu sein, dass professionelle, hauptberufliche Filmkritiker (so ist zumindest wirklich anzunehmen) ähnlich ihrer Kollegen aus der Musikbranche im Vorfeld bereits Informationen bekommen und dass diese Infos das Seherlebnis weitgehend dadurch auch beeinträchtigen. Wie sonst wäre es z.B. auch erklärbar, dass diverse Sätze fast wortgleich und zur selben Zeit in Rezensionen unterschiedlichster Autoren erscheinen. Einer dieser Sätze besagt z.B. dass es sich bei dem Film weder um einen für das Mainstream-Publikum, noch um einen für den „versnobten [sic!] Arthouse“-Zuseher handelt. „Under the Skin“ sei also so etwas wie der Vertreter eines neuen Films, einer der sich einer solch einfachen dipolaren „Schubladisierung“ verweigert und widersetzt. Einer der ersten Filme einer vermeintlich neuen dritten Kategorie, von der – so ist zu befürchten, – wir in nächster Zukunft wohl noch öfters hören werden. Ob das im Film Gezeigte, der Film selbst, dabei so „neu“ ist, sei zunächst noch dahingestellt, diese Aussage, die höchstwahrscheinlich einer Pressemappe zu Werbezwecken entnommen wurde, war es innerhalb der Filmbranche auf jeden Fall und hat Aufsehen erregt. Hier kommt also ein Werk, dass einzigartig ist, sich den Mechanismen des Marktes und der kapitalistischen Verwertbarkeit verweigert. All das schreit zweifellos laut nach dem Begriff „Kunst“! Das erinnert gleichzeitig aber auch an Aussagen eitler bildender Künstler, die für sich einerseits das Prädikat „Einzigartigkeit“ beanspruchen, andererseits auch daran, dass hier vermeintlich etwas geschaffen wurde, dass besser sei als all das zuvor, nämlich, dass es sich hierbei um Kunst handelt und diese auch noch frei vom „Snobismus“ der Kunstwelt sei. Auch diese Ablehnungshaltung bzgl. elitärer Adressaten erinnert an die „Avantgarde“ der bildenden Kunst des beginnenden 20 Jahrhunderts, die sich doch vermeintlich an die Seite des Volkes und gegen das Elitäre in der Kunst stellte. Diese Eitelkeit eines Regisseurs, all das für sich und sein Werk herauszunehmen, ist in der Filmbranche tatsächlich (zumindest für mich) das einzig Neue; viel weniger der Film, wenngleich er für die heutige(!) Zeit tatsächlich äusserst unkonventionell und aus diesem Grund, das muss man zugeben, auch mutig ist.

Interessant ist jedenfalls, dass der Film gerade durch diese Aussagen, nämlich dass er sich einer kapitalistischen Verwertung widersetzen würde und dass er kein Film für den elitären(!) Kunstfilmliebhaber sei, erst die höchstmögliche Aufmerksamkeit erhielt. Das Mainstream-Publikum fühlte sich im Vorfeld bereits verstanden, wenn hier doch jemand daherkommt und das ausspricht, was insgeheim immer schon als richtig empfunden wurde, nämlich, dass vermeintlich anspruchsvollere Filme, die z.B. auf arte laufen, nichts anderes als „überhebliche, snobistische Scheiße“ sind. Es war dadurch gleichzeitig zweierlei gewährleistet: Der Film spricht die breite Masse an und genau mit dieser breiten Masse ist erst wirklich Geld zu machen, etwas dass wohl auch das Bestreben jeder kommerziellen Produktionsfirma sein muss, und zweitens, der Regisseur hat seiner Eitelkeit Genüge getan. Er kann sich selbst als großen Künstler betrachten, selbst dann, wenn das Publikum den Film letztlich nicht verstehen sollte und ihn eher ablehnt, was schließlich auch zum Teil wirklich eintrat. Auf diese Weise war sowohl der Produktionsabteilung, welche dem Kapitalismus verpflichtet ist, als auch dem Künstler, der sich seiner Kunst verpflichtet sieht, dennoch aber auch wahrgenommen werden will, geholfen. Schließlich können jene, die den Film lieben, sich neuerdings als elitäre Gruppe betrachten, wenn sie auch mit den scheinbar elitären Snobs der arthouse-Leute nichts gemein haben. Das hilft bei der Erzeugung fanatischer Fans, was wiederum für zukünftige Projekte hilfreich ist. Tatsächlich ist der Film, entgegen aller anderen Versprechungen, jedoch dennoch ein „arthouse“-Film, wenngleich er auch von diesem Publikum nicht überwiegend positiv aufgenommen werden kann, da er einfach in seiner Art anachronistisch ist, aber auch, weil dieser zu wenig dem entspricht, was man „Mainstream des Arthouses“ bezeichnen könnte.

Die dritte Kategorie neben Arthouse und Mainstream:

Das klingt jetzt nun tatsächlich so, als ob der Film ein Vertreter dieser neuen, dritten Kategorie wäre, doch das ist keineswegs der Fall. Vielmehr ist er einfach nur ein Nischenprodukt, genauso wie auch Trash-Horrorfilme jetzt nicht unbedingt als dritte große Schublade wahrgenommen werden, v.a. weil es dazu einfach auch zu wenige Fans gibt. Die dipolare Kategorisierung von Filmen in „Mainstream“ und „arthouse“ ist allerdings aber auch gar keine, die auf quantitativen Maßstäben, wie Zuseherzahlen und Fans, beruht, sondern vielmehr eine die aufgrund von qualitativen Merkmalen stattfindet – und zwar bzgl. Merkmale die aufgrund von Vertretern beider Seiten wahrgenommen werden.  Das Mainstreampublikum lehnt die anspruchsvollen Filme aufgrund des fehlenden Unterhaltungspotentials und ähnlichen Argumenten ab, das des „arthouse“-Films die Unterhaltungsfilme wegen z.B. ihrer Oberflächlichkeit oder aber wegen fehlender Kunstambitionen. „Under the Skin“ ist weit davon entfernt ein Unterhaltungsfilm zu sein und seine Intention ist eindeutig dahingehend, dass er auch als Kunst verstanden werden will. Er ist aufgrund seiner Ambitionen, sowie aufgrund seines geringen Zuspruchs daher ein Nischenprodukt des „arthouse“-Films. Wenn man sich vielleicht auch gegen derartige Schubladisierungen sträubt, eine dritte Kategorie würde daran auch nichts ändern, und tatsächlich macht die Unterteilung zwischen „Mainstream“ und „arthouse“ auch Sinn. Genauso wie die Unterteilung von E- und U-Musik (Unterhaltungsmusik und „ernste Musik“, im Sinne von ernsthafter Kunstbestrebung) Sinn macht, die ebenfalls bereits alle Strömungen in sich aufnehmen können. Auch „Under the Skin“ gelingt es nicht diese nicht immer unbedingt notwendige, aber doch (in gewisser Weise) sinnvolle Unterteilung aufzubrechen.

Die Handlung – Under the Skin und Mainstream:

Warum dieser Film aber dennoch irgendwie mit einem Fuß im Mainstream steht, liegt nicht allein nur daran, dass man das Starlet Scarlett Johansson für diesen Film für sich gewinnen konnte, was wiederum die Publikumswirksamkeit erhöht hat, sondern erklärt sich auch aus der Handlung des Films heraus. Tatsächlich biedert sie sich, dem ersten Anschein nach, dem Mainstream ein wenig an und liebäugelt daher mit diesem weit lukrativeren Publikum. Diese Informationen bezüglich der Handlung (ohne zu spoilern, was in der zweiten Hälfte des Films passiert) erhielt man auch ohne das Lesen ausschweifender Filmkritiken. Sie ist mit einfachen Worten auch schnell erzählt: Scarlett Johansson spielt ein Alien, dass männliche Menschen verführt, weglockt und schließlich tötet.

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Das erinnert dann tatsächlich viel mehr an Blockbusterfilme á la „Species“ (1995) und spricht zunächst mal eher auch ein Mainstream-Publikum an, wenngleich sie letztlich nicht das zu sehen bekamen, was sie aufgrund dessen wohl erwartet hatten. Tatsächlich handelt es sich bei „Under the Skin“ auch gar nicht so sehr um einen Science-Fiction oder um einen Sci-Fi-Horrorfilm. Johansson killt die von ihr verführten Männer nämlich gar nicht, wenngleich diese tatsächlich sterben. Der Film hat keinerlei Splattereinlagen zu bieten, sie ist auch kein außergewöhnlich sexy wirkender Vamp, was man beides wohl von einer solchen „story“ erwarten würde und was wohl die Gründe sind, warum ein Mainstream-Zuschauer enttäuscht sein wird. Er ist zum anderen auch deshalb kein wirklicher Vertreter dieser Genres weil der Film eigentlich auch gar keine Aussage trifft, um welches Wesen es sich bei der von Johansson dargestellten Person handelt. Das Buch, auf dem dieser Film lose basiert, trifft diese Aussage, dass es sich bei ihr um ein Alien handelt, tatsächlich, der Film hingegen macht das gar nicht. Es könnte sich bei dieser Person z.B. ebenso um einen Androiden handeln, schließlich könnte sie sogar ein bisher lediglich unbekanntes terrestrisches Wesen sein, denn man sieht auch nie ein Raumschiff. Tatsächlich ist das aber alles auch gar nicht relevant und der Zuschauer, der sich darüber den Kopf zerbricht, hat damit bereits einen Weg eingeschlagen, der unter Umständen dazu führt, dass er keinen Spaß an diesem Film mehr hat, denn diese Fragen stehen gar nicht so sehr im Mittelpunkt des Films und werden auch aus diesem Grund einfach nicht beantwortet. Es geht in dem Film nicht darum, diese uns fremde Welt eines Aliens zu erklären, wenngleich man alles aus der Perspektive dieser „Person“ sieht, es geht vielmehr darum unsere eigene Welt aus der Sicht eines möglichst weltfremden Außenstehenden vorzuführen oder aber auch darum, wie diese menschliche Gesellschaft auf ein so aussenstehendes Wesen reagiert. Letztlich ist dabei aber egal, ob es sich um einen Alien, einen Androiden oder sonst was handelt.

Modernität – Die dritte Kategorie vielleicht ja sogar der Independent-Film der 2010er-Jahre:

„Under the Skin“ weist jedoch nicht nur wegen seiner unglaublichen Langsamkeit anachronistische Züge auf, sondern ist darüber hinaus gleichzeitig auch ein überaus moderner Vertreter des Kinos. Dies zeigt sich v.a. dann, wenn man ihn mit 2 der wohl besten Filme der letzten Jahre vergleicht. Dies ist zum einen „Only Lovers Left Alive“ ebenfalls aus dem Jahr 2013 und vom König des Independent Films der 80er-Jahre (Jim Jarmusch), sowie der schwedische Film „So finster die Nacht“ aus dem Jahr 2008, der schließlich sogar eine halbwegs passable Hollywood-Neuverfilmung im Jahr 2010 über sich ergehen lassen musste. Vielleicht werden diese drei und weitere Filme, die es ihnen nachmachen, in Zukunft ja tatsächlich noch unter dem Etikett „die dritte, nicht einordenbare Kategorie“ in die Filmgeschichte eingehen, jedenfalls weisen sie alle eine Gemeinsamkeit auf: Alle 3 greifen typische Themen des Mainstream-Kinos auf, verwandeln diese Geschichten durch ihren Zugang aber in etwas völlig Neues, bisher in dieser Weise Ungekanntes und zwar in etwas, dass für die menschliche Gesellschaft von heute repräsentativ und relevant ist. Aber auch wenn dies in den letzten Jahren eher selten war, so ist dies eigentlich keine Neuerung, denn bereits Filme der „Nouvelle Vague“, die sich ebenfalls zu einem Teil von Filmen aus den „goldenen Jahren“ des Hollywoods inspirieren ließen, bedienten sich dieser Herangehensweise, wie z.B. an Godards „Alphaville“ besonders gut veranschaulicht werden kann. Jedenfalls sind in den oben genannten drei Filmen alle Protagonisten auch noch vereinsamte Außenseiter der Gesellschaft, was sehr viel mit unserer heutigen Gesellschaft zu tun hat und allen dreien ist auch ein leicht depressiver Zug gemeinsam. Im Gegensatz zu „Under the Skin“ setzen die beiden anderen Filme allerdings auf relativ ausführliche Geschichten und sie bemühen sich auch um detaillierte Charakterstudien, die bei „under the skin“ nicht wirklich gelingen und irgendwie ins Leere laufen. Scarlett Johanssons‘ Alien wird während des gesamten Films nie die Identifikationsfigur wie es die „Vampire“ in den beiden anderen Filmen sind.

Bewertung – Bauch versus Hirn:

Dieses andere Wesen und ihre Welt werden uns Zuseher von „Under the Skin“ niemals wirklich vertraut und beides bleibt uns dennoch irgendwie fremd. Man kann das Gezeigte auch nicht wirklich bis ins kleinste Detail verstehen, jedenfalls nicht mit der Ratio, sondern kann bestenfalls lediglich mit dem Gefühl erfasst werden. Wer sich bei „under the skin“ eine herkömmliche, ausgefeilte Handlung im Sinne einer traditionellen „story“ erwartet, wie es auch mir meist wichtig ist, wird nachher unzufrieden den Computer oder das TV-Gerät abschalten. Diese „story“ ist zwar keinesfalls unlogisch, sodass etwas Nachfolgendes nicht aus dem Vorhergegangenen entstehen könnte, sie ist auch nicht surreal und schräg, sondern gibt lediglich einfach nur nicht viel her. Es ist vielmehr eine Kurzgeschichte die ewig langgezogen wurde. Sie gibt nicht so viel her, dass sie einen 108-minütigen Film aufgrund der Geschichte irgendwie besonders aufregend machen würde. Das was einem vielleicht noch gefallen könnte, ist die Stimmung, die diesen Film ausmacht. Mich persönlich hat aber auch die nie wirklich ge’catch’t. Auf jeden Fall hat man, wenn man nicht unbedingt eine bis ins kleinste Detail erklärte Handlung braucht, noch eine Chance den Film zu mögen. Diesbezüglich habe ich an anderer Stelle einen Vergleich gelesen, den ich Euch nicht vorenthalten will, da er auch mir z.T. recht treffend erscheint: „Man tritt auch nicht an ein abstraktes Bild heran und wirft ihm vor, dass er kein Abbild eines Gegenstandes detailgetreu zeigt“. Wenngleich dieser Film ganz klare, durchaus sogar sehr realistische Bilder zeigt, so ist das Ziel, dass der Film erreichen will, dennoch ein dahinter liegendes und dieses Ziel ist nur über das Gefühl und nicht über die Ratio, die für alles Erklärungen haben will, zu erreichen. Der Film ist viel weniger ein Science-Fiction-Film, ein Genre das oftmals bestrebt ist möglichst detailgenaue Angaben bzgl. der Welt zu geben, als vielmehr ein Mystery-film, der in seiner Erzählung unzählige Erklärungen ausspart und viele Rätsel beinhaltet, die aber auch nie aufgelöst werden und der daher überaus offen für Interpretationen bleibt. Aber selbst dann, wenn man all das weiß, heißt das noch nicht, dass man den Film wirklich auch etwas abgewinnen kann, aber die Chancen, das dies doch eintreten kann, sind hiermit zumindest erhöht.

Bewertung – die langweilige erste Hälfte des Films:

Jedenfalls sieht man in der ersten Hälfte Johansson, deren Charakter einem im Film auch nie wirklich großartig sympathisch wird, lediglich Männer verführen und zwar völlig ohne Reiz und Abwechslung. Sie fährt hier lediglich mit einem Auto endlos durch die Gegend und spricht dabei irgendwelche Männer auf der Straße an. Dies ist nicht geschönt, wie in einem Hollywoodfilm, dargestellt, sondern zeigt sich in einer recht „trockenen“, relativ realitätsnahen Bildsprache. Die Gespräche bleiben höchst oberflächlich, sodass sich auch (abgesehen davon, dass man Johansson in ihrem White-Trash-Look noch immer sexy finden kann) der Voyeurismus, in dem Sinne, dass man selbst der Beobachtung entzogen Einblick in überaus private Situationen bekommt, in Grenzen hält. Selbst diese Einblicke in das Private lassen also kein allzu großes Interesse am Film entstehen. Durchbrochen wird all das schließlich noch von dokumentarisch anmutenden Bildern, welche die ziemlich proletoide schottische Gesellschaft z.B. in einem Einkaufszentrum überaus lange und ausführlich zeigt. Diese Bilder, die in ähnlicher Weise immer wiederkehren, sind in gewisser Weise Stimmungsbilder, eigentlich auch ziemlich uninteressante, und diese Zeit kann der Zuseher auch nicht mit kontemplativem Nachdenken überbrücken, denn so viel zum Nachdenken gibt einem der Film, trotz dass man in vielerlei Hinsicht im Dunkeln gelassen wird, bis zu diesem Zeitpunkt, weil einfach ein Mangel an Informationen herrscht, nicht auf. Man spürt das, was der Regisseur einem verklickern will, oder man spürt es eben nicht, und ich hab’s leider einfach nicht gespürt, ich fand besonders diese Passagen des ewigen Herumfahrens und diese dokumentarischen Bilder einfach nur erdrückend langweilig. Erst das Bild der letzten Einstellung konnte schließlich dann tatsächlich für ein kontemplatives Nachdenken auch tatsächlich genutzt werden.

Bewertung – Schauspiel von Scarlett Johansson:

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Ebenso kann es einem mit dem Schauspiel von Scarlett Johansson ergehen. Viele loben dieses als „einfach nur hypnotisch“, man kann es aber – wie ich – auch einfach nur als langweilig betrachten. Sie glotzt durch die Gegend, sie spricht oberflächliche Allerweltssätze und befindet sich in Allerweltssituationen, die – so meine ich – jetzt keine große Herausforderung für eine Schauspielerin sind. Klar, man sieht sie nackt, das ist durchaus ein Argument („vielleicht“ aber auch keines dass sich auf die Schauspielerei bezieht), man sieht sie aber auch oft einfach nur gehen, und das sieht mit ihrem Hohlkreuz manchmal auch nicht ganz so erotisch, sondern sogar unbeholfen aus. (Wenn auch diese Unbeholfenheit durchaus einen Charme hat). Sie gibt durch ihr Schauspiel, auch das könnte man annehmen, wenn man sonst schon recht wenig erfährt, dennoch auch nicht viel von ihrem Innenleben preis, tatsächlich bleibt sie, wie es wohl aber auch die Rolle vorgibt, reine Oberfläche, ohne dass dies etwas hinter dem Charakter preisgeben würde. Wenn sie dann doch einmal zeigen will, dass etwas in ihr vorgeht, wie z.B. dass sie gerade einen Gedanken hatte, der sie überrascht, wirkt das  mit ihrem kurzen Kopfzucken fast peinlich, so als wäre sie „Data“ von „Star Trek – Next Generation“ oder „Edward mit den Schwerenhänden“. Ich fand das Schauspiel jedenfalls nicht hypnotisch, sondern, wie die gesamte erste Hälfte des Films insgesamt, ebenfalls eher ziemlich langweilig.

Die interessantere zweite Hälfte des Films, die zweite & dritte Phase des Films:

Irgendwann ab der Hälfte des Films, eigentlich so spät, dass die Ablehnung gegenüber des Films schon zu weit fortgeschritten ist, ändert sich dann doch noch etwas. Plötzlich wähnt man sich in einem Ken Loach-Film zu sein. Die Welt der schottischen Arbeiterklasse wird nun doch etwas herzlicher dargestellt, was auch, neben dem Zusammentreffen mit einem körperlich Entstellten, einem an Neurofibromatose Erkrankten, eine Veränderung in der verführenden (Alien?-)Frau hervorruft. Ab diesem Zeitpunkt wird der Film dann endlich auch ein wenig interessanter für etwaige Interpretationen. Das nun Folgende hat zumindest dann auch ein wenig Reiz darüber nachzudenken, aber es ist jetzt auch kein so großer Renner, sodass man sich nun zu viel erwarten sollte.

< SPOILER: Wer an den Film ohne Spoiler herangehen will, sollte an dieser Stelle spätestens sofort aufhören zu lesen! Bei „SPOILER“-ENDE geht es dann weiter >

Sie flüchtet und will nun selbst erfahren, was es heißt Mensch zu sein, was wir in wenigen Szenen nun exemplarisch nachvollziehen sollen. Die Grundmotivation erinnert dabei in gewisser Weise an die Engel aus „Der Himmel über Berlin“, ebenfalls ein Film, der sehr viel über die Stimmung der Bilder bezog, der aber in seiner Poesie der Bilder und Worte um so vieles besser ist, als der hier Vorliegende. Schließlich kippt der Film abermals, sodass es eigentlich einen dritten Teil der Handlung darstellt. In dieser letzten Phase weist der Film nun die Gesellschaft der Menschen doch wieder als eine aus, die mit Schwächeren wenig Mitleid hat und Außenstehende/Andersartige schließlich sogar tötet. Diese Dreiteilung der Ereignisse ist tatsächlich gar nicht so neu und wirkt sogar etwas antiquiert und theaterhaft. Die größere Überraschung ist dann viel mehr dass man das „Alien“ dann tatsächlich noch zu Gesicht bekommt, was man vielleicht nicht erwartet hätte. Dass sie nur die Haut eines Menschen trägt, war jedoch nach der einen Tötung im schwarzen Raum irgendwie schon klar. Im Nachhinein versteht man schließlich auch die allererste Computeranimation im Film ein wenig besser, wenngleich dieses Auge, das damals entstand, so gar nichts biologisch-organisches an sich hatte. Diese computeranimierten Passagen brechen irgendwie diesen Look des Independent-Films, während der schwarze Raum durchaus noch interessant ist, ist die erste Einstellung, bei der dieses Auge entsteht, aber so clean und wirkt allzu synthetisch, was man weit besser machen hätte können, auch ästhetisch wertvoller. Der Film schließt ab mit dem Blick der Kamera in die herabfallenden Schneeflocken, die einzig gelungene dieser kontemplativen Aufnahmen.

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< SPOILER ENDE >

Der Film ist nicht so großartig, dass man ihn tatsächlich sehen muss, vielmehr kann er für viele furchtbar langweilig sein, sodass man sogar eher dazu tendieren würde, davon abzuraten ihn zu sehen, aber er ist interessant bezüglich der Diskussionen um ihn. Wer an dieser gerne teilnehmen will oder sich aber gerne auch mal über einen Film ärgert, kann ihn sich auf jeden Fall ansehen, denn da kann dann in keinem Fall etwas schiefgehen, wer mit all den oben geschilderten Merkmalen des Films etwas anfangen kann (langsam, keine detaillierte Ausformulierung einer Geschichte), ebenso, sonst würde ich jedoch eher davon abraten, da er einfach ein Nischenfilm für sehr spezielle Filmliebhaber ist. Ich vermute das Fans von folgenden Filmen eher noch als andere mit diesem hier etwas anfangen können: „Odysee 2001“, „Lost in Translation“, sowie Fans von Scarlett Johansson im Allgemeinen. Allerdings ist auch das keine Sicherheit…

5-star

(5/10; dies ist noch mehr als sonst eine rein persönliche Bewertung)

1-star

(objektiv betrachtet, kann der Film auch so unglaublich gehasst…)

10-star

(aber auch so unglaublich geliebt werden)

Der Trailer (deutsch) erweckt ja „fast“ den Eindruck, dass der Film spannend wäre:

Regie: Jonathan Glazer