Gratis Filme im Netz – Teil 1: Platz 6-10

Illegale Streaming-Seiten kommen immer mehr in Zugzwang, sprich: Einzelne der Anbieter, wie unlängst die Betreiber von „kinox.to“ und „movie4k“, befinden sich mittlerweile bereits gar auf der Flucht. Kaum eine populäre Nachrichten-Seite die nicht zumindest einmal im Monat diesem Themenbereich ein paar Zeilen widmet. Der Aufbau dieser News ist stets derselbe: Zunächst die neuesten Vorkommnisse, gefolgt von der Aufzählung diverser Webseiten, die gratis und legal Filme im Netz anbieten und schließlich die „Video-On-Demand“-Anbieter, die mittlerweile ohnehin schon jeder kennt, und die kommerziell Filme zum Download anbieten.

„flimmerspiegel“ ist keine Nachrichtenseite, daher kann ich Dir hier nichts Neues berichten und auch die beiden anderen Punkte möchte ich nur in äusserst kurzer und aufzählender Form schnell abhandeln. Das was ich hier vielmehr leisten will, ist das was in den anderen Berichten meist auf der Strecke bleibt und eigentlich diese Artikel oft bezüglich ihres Informationsgehalts auch sinnlos erscheinen lässt. Die Alternativen zu „kinox.to“ werden nämlich zunächst zumeist tendenziell hoch gepriesen, oder zumindest hat man das Gefühl, man würde das tun, letztlich lässt man jedoch den Filmfan zu Hause, abgesehen von der Nennung der Seiten, völlig im Stich. Der Besuch dieser alternativen Gratis-Anbieter stellt sich nämlich dann als doch sehr ernüchternd heraus. Zu 99,9% findet man auf diesen Seiten schlechte bis grenzwertige B- wenn nicht gar C-Movies, die vielleicht noch vom Cover her viel versprechen, sich beim Betrachten derselben allerdings als reine Zeitverschwendung herausstellen. Man hat fast den Eindruck, dass die Nennung dieser Webseiten nur dazu dient, enttäuschte Konsumenten letztlich doch wieder nur in die Hände von „Netflix und Co.“ zu treiben, die ja stets in diesen Artikeln auch gleich danach genannt werden. Tatsächlich lässt sich in den Weiten des Mülls dieser Gratis-Film-Anbieter aber doch das ein oder andere Juwel entdecken, aber die Wenigsten wissen, welche das sind, und auch die Wenigsten werden diese überhaupt finden.

Nach dem Aufzählen der diversen Anbieter möchte ich Dir also meine persönlichen Top 10 dieser Gratisfilme vorstellen. Da ich viele dieser Filme jedoch bereits vor Jahren gesehen habe, wird es dazu – zumindest jetzt noch nicht – keine ausführlichen Reviews geben, stattdessen werde ich vielmehr aus meiner Erinnerung nur kurz über diese schreiben, sodass der Leser ausreichend Infos über die jeweiligen Filme hat. „Spoilerfrei“ sind diese Kurzbeschreibungen also schon mal auf jeden Fall.

kommerzielle Video-On-Demand-Anbieter:

Die bekanntesten unter diesen sind wohl Netflix, maxdome, amazon instand video, itunes und snap von sky. Neben diesen drängen jedoch auch noch weitere, kleinere Anbieter auf den Markt, wie z.B. watchever, videoload, wuaki.tv, mediamarkt, videobuster, viewster, video unlimited und Warner VOD. Über die Qualität all dieser Anbieter kann ich leider nichts berichten, da der Autor dieser Zeilen schlicht bei keinem dieser Anbieter ist und noch viel weniger diese dann auch noch vergleichen könnte, allerdings gibt es dazu im Netz ohnehin einige Webseiten, wie z.B. diese: https://www.vetalio.de/video-on-demand

Warum ich dennoch diesen Punkt nicht aussparen wollte, lag vielmehr daran, dass der wohl beste Anbieter zumeist gar nicht erst genannt wird – wobei „Beste“ selbstverständlich relativ ist und klarerweise sehr vom eigenen Filmgeschmack abhängig ist. Wer auf große Hollywood- und Blockbuster-Produktionen steht, wird mit den oben genannten „Netflix und Co.“-Anbietern wohl am glücklichsten werden, wer jedoch große Klassiker, hochwertige Independent- und arthouse-Filme sucht, wohl eher weniger und schließlich wird der/diejenige ziemlich sicher dann auch verzweifeln, denn um dergleichen Publikum scheren sich die oben genannten Anbieter nur äusserst wenig. Die beste Seite für dergleichen Filmfans ist „mubi“, denn dort findet man nämlich gerade nicht jene Streifen, die im nahegelegenen UCI-Kinokomplex laufen, sondern eher jene der kleinen Programmkinos. Das Ganze hat allerdings einen (vielleicht nicht unwesentlichen) Hacken: nahezu alle Filme sind auf Englisch (bzw. in Originalsprache mit englischen Untertiteln)! Wer also dieser Sprache nicht allzu mächtig ist, oder beim Konsumieren von Filmen sich v.a. entspannen möchte, sie noch immer vielmehr als Unterhaltung, denn als Kunst sieht, wird hier neuerlich enttäuscht werden. Wer allerdings offen dafür ist, Filme auch in der Originalsprache zu sehen, wird hier ein regelrechtes Paradies vorfinden, denn viele dieser Filme sind sonst überhaupt nirgends zu finden, weder bei den anderen großen Anbietern, noch auf DVD im deutschsprachigen Raum, noch auf den illegalen Plattformen. „mubi“ ist also auf jeden Fall einen Blick wert! (es gibt auch mubi-Apps, sogar eine für die Playstation3)

legale Anbieter von Gratisfilmen:

Dennoch… bei all den oben gerade Genannten muss man Geld ausgeben, bevor man überhaupt etwas zu Gesicht bekommt. Interessanter erscheinen dahingehend die Anbieter, die ohne Entgeld ihr Angebot ins Internet gestellt haben. Die drei grössten und bekanntesten Anbieter im deutschsprachigen Raum sind wohl MyVideo, Clipfish und Netzkino. Im Großen und Ganzen bieten alle 3 aber leider auch dieselben Filme an, nämlich jene, deren Copyright-Lizenzen abgelaufen sind oder freigegeben wurden und alle drei Anbieter scheinen sich gegenseitig wohl auch dahingehend zu inspirieren, was man ins Angebot nimmt. Die Aufmachung aller drei Webseiten ist ziemlich professionell und der Aufbau unterscheidet sich nur in Nouancen (z.B. bietet Netzkino einen Reiter an, mit dessen Hilfe man die Filme auch z.B. nach „Arthouse“ oder „Queer“-Cinema aussortieren kann). Die Covers scheinen zum Teil sogar extra für die Seiten gemacht worden zu sein, was zwar oft sehr schön aussieht, aber letztlich nur der typischen B-Movie-Filmindustrie-Strategie entspricht, nämlich nichts anderes gewährleisten soll als den Konsumenten zu täuschen. Diese Film-„Cover“ sehen nämlich oftmals viel hochwerter aus, als der Inhalt schließlich einlösen kann bzw. sie sehen z.B. auch neuer aus, als sie tatsächlich sind. Manches Mal bekamen die Filme gar einen neuen Titel oder ihre Titel lehnen sich so sehr an große, bekannte Produktionen an, sodass viele in die Falle tappen und glauben es handle sich tatsächlich um diese Qualitätsprodukte aus Hollywood (Der „englische Patient“ wird dann z.B. schnell auch mal zum „amerikanischen Patienten“ usw.). Alles Strategien, die man auch schon aus der Videothek kennt, nur dass man dort eben dafür auch noch zahlen musste. Dass es aber auch auf diesen Plattformen durchaus ein paar wenige gute Filme zu entdecken gibt, dazu später mehr.

Hier nun die Aufzählung einiger Gratis-Anbieter im Netz: MyVideo, Clipfish und Netzkino wurden ja schon genannt. All diese haben auch Apps für Smartphones und Tablets im Angebot, der Letztgenannte ist jedoch ebenfalls auf YouTube zu finden – und YouTube ist natürlich überhaupt eine gute weitere Quelle für Gratisfilme, allerdings verschwinden dort auch sehr viele Filme sehr bald wieder, weil sie oft sehr bald wieder gelöscht werden. Wenn man über YouTube sucht, muss man allerdings überhaupt auch erst einmal den Titel des Films kennen und diesen im Suchfeld eintragen. Bis man auf diesen Weg also endlich einen gewünschten, guten Film findet, kann sehr viel Zeit vergehen. Das Abonnieren diverser Kanäle kann dabei zumindest schon ein wenig helfen. Da wie dort handelt es sich jedoch bei dem Angebotenen abermals um ca. 99% „Schrottfilme“. Folgende Kanäle auf YouTube sind diesbezüglich interessant: Netzkino, CiNENET Deutschland, webloadtv und Timeless Classic Movies. (Solltest Du weitere kennen, schreibe diese bitte in einen Kommentar zu diesem Beitrag!)

Die Top 10 der legalen Gratisfilme im Internet:

Natürlich handelt es sich bei einer solchen Reihung immer um eine höchst subjektive Auswahl. Tatsächlich wäre für jeden der Filme eine Nennung als Platz 1 legitim, es kommt schließlich auf die Vorlieben eines jeden Filmkonsumenten an, aber eine solche Reihung macht irgendwie Spaß und schließlich wird mir wohl zumindest spätestens bei Platz 1 jeder Filmfan dann auch Recht geben. Dass dieser Film gratis zu haben ist, ist überhaupt eine große Überraschung. Ausserdem möchte ich darauf hinweisen, dass ich auch noch mehr hochwertige Filme als diese 10 gefunden habe und ich auch in nächster Zeit noch weitere erst noch schauen muss, sodass diese Top 10 eigentlich nur vorübergehend von Bestand sind und in Zukunft möglicherweise noch weitere Artikel folgen werden, um eben auch neuere Entdeckungen vorzustellen. Mal schau’n! Ausserdem habe ich einige große Klassiker wie z.B. die von Hitchcock oder aber auch Western ganz bewusst ausgespart. Viele von diesen sind einfach auch schon zu bekannt und daher für den Leser weniger interessant. Auch diese werden dann wohl in einem seperaten Blogeintrag vielleicht noch besprochen werden. Darüber hinaus möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal etwas in Erinnerung rufen, dass ich auch schon weiter oben geschrieben habe. Es handelt sich bei den folgenden Textabschnitten nicht um „Reviews“! Viele der Filme habe ich vor vielen Jahren gesehen, weiss deren Inhalt auch nicht mehr so genau und kann sie deswegen auch nicht genau besprechen. Ich schreibe also lediglich davon, was von der Story oder der Stimmung in Erinnerung geblieben ist, und wie ich den Film damals bewertet und empfunden habe. Diese kurzen Einführungen in die jeweiligen Filme sind also vielmehr als Anregungen zu verstehen, sodass Du Dir den einen oder anderen ansiehst. Nun aber wirklich zu diesen Top 10. Viel Spass!

Russianark

Platz 10: „Russian Ark – eine einzigartige Zeitreise durch die Eremitage“ (2002) – Der Filmhistoriker- und Cineasten-Tipp.

Zugegeben! Die Top 10 mit einen Film wie diesen zu beginnen, ist äusserst mutig, denn das Wort „einzigartig“ im deutschen Zusatztitel muss man in der Tat Ernst nehmen. Der Film ist so speziell, dass er wohl nur einem äusserst geringem Teil der Filmliebhaber auch wirklich gefällt. Es ist weder ein amerikanischer Film, noch hat er eine durchgehende, verständliche Handlung. Darüber hinaus ist er auch noch äusserst langsam, wirkt auf einen herkömmlichen westlichen Betrachter irgendwie auch fremdartig und schließlich behandelt er auch noch 2 Themen, die nicht gerade für große Unterhaltung stehen, nämlich ein Museum (die Eremitage in St. Petersburg) und die Geschichte Russlands, welche episodenhaft nachgestellt wird, wie man das aus diversen kommerziellen TV-Dokumentationen kennt. Diese Passagen sind lose durch eine Person verbunden, die sich quasi während des Gehens durch die Räume auf eine Zeitreise im Winterpalast begibt. Der Film ist also KEIN Unterhaltungsfilm, keiner der jetzt unbedingt „Spaß macht“, vielmehr ist er etwas für Hardcore-Cineasten und Arthouse-Liebhaber, der jedoch darüber hinaus auch noch einen immens guten Ruf genießt.

Dieser Ruf gründet allerdings nicht nur darauf, dass er schön anzusehen wäre, oder dass die zwar auf historischen Vorkommnissen aufbauende, aber irgendwie doch surreale „Geschichte“ besonders interessant wäre, was beides jedoch durchaus auch(!) zutrifft, sondern vielmehr ebenso auf einem technischen Aspekt. Es ist derselbe Aspekt weshalb Hitchcocks „Rope (Cocktail für eine Leiche)“ immer wieder besprochen wird, nämlich, dass Hitchcock versuchte den Film möglichst so darzustellen, als wäre er in einzigen Einstellung (in einem einzigen „take“) gedreht. Tatsächlich beinhaltet „Rope“ jedoch 5 Schnitte, wenngleich diese irrsinnig gut „cachiert“ sind und dem Betrachter nur, wenn er/sie äusserst aufmerksam ist, auffallen. „Russian Ark“ treibt dies nun wirklich auf die Spitze! Der gesamte Film mit der Länge von 96 Minuten wurde in einem einzigen take „durchgezogen“, zeigt also keinen einzigen Schnitt und das ist filmhistorisch gesehen einfach schon ein irrsinnig interessantes Unterfangen. Der Kameramann lief also mit einer einzigen „Steady-Cam“ durch dieses riesige Gebäude und alles was geschah und zu sehen ist, musste richtig ge“time“t werden. Man muss sich nur vorstellen, was das auch an Vorbereitung bedurfte, sodass alle Schauspieler und Statisten (von denen es in einer Szene z.B. an die 100 gab) zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort auch die richtige Handlung ausführen. EIN Fehler, und wäre dieser bei Minute 78 passiert: man hätte wieder von ganz vorne beginnen müssen – einfach unglaublich, dieses Unterfangen!

Eine weitere Besonderheit ist, dass man selbst der Besucher der Eremitage ist. Wie man dies aus Computerspielen kennt, ist man nicht nur stiller Beobachter, den die anderen nicht sehen, sondern man verfolgt alles vielmehr aus der „Ego-Perspektive“. Man selbst ist die Kamera – und eine vor Ort existierende Person.

Der Film ist vielleicht weniger unterhaltsam, wie ein Mainstream-Standard-Film um 20:15, aber aus filmhistorischer Sicht bedeutend. Wer es allerdings durchsitzt, kann – wenn er schon keinen „künstlerischen Genuss“ daraus zieht – zumindest angeben einen Film gesehen zu haben, der keinen einzigen Schnitt aufweist. Ich muss zugeben, direkt nach dem Betrachten des Films war ich gar kein SO großer Fan des Films, aber ich bin froh, ihn gesehen zu haben und viel später lernte ich diese Erfahrung von damals doch sehr zu schätzen. Dennoch nur eine Empfehlung für Cineasten und „Standhafte“, aber es ist ein Film, der wegen seiner Aussergewöhnlichkeit, einfach hier auch genannt werden musste. Schließlich ist es aber auch aus anderen Gründen nachvollziehbar, warum der Film von Manchen so geliebt wird. Wer allerdings bereits nach 10 Minuten erkennt, dass er/sie damit nur wenig anfangen kann, kann auch getrost abschalten, denn der Film bleibt im Wesentlichen dann auch so. (Bewertung: von 6/10 bis 9/10, je nachdem was man sich von einem Film erwartet)

Hier der Film (Auf YouTube findet man auch eine Version in Russisch mit englischen Untertiteln! Das war die Version, die ich damals gesehen habe, daher weiß ich nicht, wie gut oder schlecht die deutsche Synchro ist):

http://www.netzkino.de/arthousekino/russian-ark-eine-einzigartige-zeitreise-durch-die-eremitage.html

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

charade

Platz 9: Charade (1963) – der „leichte Unterhaltungs“-Tipp.

Viel leichter zu konsumieren ist da schon Charade, ein Film aus dem Jahr 1963, der mit so illustren Stars wie Cary Grant, Audrey Hepburn, Walter Mathau und James Coburn aufwarten kann. Es ist ein Film, der einfach Spaß macht und aus Versatzstücken einer Kriminalkomödie, einer Screwball-Komödie und eines Agentenfilms zusammensetzt ist. Es ist aber v.a. auch ein Film, der durch seine überraschenden Wendungen immer wieder aufs Neue zu überraschen weiß. Wer Screwball-Komödien und Alfred Hitchcock-Filme mag, sollte hiermit seine Freude haben, auch wenn Hitchcock nicht der Regisseur war, sondern lediglich ganz offensichtlich nur Pate stand. Wäre es ein Hitchcock, so würde er wohl zu seinen besseren, wenn nicht gar besten (5-10?) Werken zählen. Empfehlenswert! (8/10 Punkten)

http://www.myvideo.de/filme/charade-m-7966599

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

machuca-mein-freund-2004

Platz 8: Machuca, mein Freund (2004) – der links-politische Südamerika-Tipp.

Der Film handelt von einer Kinderfreundschaft in Chile der 70er-Jahre vor dem Hintergrund des „rechten“ Putsches gegen den gewählten, sozialistischen Präsidenten Allende. Allendes Vorstellung einer sozialen Gerechtigkeit spiegelt sich in dieser Freundschaft der beiden Kinder aus sozial-unterschiedlichen Schichten wider. Ein sympathischer „coming-of-age“-Film mit eindeutig politischer Aussage. Wer sich selbst als politisch eher links-gerichtet versteht und auch einen Hang dazu hat, sentimental auf seine Kindheit zurückzublicken, sollte an diesem Film seine Freude haben. (8 oder gar 9 von 10 Punkten, je nach Anfälligkeit bezüglich der oben genannten Aspekte)

http://www.myvideo.de/filme/machuca-freund-m-7641437

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

nuitnoire

(ich habe ein anderes, wohl älteres „cover“ gewählt, da dieses viel besser zur Stimmung und dem Stil des Films passt. Die Internet-Anbieter des Films verwenden meist ein neueres Motiv, das aussieht als würde es sich um einen normalen Horrorfilm handeln. Davon also nicht abschrecken lassen, sollte das Cover dann anders aussehen!)

Platz 7: nuit noir – die schwarze Nacht (2005) – der Tipp für David Lynch-Lieberhaber.

„Nuit Noir“ ist wiederum neuerlich etwas äusserst Spezielles! Dieser Film kann eigentlich nur einer überaus kleinen Gruppe an Filmliebhabern empfohlen werden, ist aber für diese dann auch ein kleiner Juwel und Geheimtipp. Voraussetzung um diesen Film mögen zu können, kann auf einen recht einfachen Nenner gebracht werden: Magst du Filme von David Lynch, oder nicht? Wenn nicht, dann lass die Finger hiervon, wenn doch, dann sieh in dir an. Es ist nicht so, dass dies ein David-Lynch-Clone wäre, aber die Erzählweise, die Art wie die Handlung voranschreitet hat dann doch sehr viel mit dem Meister des neueren, surrealen Kinos gemeinsam. Er sieht „cool“ aus, hat eine Stimmung als wäre es eine Kafka-Verfilmung und ist einfach nur faszinierend. Ich glaube nicht, dass diesen Film Viele kennen, aber er ist für dieses, ganz spezielle Publikum auf jeden Fall einen Blick wert. Geheimtipp für „Eingeweihte“ ^_^ (9 von 10 Punkten für Lynch-Liebhaber. Alle anderen: Lasst die Finger davon!)

https://www.youtube.com/watch?v=epdk7KHMXUs

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

Karakter

Platz 6: Karakter (1997) – der europäische Film-weniger Cannes, vielmehr Auslands-Oscar-Tipp

Irgendwie weiss man schon vorher, welche der europäischen Filme den Auslandsoscar gewinnen werden, zumindest war das bis in die 90er-Jahre nahezu immer an einem bestimmten Schema orientiert: Der Film muss v.a. „fett(!)-episch“ sein. Wenngleich der niederländische Film vielleicht kein eindeutiger Vertreter dieses episch-fetten Films ist und auch diese Beschreibung der Formel nur ungenügend mit diesen wenigen Worten anskizziert werden kann, so hat er doch einen leichten Hang dazu. Es ist irgendwie ein Spagat aus anspruchsvollem, europäischen Kino und einem Unterhaltungswert, der keineswegs zu kurz kommen darf. Das macht den Film aber gleichzeitig keineswegs nun schlechter. Inhaltlich geht es um eine Beziehung zwischen einem Sohn und dessen machtgeilen, despotischen leiblichen Vater, den der Sohn jedoch eigentlich nur kaum kennt. Zugegeben, es ist nicht immer ganz nachvollziehbar, warum sich die beiden so hassen, oder was sie dazu bringt, so zu handeln, aber andererseits macht dieses Unausgesprochene auch einen gewissen Reiz des Films aus. Vor allem ist der Film aber optisch, schauspielerisch und atmosphärisch beeindruckend. Wer Filme mag, die den Auslands-Oscar gewinnen, dies ist ein Film für dich! (Bewertung 9 von 10 Punkten)

(Auf YouTube findet man auch eine Version in Originalsprache mit Untertiteln!)

http://www.myvideo.de/filme/karakter-m-9088280

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

Vorschau auf die Filme mit den Plätzen 1-5:

Was erwartet dich im nächsten Blog-Eintrag, den ich hoffentlich möglichst bald erstellen werde?

Auch die folgenden Filme decken ein weites Spektrum an Filmen ab, sodass für jede/n zumindest ein Film dabei sein sollte. Einer der Streifen ist ein höchst schräges asiatisches Filmabenteuer, ein hysterisch, buntes, experimentelles Filmchen mit Tiefgang. Ein Schatz von einem Film, den man nur selten findet. Aufgeschlossenheit für Neues ist jedoch Voraussetzung.

Platz 4 belegt ein höchst realistisch anmutendes Drama um eine Frau aus dem früheren Ostblock, wobei man heute wohl eher einfach nur „Osteuropa“ schreiben sollte. Traurig, spannend und v.a. aber auch mitreissend.

Neben „Charade“ findet man dann auch noch einen weiteren amerikanischen Film in meinen Top 10 der Gratisfilme im Netz. Ein Film eines damals noch wilden Regisseurs, der heute wohl zum anspruchsvolleren Mainstream gehört. Neben dem Regisseur sind es aber auch die beiden Schauspieler die diesen Film tragen und die ebenfalls heute zu den wohl grössten der Filmgeschichte zählen. Der eine wurde – unter anderem! – berühmt durch eine Szene vor einem Spiegel.

Platz 2 ist wiederum ein Film, den zu Unrecht keiner kennt. Auch dieser ist schräg und überraschend. Ein weiterer osteuropäischer Film, dieses Mal jedoch skurril, humorvoll, aber auch morbid. Ausgefallenes Kunstwerk.

Den Abschluss bildet dann ein Film, den vermutlich aber bereits ohnehin jede/r kennt. Ein überaus brutaler asiatischer Rache-Film, der v.a. bei Filmliebhabern beliebt ist, die dem „alternativen Mainstream“ anhängen. Also Leute, die v.a. die Helden der 90er-Jahre verehren, wie Tarantino usw. Aber wer tut das denn eigentlich nicht? 😉 Es ist vielleicht der Film, der die „Süd-Koreaner“ das erste Mal für ein breiteres Publikum im Westen interessant machte und der den folgenden Hype für Filme aus diesem Land im Westen wohl (u.a.) einleitete und mitbegründete.

Wer den nächsten Blogeintrag und die darin vorgestellten Filme nicht verpassen will, kann gerne meinen Blog auch abonieren 😉 ich würde mich freuen.

Entfernte Stimmen – Stilleben (1988) [Kurzreview]

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[Ausschnitt aus dem Film „Distant Voices – Still Lives“, kein nachgestelltes Werbe/Promotion-Foto!]

Der Film „Distant Voices – Still Lives“ zählt in Grossbritanien als Meisterwerk und als Kultfilm (z.B. hat ihn das „Time Out Magazine“ zum „drittgrössten“ britischen Film gewählt), dennoch ist diese hohe Einschätzung wohl v.a. auch ein lokales Phänomen.

Inhalt: Der Film gewährt einen Einblick in das Leben einer Liverpooler Arbeitsfamilie während und nach des 2. Weltkrieges. Eines der Hauptthemen ist Gewalt in der Familie und der Umgang der Menschen jener Zeit damit.

Kritik: Einiges an diesem Film ist auch wirklich gut. Pete Posletheaite spielt auch hier – wie immer – grossartig, wenngleich ich die Performance der Mutter (Freda Dowie) für die sogar noch bessere halte. Auch ist die Atmosphäre des Films herausragend: Nicht nur die Kulissen spiegeln einwandfrei die Zeit wider, sondern auch die Art und Weise, wie der Regisseur die Bilder einfing, trägt gehörig dazu bei, dass man meint einen Film aus jener Zeit, den 40ern und 50ern, zu sehen. Er bediente sich, was gerade in der 2ten Hälfte des Films besonders augenscheinlich wird, eines Nostalgia-Filters. Der Weichzeichner und die Farbgebung, die manches Mal gar so wirkt, als wäre der Film nachcoloriert, erzeugen einen nostalgischen/melancholischen Flair, dessen Ästhetik aber wohl jedoch auch nicht jedem gefällt. (Natürlich ist das auch ein wenig verklärend und kitschig). In Zusammenklang mit den vom Regisseur gewählten Bildausschnitten hat man jedoch oft den Eindruck als würde man (bewegte) „echte Fotos“ aus jener Zeit betrachten.

Dennoch weiss der Film nicht gänzlich zu überzeugen. Der Film ist sehr collagenhaft zusammengesetzt (es werden Episoden aus dem Leben der Familie aneinandergereiht), was an und für sich noch kein Problem wäre, was aber dazu führt, dass dieser eigentlich keinen herkömmlichen „plot“ hat. Nichtsdestotrotz gibt es aber natürlich unzählige Filme, die dies auch gar nicht benötigen, da sie z.B. ihr Hauptaugenmerk auf die Betrachtung der Charaktere verlegen. Diese sind jedoch bei „Distant Voices – Still Lives“ vielmehr nur Oberflächen. Man bekommt keinen wirklichen Einblick was in der Psyche jener Menschen vorgeht. Aus diesem Grund bleibt der Betrachter aber auch stets nur ein distanzierter Beobachter, dem keine intimen Einblicke gewährt werden. Es passt vielleicht in jene Zeit, dass die Menschen alles „in sich hineinfressen“, nur wenig davon nach aussen tragen, aber als Zuseher lässt einem dann aus diesem Grund auch einiges viel mehr kalt. Es bleibt hier alles ein wenig oberflächlich. Ebenso wird die Thematik des häuslichen Missbrauchs lediglich oft so gezeigt, wie es zu jener Zeit Nachbarn vielleicht durch eine leicht geöffnete Tür erhaschen konnten. Diese Szenen zählen zwar zu den intensivsten des Films, aber eigentlich schaut die Kamera dabei weg. Heutige Filme würden die tatsächliche Brutalität viel expliziter darstellen, vor allem dann, wenn – wie hier – an einer Analyse der Umstände, warum dergleichen passieren könnte, kein Interesse besteht. Die Aspekte, warum Menschen derartige Aggressionen erzeugen, werden hier gänzlich ausgeblendet. Der Film ist also nicht daran interessiert aufzudecken, sondern lediglich daran es zu zeigen (und selbst das nur bedingt, denn tatsächlich ging und geht es viel brutaler als hier gezeigt zu). Darüberhinaus wird in diesem Film, der ohnehin schon ein wenig kürzer als herkömmliche Kinofilme ist, auch noch ca. 50% der Zeit gesungen. Wäre der Einsatz der Musik nicht gänzlich anders (es wird hier v.a. bei geselligen Abenden in der Gruppe gemeinsam gesungen), müsste man eigentlich von einem Musical sprechen. Ist jemand allein zu sehen, fängt er an zu singen, findet sich eine Gruppe von Menschen zusammen, dann erst recht. Es mag sein, dass zu jener Zeit in England viel gesungen wurde, für den Betrachter erzeugen diese Szenen im Laufe des Films jedoch unzählige Längen, die nicht nur zu nerven beginnen, sondern die man auch besser hätte nutzen können, selbst dann, wenn diese Lieder (Schlager, Volkslieder, Jazz- und Musicallieder) bei Betrachtern, die zu jener Zeit gelebt haben, bestimmt nostalgische Gefühle hervorrufen.

Fazit: „Distant Voices – Still Lives“ ist ein schön, jedoch auch sehr nostalgisch fotografierter Film, mit guten Schauspielern und einer ausgezeichneten Atmosphäre, der letztlich aber wegen des Fehlens einer Handlung oder einem tieferen Einblick in die Psyche der Menschen nicht so berührt, wie es aufgrund der Thematik der „häuslichen Gewalt“ vielleicht notwendig wäre. Es ist ein Film, der denselben Blick teilt, wie ihn auch die Menschen damals hatten. Jeder wusste von der häuslichen Gewalt, nebenan und im eigenen Hause, darüber gesprochen oder gar der Versuch unternommen diese missliche Lage zu analysieren wird jedoch nicht.

Wer Brite ist, zu jener Zeit gelebt hat und auch noch all diese Lieder kennt, wird an dieser Zeitreise bestimmt sein Vergnügen haben, für alle anderen ist es ein guter (oder besser: „okayer“), aber auch nicht wirklich herausragender Film (abgesehen vielleicht von der Bildästhetik v.a. der zweiten Hälfte des Films).

6-star 6/10

(gut bzw. okay, keine Zeitverschwendung, kann man sich ansehen, aber man verpasst nichts, wenn man ihn nicht gesehen hat)

(verzeiht mir etwaige Rechtschreibfehler. Da ich meist wenig Zeit habe, schreibe ich die Texte zumeist recht schnell „runter“. Derartige Rezensionen zu schreiben ist ja auch nicht mein Beruf. Wäre dies der Fall würde ich selbstverständlich mehr Zeit investieren – bzw. mehr Zeit investieren können 😉

The Servant – Der Diener (1963)

Lange blieb es still auf „flimmerspiegel“. Das Schreiben von Rezensionen erwies sich weit zeitintensiver als erwartet und das Ergebnis war letztlich für den Autor dann doch wenig erfüllend, denn die Prämisse, „über jeden Film zu schreiben, solange das Schreiben darüber Spass macht“, führte selbstverständlich auch dazu dass nur wenige (bis eigentlich gar keine) Filme vorgestellt wurden zu denen der Autor auch uneingeschränkt steht.

Diese Seite wieder aufleben zu lassen hat also einen ganz bestimmten Grund: Die Entdeckung eines weitgehend unbekannten Filmklassikers, der es auf Anhieb in die Top100 der Lieblingsfilme des Autors dieses Blogs schaffte, was in den letzten 5 Jahren wohl vielleicht nur ein einziges weiteres Mal passiert ist.

„The Servant“ ist eine Perle, ein Film, der einen auf eine unerwartete Reise mitnimmt, der inhaltlich klug gemacht ist, eine tiefere und höchst interessante Bedeutungsebene beinhaltet, aber auch wunderschön fotografiert und toll gespielt ist. Kurz: Ein Film, der tatsächlich mit nichts Anderem als dem Prädikat „Kunst“ bezeichnet werden kann.

Der heutige/zeitgenössische Film geizt v.a. an einem essentiellen Punkt, der für ein aussergewöhnliches Filmerlebnis von Bedeutung ist und dass auch dazu führen könnte, dass ein Film auch eine Bereicherung fürs Leben sein kann. Es ist die Überraschung. Zu viel Geld wird in heutige Produktionen gesteckt, als dass sich Hollywood noch irgendein Risiko leisten könnte. Doch der Preis, der aufgrund dessen zu bezahlen ist, ist hoch: Es mangelt den Filmen an Innovation und progressivem Geist. Das Publikum, dass nur nach kurzweiliger Unterhaltung giert und auch nur kaum wirklich intellektuell tangiert werden will, dass sich oftmals leider auch als „Gewohnheitstier“ präsentiert, spielt diesem (eigentlich höchst kapitalistischen, weil gewinnmaximierenden) System natürlich in die Hände. Doch „The Servant“ lebt von der Überraschung, von dem, dass man nicht weiss was auf einen zukommt, was als nächstes passiert. Es ist ein Film, der einen auf eine Reise mitnimmt, eine Reise, die recht harmlos beginnt, deren Ziel und Ende jedoch ungewiss ist. Er fesselt nicht zuletzt gerade auch aus diesem Grund – und daher möchte der Autor dieser Zeilen dieses Mal auf eine etwas andere Art und Weise an die Vorstellung eines Films herangehen – und zwar mittels einer „Checkliste“. Diese soll bzgl. der Entscheidung, ob man den Film sehen soll oder nicht, helfen, dabei aber noch nichts (oder möglichst wenig) über die Handlung verraten. So ist gesichert, dass der Betrachter (so weit möglich) unvorbereitet diese aufregende Reise antreten kann, wenn er denn will.

Checkpoint #1: „The Servant“ stammt vom Regisseur Joseph Losey, ein Mann, dessen Leben überaus bewegt und interessant war und dieses sich wohl auch in keinem seiner Filme so sehr widerspiegelt wie in diesem. Losey war Amerikaner. Er studierte Philosophie, arbeitete mit Bertolt Brecht gemeinsam am Theater, besuchte einen Regiekurs von Sergej Eisenstein in Moskau und er war in einem damals wenig toleranten Amerika (für ein Jahr) Mitglied der kommunistischen Partei. Dass ein Mann wie er vor dem „Ausschuß für unamerikanische Triebe“ aussagen musste, überrascht also ebenso wenig, wie, dass er in den USA jener Zeit mit einem Arbeitsverbot belegt wurde. Losey ging ins Exil und genau in jener Zeit entstand „The Servant“. Der Diener ist zweifellos ein politischer Film, ein höchst linksgerichteter Film. Es geht auf einer dahinter liegenden Ebene um Klassenunterschiede, um Machtverhältnisse, um die Revolution, um die gesellschaftlichen Umbrüche der 60er-Jahre, die schon viel früher als im berühmtberüchtigten 68er-Jahr einsetzten. Dieser höchst politische Background ist unbestreitbar ein wichtiger Teil des Films. Wer sich also dem linken politischen Spektrum zugehörig fühlt, hat von diesem Film wohl weit mehr, was aber nicht heisst, dass man nicht auch als unpolitischer Mensch seinen Spaß daran haben könnte. Auch ein Buch von Bertolt Brecht ist schließlich nicht nur auf dieser Ebene interessant. Tatsächlich habe ich den Film mit einer Person gemeinsam gesehen, die sich wohl als unpolitisch bezeichnen würde und diese hatte ebenfalls immensen Spaß daran und war von diesem Film ebenso gefesselt – aber wie geschrieben: wer politisch links ist, hat wohl noch mehr hiervon.

Checkpoint #2: Joseph Losey kommt vom Theater und das ist an diesem Film zu weiten Strecken auch kaum zu übersehen. Der Ort der Handlung ist im wesentlichen eine einzige Wohnung. Die handelnden Akteure kann man getrost auf eine Anzahl von 4-5 Personen reduzieren. Es ist ein Film, der zweifellos kammerspielartige Elemente aufweist. Wer also auf Filme wie „Sleuth – Mord mit kleinen Fehlern“ (1972) (Michael Caine, Laurence Olivier), „Sleuth – 1 Mord für 2“ (2007) (Michael Caine, Jude Law), „Venus im Pelz“ (R: Polanski) oder (nur um ein weiteres Beispiel zu nennen) „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ (1966) (R: Mike Nichols) steht, findet hiermit einen weiteren potentiellen Lieblingsfilm. Und… auch wenn der Film etwas „theaterhaftes“ hat, allein die grandiosen Kamerausschnitte, die Detailaufnahmen usw. zeigen, dass das Werk gerade auch als Film Sinn macht.

Checkpoint #3: Wer von einem Film eine traditionelle Handlung erwartet, sprich: eine „story“ im Sinne eines Abenteuers, wird hier enttäuscht werden. Es geht weniger darum, wohin sich etwas entwickelt, als vielmehr darum wie sich die Menschen im Laufe des Films entwickeln. Im Zentrum steht also weniger eine Geschichte als vielmehr die Charaktere. Ein Interesse am Menschen, an seinen Ambitionen, seiner Psychologie ist wohl eine wesentliche Voraussetzung um diesen Film mögen zu können. Es ist – man könnte sagen – ein typischer Schauspielerfilm. Er lebt von den Darstellern mindestens ebenso sehr wie vom Drehbuch und der Regie, aber gerade auch in diesem Punkt weiss der Film zu überzeugen. Dirk Bogarde (ein heute nicht mehr allzu bekannter, dennoch aber zu jener Zeit bedeutender Akteur im Filmgeschäft. Für alle, die ihn nicht kennen: Das weiche „d“ sowie das abschließende „e“ seines Nachnamens deutet es bereits an, dass keinerlei Verwandtschaft mit Humphrey Bogart besteht) spielt herausragend und schlicht genial, aber auch die anderen leisten großartige Arbeit (Lediglich die „Schwester“ ist vielleicht ein wenig nervtötend, aber in der Nachbetrachtung passt auch diese sehr gut in ihre Rolle). Wenn ich zuvor geschrieben habe, dass die Charaktere im Zentrum stehen, so war das eigentlich ein wenig ungenau, denn tatsächlich geht der Film auch noch einen Schritt weiter. Letztlich steht nämlich nicht das Individuum als abgeschlossene Entität im Mittelpunkt, wenngleich diese Voraussetzung ist, sondern vielmehr das Dazwischen. Es geht um Machtverhältnisse zwischen Individuen, also eigentlich mehr um die Soziologie, den sozialen/zwischenmenschlichen Aspekt.

Checkpoint #4: Es handelt sich um einen Schwarz-Weiss-Film (wenngleich der Film zu einer Zeit entstand als es längst den Farbfilm gab). Wer so ein Merkmal als Ausschlusskriterium ansieht, wird sich zwar wohl ohnehin kaum auf meine Seite verirrt haben, aber… naja…

Checkpoint #5: Weiter oben führte ich die beiden „Sleuth“-Filme als Vergleichsbeispiele an. Tatsächlich sind diese, wenn auch auf höchst einzigartige Weise, im weitesten Sinne Krimis – oder zumindest Filme in denen der „kriminelle Akt“ eine wesentliche Rolle spielt. Bei „The Servant“ kommt dieser Aspekt nicht vor. Der Vergleich passt vielmehr bezüglich des Verhältnisses zwischen den Protagonisten. Die feine Mischung aus Freundschaft und subtilem Psychoterror den sich die Charaktere gegenseitig aussetzen, findet man hier ebenso wie in den oben genannten Filmen. Was die Spannung angeht, so ist jedoch der Vergleich mit „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ wiederum viel treffender. Da wie dort sieht man alltägliche Personen in aussergewöhnlichen Situationen und in beiden Filmen wird eine Spannung erzeugt die sich aus einem Unwohlsein, einer Disharmonie ableitet. Wer also einen angenehmen Film sehen will, der sollte die Finger hiervon lassen. (Hier sollte aber auch nicht geglaubt werden, dass er explizit unangenehm wäre, wie z.B. „Funny Games“ von Haneke, aber tendenziell, wenn auch harmloser, geht es schon eher in diese Richtung. Was die Atmosphäre, diese Spannungsgeladenheit anbelangt). Schließlich, auf inhaltlicher Ebene, was die Umkehrung des Verhältnisses von Herr und Diener, also das Thema Herrschaft und Knechtschaft anbelangt, gibt es durchaus Ähnlichkeiten mit „Venus im Pelz“, einem neueren, ebenfalls kammerspielhaften Film von Roman Polanski.

Hiermit schließe ich meine etwas andere als sonst übliche Rezension ab und hoffe dem interessierten Leser neugierig gemacht zu haben – auf einen Film, der wie der Autor dieses Blogs meint, jedem Klassiker – sei es ein Film von Hitchcock oder anderen Größen des Films – das Wasser reichen kann. „The Servant“ ist schlicht eine Perle, ein Bertolt Brecht des Films und unverdientermaßen ein vergessener Klassiker der Filmkunst und abgesehen von den oben genannten Aspekten auch hinsichtlich anderer höchst diskussionswürdig und für die Filmtheorie überaus interessant:

z.B. hinsichtlich der Verwendung von Spiegeln, der Kameraausschnitte, der Sexualität und der subtilen Homoerotik, usw. usf. Doch darüber ließe sich wohl ein Buch schreiben und dies wäre innerhalb dieses Blogs nicht mehr zu lösen.

2

10-star (10/10 Sterne; Klassiker der Filmkunst)

Regie: Joseph Losey; Drehbuch: Harold Pinter; Buch: Robin Maugham; Darsteller: Dirk Bogarde, u.a.

The Misfits – nicht gesellschaftsfähig (1961); Filmkritik und Hintergrund

Ein Film über das Scheitern, von momentan Gescheiterten, wen wundert’s, dass sie daran scheiterten?

„The Misfits“ war Marilyn Monroes letzter Film. Er entstand zu einer Zeit als sie schon schwer tablettenabhängig und psychisch völlig neben der Spur war. Es ging ihr mittlerweile schon so schlecht, dass sogar die Dreharbeiten, da man sie in eine psychische Anstalt einlieferte, für 2 Wochen unterbrochen werden mussten. Ihr weiteres Schicksal war schon absehbar, sodass der Regisseur Huston in einem Interview im Jahr 1981 sagte, dass es offensichtlich war, dass Monroe „doomed“ war. Für ihn war evident, dass sie sich weder selbst, noch andere ihr mehr helfen konnten. Monroe, der es zu dieser Zeit auch an Selbstbewusstsein fehlte, war stets mit sich unzufrieden, ihre „performance“, auch in diesem Film, habe sie gehasst. Ein Jahr später war sie bereits tot.

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Dieser Film war aber auch der Letzte in dem Clark Gable mitspielte. Dem damals bereits 60-Jährigen sah man sein Alter auch an, wenngleich er selbst das offensichtlich viel weniger so sah. Noch immer trug er, jetzt mit ledriger Haut, seinen typischen Oberlippenbart, der irgendwie so gar nicht mehr in die Zeit und auch nicht zu seiner bodenständigen Rolle des Cowboys der 60er-Jahre passte. Der alte Mann gab, als sei er noch immer ein Jugendlicher, auch seine Stunts nicht an Profis ab. Stattdessen ließ er sich lieber selbst 120 Meter bei (angeblich) rund 50 km/h an einem Seil durch den Wüstensand schleifen. Zwei Tage nach Beendigung der Dreharbeiten hatte er eine schwere Herzattacke und war schließlich eine weitere Woche später bereits ebenfalls tot.

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Der Autor Arthur Miller (u.a. „Tod eines Handlungsreisenden“), damals noch mit Marilyn Monroe verheiratet, schrieb, wohl im Gedanken seiner Frau zu helfen, das Drehbuch zu diesem Film. Dieses war gleichsam auf sie zugeschnitten, sodass sie als Schauspielerin die beste Leistung vollbringen sollte. Der Autor war auch während der Dreharbeiten stets anwesend, schrieb es vor Ort noch ständig um und wurde von seiner Frau – so wird berichtet – richtig mies behandelt. Alle Anwesenden konnten sehen, wie vor ihren Augen die Ehe Monroe-Miller zerbrach. Zwei Monate nach den Dreharbeiten zu „The Misfits“ ließen sich die beiden auch offiziell scheiden. Immerhin hatte Miller aber auch genau bei diesen Dreharbeiten seine zukünftige nächste Ehefrau kennen gelernt: die österreichische Magnum-Fotografin Inge Morath. Sie heirateten ziemlich bald nach der Premiere des Films – wenigstens ein ‚happy end‘. Für Marilyn Monroe war die Scheidung aber tragisch, es verschlimmerte ihr Leiden.

Regisseur des Films war John Huston, Vater von Anjelica Huston. Wie seine noch lebende Tochter hatte auch er sich bereits mit Filmen wie „Der malteser Falke“, „Der Schatz von Sierra Madre“, „African Queen“, „Asphalt Dschungel“, „Key Largo“ und anderen längst in die Geschichte der Filmkunst eingeschrieben, aber in jener Zeit gleich mit 5 Filmen in Folge nur mehr sehr wenig erreicht. Mt Marilyn Monroe konnte dieser, da er sie stets respektvoll behandelte, jedoch sehr gut, so schien er für diesen Film, mit dem als schwierig angesehenen Sexsymbol, die richtige Wahl zu sein. Doch während Monroe die Diva markierte, zu ihren Drehs zu spät oder gar nicht erschien, verfiel der Regisseur während der Dreharbeiten der Spielsucht im nahegelegenen Reno. Ein schwerwiegendes Alkoholproblem hatte dieser jedoch schon länger, das war nichts Neues. An einen der Drehtage sagte er zu Eli Wallach, einem weiteren Schauspieler, dass er noch nie zuvor so betrunken war, wie letzte Nacht. Er wirkte zwar auf die anderen nüchtern, aber er war zuweilen sogar am Set des Öfteren so weggetreten, dass er während einer Szene einschlief.

In einer weiteren Rolle dieses tragisch-komischen Schauspiels hinter (und in diesem Fall auch vor) der Kamera Montgomery Cliff. Cliff war wie – so scheint es – fast alle anderen ebenfalls bereits alkoholsüchtig. 5 Jahre vor diesem Film hatte er einen Autounfall, sein Gesicht musste durch plastische Chirurgie wiederhergestellt werden und dieses war in der Folge dann auch partiell gelähmt. Aufgrund der Tabletten, die er nehmen musste, wurde er auch noch tablettenabhängig und er zeigte selbstzerstörerische Tendenzen. Keine Versicherung wollte den mittlerweile als unzuverlässig Verschrieenen versichern, aber für diesen Film war er natürlich eine ganz wunderbare Ergänzung. Seine Karriere nach dem Autounfall galt vielen als der „längste Suizid in der Geschichte Hollywoods“. Marilyn Monroe sagte im Erscheinungsjahr dieses Films, er sei die einzige Person, die sie kenne, der in einer noch mieseren Verfassung als sie selbst sei.

Alle an den Dreharbeiten Beteiligten litten schließlich auch noch an der Hitze in der Wüste Nahe Reno, in der es meist um die 42°C hatte und wo man die meisten Szenen drehte. Während Las Vegas berühmt für unbedachte Eheschließungen ist, so ist Reno dies für Scheidungen. Nirgendwo sonst in den U.S.A. kann man sich leichter und unbürokratischer voneinander trennen; „going to Reno“ wurde aufgrund dessen eine geläufige Redewendung und Umschreibung für „sich scheiden lassen“. Keine Stadt symbolisiert also so sehr das persönliche Scheitern wie Reno. Wie das benachbarte Las Vegas ist es aber auch ein „Sündenpfuhl“, ein Mekka der Spiel- und Alkoholsüchtigen. Eine derartige Truppe an Alkoholikern dort zusammenzupferchen, war natürlich eine glorreiche Idee! Das musste doch ein großer Film werden, oder etwa nicht?

Diese Horde an „Irren“ machen nun also dann auch noch einen Film über „mis-fitting people“, Leute, die nicht in die Gesellschaft passen. Ein Film über Unangepasste, über Gescheiterte. Wer konnte nur daran zweifeln, dass man all das dem Film nicht ansehen musste? Wer konnte daran glauben, dass das Projekt nicht scheitern würde?! Der Film floppte natürlich an den Kinokassen! Es war ein „box office desaster“, niemand wollte den Film sehen, keiner mochte die von den Stars verkörperten Charaktere, er funktionierte einfach nicht, sagte der Produktionsassistent einige Jahre später in einem Interview.

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Heute ist der Film jedoch ein Klassiker, was zunächst wohl in erster Linie auf all diese Umstände, die oben erläutert wurden, zurückzuführen ist. Es gibt nicht umsonst einige Dokumentation über die Arbeiten an diesem Film, v.a. liegt es aber selbstverständich auch daran, dass dies der letzte Film von Marilyn Monroe, der „sexiest woman on earth“ – und zwar „EVER!“, war. Marilyn Monroe ist zweifellos auch heute noch faszinierend. Es ist schwer zu sagen, ob dies wirklich allein nur aufgrund ihres Aussehens so ist, oder weil wir alle von diesen Geschichten um ihre Anziehungskraft bereits so manipuliert sind, aber es fällt tatsächlich auch heute noch schwer den Blick von ihr loszureissen. Tatsächlich spielt sie aber auch in diesem Film zumindest passagenweise richtig gut und glaubwürdig.

Von den damaligen Kritikern wurde der Film als solcher zwar oftmals verrissen, aber neben Monroes Auftritt wurde auch Clark Gables ‚performance‘ gelobt. Interessant dabei ist seine erste Szene im Film, denn man sieht sein Gesicht nur für ein paar Augenblicke von der Seite, bevor man schließlich ewig lange nur auf seinen Hinterkopf starrt, während dieser sich mit einer Frau unterhält. Man verwendet also nicht „Schuß- und Gegenschuß“-Einstellungen, wie dies sonst bei Dialogen sehr oft üblich ist, sondern sieht nur die Frau, die für die eigentliche Handlung und auch für den Zuschauer relativ uninteressant ist. Das steigert die Spannung immens, denn man will doch Clark Gable sehen! Als dieser sich dann schließlich doch zur Kamera dreht, sieht man das Gesicht dieses sichtlich wirklich gealterten Mannes mit dem Oberlippenbart aus den 20ern, der nicht in die Zeit zu passen scheint. Warum auch Clark Gables Darstellung so gelobt wird, versteht man allerdings erst aufgrund der zweiten Hälfte des Films.

Überhaupt kann man fast alle negativen Punkte der damals zeitgenössischen Zeitungskritiken (und auch die Selbstkritik der Produzenten) gerade in der ersten Hälfte des Films sehr gut nachvollziehen. Tatsächlich ist dieser eher depressiv und man bringt den Charakteren zunächst auch noch wenig Sympathie entgegen, was vor allem an den Dialogen liegt. Sie sind in dieser ersten Hälfte des Films nur wenig unterhaltsam, wenngleich sie für Nevada und die Westküste durchaus typisch und zumindest inhaltlich auch realistisch sind. Die großen Stars wirken in dieser ersten Hälfte des Films jedoch deplatziert, das Ganze fühlt sich (mit den Weichzeichnern, usw.) aufgesetzt an.

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Darüber hinaus ist der Film zum Teil dann auch noch wirklich schlecht gemacht, was seinem Status als Kultfilm einfach widerspricht. Dies betrifft in diesem Fall vor allem den Schnitt, wie folgende Szene (ab ungefähr 23:40) als Beispiel gleich mehrmals zeigt: Als Monroe die Idee mit dem Autoradio hat, dreht sie ihren Oberkörper, obwohl sie in der vorigen Einstellung doch gar nicht von uns abgewandt war. Kurz darauf sagt die ältere Dame (Thelma Ritter), dass sie sich ein ‚Sandwich‘ macht, und fragt, ob auch andere eines wollen. Die so knapp darauf eingeblendete Antwort Marilyn Monroes, dieses leicht gequitschte „okay“, das ist dann schließlich aufgrund des Schnittes schon fast so trashig und unfreiwillig komisch wie bei Ed Wood-Filmen.

https://www.youtube.com/watch?v=1lQ7xQfNMmc?t=23m40s

Diese schlecht gesetzten Schnitte, die man auch an anderen Stellen des Films finden kann, lassen eigentlich eher weniger auf einen hochqualitativen Hollywoodfilm schließen, aber man könnte annehmen, dass diese letztlich mit Monroes ‚performance‘ zu tun haben. Dass nämlich das Ausgangsmaterial, das dem Cutter zur Verfügung stand, nur passagenweise annehmbare Qualität zeigte und auf dem zugrundeliegenden Bildmaterial einfach auch vieles rausgeschnitten werden musste. Monroe spielte nach der Strasberg-Methode, ihre Schauspiellehrerin Paula Strasberg (Ehefrau von Lee Strasberg, der Erfinder des ‚method actings‘) war auch bei den Dreharbeiten anwesend und trainierte mit ihr nachtsüber. Sie sollte also über eigene Erfahrungen und Gefühle in ihre Rolle finden und nicht umsonst wurde auch schon das Drehbuch ihres Mannes an ihrer eigenen Person angelehnt, was ihr all dies noch zusätzlich erleichtern sollte. Tatsächlich hatte sie aber dennoch irrsinnig große Probleme ihre Texte zu lernen, so ist anzunehmen, dass die Schauspielerin oftmals sogar gezwungen war zu improvisieren oder dass man sie – wenn es ihr wirklich schon so schlecht ginge – durch Tricks dazu brachte. Letztlich war ja auch vielmehr das vielleicht der Grund, warum Miller, der Drehbuchautor, das ’script‘ während der Dreharbeiten mehrmals umschrieb. Diese oben gezeigte Passage – so scheint es – könnte jedoch tatsächlich ein sichtbarer Beweis dafür sein, dass es der Schauspielerin zu diesem Zeitpunkt nicht besonders gut ging, oder aber, dass sie während des Drehs zum Teil schon verzweifelt war und vielmehr gar nicht mehr wirklich spielte, sondern wirklich nur mehr sie selbst war. So oder so, der Regisseur hätte diese Passagen, wenn der Schnitt aufgrund mangelndes Materials so mies erfolgte, noch einmal drehen müssen, der Schnitt direkt vor diesem ‚okay‘ ist einfach unmöglich und er hätte das eigentlich nicht so akzeptieren dürfen.

So interessant diese Passage auch ist, Ähnliches, in dem der Schnitt Monroes Schauspiel so völlig ruiniert, findet man im Film sonst nicht wieder, vielmehr weiss sie tatsächlich an anderen Passagen sehr zu überzeugen. Schließlich wird der Film in der zweiten Hälfte (allerdings dauert es bis dahin eine Stunde), spätestens mit der Reise in die Stadt, in welcher das Rodeo stattfindet, dann auch noch richtig gut. Die Figuren werden nachvollziehbarer, die Geschichte interessanter. Es rücken nun auch die männlichen Rollen und deren Schicksale, sowie deren Einstellung zur Welt mehr in den Vordergrund. Monroes Rolle bleibt aber überaus wichtig, da sich die Männer durch sie wandeln oder auch preisgeben.

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Der Film zeigt nun ganz ohne Glamour und auch relativ realitätsnah, also jetzt völlig ohne Weichzeichner, seine dramatischen Charaktere. Der Höhepunkt ist dabei der Abend in dem alle 3 Männer völlig betrunken sind. Der Film wandelt sich nun plötzlich, ab diesem Zeitpunkt, in eine tiefergreifende Kritik des ‚american dreams‘ und an jener Welt, in der sich die drei Männer befinden. Diese Kritik kulminiert in den unvergesslichen und überragenden abschließenden Szenen des Films, in welchen die Männer die Wildpferde einfangen. Alle drei Männer reagieren nun auf den Einfluss der Frau. Der ehemalige Soldat, ein aus amerikanischer Sicht typischer Held, erweist sich hier nun durch seine Erfahrungen als jemand, der auch die ganze Welt sprengen würde, wenn es ihm nur zum Vorteil wäre, und der von Clark Gable verkörperte Cowboy erkennt schließlich dass die vermeintliche Freiheit des Cowboys in der heutigen Welt nicht mehr zu halten ist, ja sogar viel weniger mit der Freiheit, als mit dem Töten derselben zu tun hat.

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In der damaligen Kritik wurde der Film gar als ein europäischer bezeichnet, tatsächlich ist er jedoch ein höchst amerikanischer Film; wenngleich auch kein Hollywoodfilm, so ist es einer aus der Sicht der Ostküste. Es ist ein Film der die blödsinnige Cowboy-Sentimentalität und den Cowboy-Mythos entlarvt, was ihn aus diesem Grund bis heute interessant und aktuell macht. Dennoch zeigt sich der Film als solcher völlig uneinheitlich: Während der erste Teil noch aufgesetzt und künstlich wirkt, so bekommen die Charaktere im zweiten Teil etwas so ehrliches, dass man fast schon meint, es handle sich um einen Independent-Film. Besonders markant ist dabei die überaus lange Szene des Telefonats, in welcher Montgomery Clift in nur einem ’shot‘ und in nur einem ‚take‘ diese Passage grandios runterspielte. Sie scheint zunächst überhaupt nicht in diesen Film zu passen, sie ist z.B. auch für einen Kommerzfilm viel zu lange, aber sie ist schließlich die einleitende Szene für den weit besseren, wirklich guten zweiten Teil des Films. Dass dieser Film in den U.S.A. (finanziell) scheitern musste, war schließlich nicht nur aufgrund der Beteiligten, sondern vor allem auch aufgrund des Inhalts abzusehen.

7-star

(flimmerspiegel-Wertung: 7; gut)

„The Misfits“ (1961); komplette Film, Sprache: Englisch

https://www.youtube.com/watch?v=1lQ7xQfNMmc

Englische Untertitel: Wer Probleme hat den in diesem Film doch sehr amerikanischen ’slang‘ zu verstehen: Mit ein bisschen Recherche findet man sehr schnell Möglichkeiten den Film von ‚youtube‘ herunterzuladen. Auf ‚banksubtitles‘, ‚OpenSubtitles‘ usw. findet man dann Untertitel, die man lediglich in denselben Ordner legen muss. Verwendet man nun den ‚VLC-Player‘, erkennt er diese auch sofort, wenn das ‚File‘ denselben Namen wie der Film trägt. Für „The Misfits“ konnte ich dort jetzt gerade zwar nur englische Untertitel finden, aber auch das sollte ja bereits sehr hilfreich sein.

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Vanishing Point – Fluchtpunkt San Francisco (1971)

Ein Mann. Ein Auto. Subversion und die desillusionierten frühen 70er-Jahre. „Vanishing Point“ – eine Nachbetrachtung:

Kowalski, der Ex-Rennfahrer, Ex-Polizist und Ex-Soldat, fand sich in keiner seiner bisherigen Professionen zurecht, er findet auch jetzt seinen Platz in der Gesellschaft nicht. Sein Zuhause ist die Straße, also überstellt er Autos von einem Ort zum anderen. Doch eines Tages platzt ihm der Kragen, er rebelliert gegen das System und all die Einschränkungen der Gesellschaft. So rast er von Denver nach San Francisco ohne sich um Geschwindigkeits- und anderen Verkehrsbeschränkungen zu scheren. Hinter ihm die Polizei, die dieser subversiven Äusserung mit allen Mitteln ein Ende setzen will.

Ein Autorennen quer durch die Staaten war ein beliebtes Thema im Film der 70er-Jahre. Doch „Vanishing Point – Fluchtpunkt San Francisco“ hat viel weniger mit Filmen wie der „Cannonball“-Reihe gemein, als viel mehr mit „Easy Rider“. Kowalski ist der „Outlaw“, der „Lonesome Rider“, der vermeintlich „letzte Held der Straße“ und so stehen dann natürlich auch zunächst die Verfolgungsjagden im Mittelpunkt. Jedoch gibt es in diesem Rennen weder Mitstreiter, noch soll das allein ausschließlich unterhaltend sein. Die zunächst noch simple Ausgangssituation, „Fahre von Punkt A nach Punkt B“, verwandelt sich spätestens in der zweiten Hälfte des Films, wenn dieser dann einen Gang runterschaltet, in einen Spiegel der damaligen Zeit. Dieser zeigt die U.S.A. nach der gescheiterten Hippie-Revolution.

< Die nun folgenden Textpassagen interpretieren den Film und verraten auch überaus viel der Handlung, aber auch Vieles über den Hintergrund. Wenn Du nur wissen wolltest, ob Dir der Film gefallen könnte, solltest Du vielleicht jetzt zur Bewertung und deren Anmerkungen springen und erst nach dem Sehen des Films den gesamten Text hier dann lesen. Dieser ist – so denke ich – zwar für alle interessant, aber im Besonderen für die, welche mit dem Film nur wenig anfangen konnten. Solltest Du ihn aber erst viel später irgendwann sehen wollen, kannst Du sehr gerne auch jetzt schon weiterlesen. Bis dorthin hast Du vermutlich das Meiste ohnehin schon wieder vergessen, oder aber, wenn nicht alles, sondern nur die grundlegende Aussage in Erinnerung bleibt, könnte es sogar helfen, dass Du dann mehr Spaß am Film hast. > 

Ab der Mitte des Films formt sich nun langsam auch, durch die diversen sehr kurzen Rückblenden, ein Bild des Fahrers. Er ist Vietnam-Kriegsveteran, der „die Bedeutung hinter seiner Wunde hasst“, er war bei der Polizei, wo er die Erfahrung machte, dass seine Kollegen die Gerechtigkeit vielmehr vergewaltigen und er war Teil der Protestbewegung, indem er nackt vor dem Gerichtsgebäude demonstrierte. Schließlich verlor er, als seine große Liebe starb, vielleicht auch noch das Einzige was ihm noch Halt gab.

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Dieser Protagonist trifft nun, weil er immer wieder doch mit seinem Wagen anhält, auf andere Menschen. Bisher zeigte uns der Film die anderen Menschen nur beiläufig, die Kamera schwenkte nur an ihnen vorbei, ohne lange Innezuhalten; jetzt werden auch sie Teil des Films und es sind vornehmlich andere Vertreter dieser gescheiterten Revolution auf die der Protagonist trifft. Die letzten Überbleibsel der Hippie-Bewegung haben sich in eine Kommune in der Wüste zurückgezogen, aber Kowalski feiert nicht mit ihnen, er trifft auch auf einen Rocker, dessen Haus ein „Peace“-Zeichen trägt, dem jedoch ein Strich fehlt, eine Verfechterin der freien Liebe, die sich ihm anbietet (woran er aber, weil er seinem Ideal der wahren Liebe nachtrauert, kein Interesse zeigt), kreuzt ebenso seinen Weg, wie schließlich ein homosexuelles Paar, dass in ihrer Verzweiflung, nach der gescheiterten Revolution, ebenfalls zum Outlaw-Pärchen wurde. Letztlich sind es auch die Menschen, die aus ihm, vermittelt über den Radiosprecher, einen Helden machen. Dies erinnert dann z.B. auch an „Bonnie and Clyde“ (1967) oder aber an „Natural Born Killers“ (1994), dessen Drehbuch Tarantino schrieb und der auch ein großer Fan dieses hier vorliegenden Filmes ist.

Kowalski ist Anarchist, doch keiner mit einem intellektuellen linkspolitischen Unterbau, sondern viel mehr einer, der aus dem Bauch heraus handelt. Als er Amok läuft, denkt er nicht mehr nach und er versucht auch die Welt nicht mehr zu ändern, wie dies z.B. in Michael Douglas‘ Rolle in „Falling Down“ (1993) noch zum Ausdruck kommt. Kowalski hat stattdessen viel mehr bereits resigniert. Er ist auch nicht so hysterisch wie der Protagonist in „Falling Down“, sondern völlig ruhig und in sich zurückgezogen; er weiß bereits, dass die Welt nicht zu ändern ist. Das Einzige was ihm, nach dem Scheitern der großen Ideale, noch blieb und was er immer noch verteidigt, ist seine individuelle Freiheit. Das ist freilich ein höchst amerikanischer Zug. Er ist ein (mittlerweile eigentlich ziemlich unpolitisch gewordener) Anarchist des „american dreams“ und des Liberalismus, welcher auf dem Individuum aufbaut. Während sich der von der Politik desillusionierte Mensch von heute ganz in seine Gedankenwelt vor dem Computer zurückzieht, wo auch dieser (vermeintlich) ganz zu sich findet, ist Kowalski aber ein Mann der 70er-Jahre, noch immer ein Mensch der Tat in dieser realen Welt. Er sucht seine Freiheit noch immer im Aussen und nicht im Inneren.

Diese Freiheit wird für einen Amerikaner durch nichts besser verkörpert als durch das Auto. Für einen Europäer ist das nur bedingt in gleicher Weise nachvollziehbar, aber vergleichbar mit dem Gefühl eines 18-Jährigen, der gerade erst den Führerschein gemacht hat und sein erstes Auto kauft. Dieser fühlt zum ersten Mal diese Art der Freiheit, dass er einfach losfahren könnte, wenn er dies nur wollen würde. Dieses Gefühl – so scheint es – hält beim US-Amerikaner allerdings ein Leben lang an. (Meine Großtante in den USA, mittlerweile schon um die 80 Jahre alt, redet nicht vom Sterben und auch dass sie langsam erblindet, ist für sie eigentlich nicht das große Problem, vielmehr hat sie einen Horror davor, dass man ihr den Führerschein wegnehmen könnte. Das ist ihre einzig wirkliche, große Angst und jedes Mal aufs Neue erstaunlich, wenn sie immer nur davon spricht. Ein US-Amerikaner ohne Auto ist amputiert; er fühlt sich nicht mehr als freier Mensch).

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Diese Freiheit, wonach der Anarchist Kowalski mit seinem Auto strebt, wird jedoch vom Establishment durch all seine Gesetze untergraben.  Die Vertreter dieses Establishments sind in diesem Film freilich die unzähligen Polizisten, die ihn mit allen Mitteln aufhalten wollen und die durchwegs einseitig und negativ dargestellt sind: Sie vergewaltigen, sind korrupt, rassistisch, gewalttätig und werden auch des Öfteren als Faschisten bezeichnet. Wie in den „Cannonball“-Filmen, macht sich auch dieser Film über sie lustig, wenn die Kamera von zwei gezeigten Polizisten auf zwei Esel schwenkt, wenn diese, nachdem Kowalski eine Straßensperre durchbrochen hat, selbst zusammenfahren. Das ist hier jedoch zwar amüsant, allerdings weniger „ha ha“-lustig, als viel mehr doch eher ernst gemeint. Der Höhepunkt bzgl. dieses Lustigmachens ist, wenn durch Kowalskis Fahrweise die Straßenarbeiter die Straßenmarkierung versauen, dann zeigt sich, dass Kowalski tatsächlich die Verkehrsregeln verändert hat.

Kowalski ist ein typisch amerikanischer Held, ein radikaler Liberaler, der jegliche Einflussnahme des Staates entweder als kommunistisch oder – wie in diesem Film – als faschistisch betrachtet und in dieser Hinsicht wird er für alle Menschen zum Stellvertreter dieser Freiheit hochstilisiert.

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In dieses Bild des Helden passt dann freilich auch nicht, dass Kowalski durch sein radikal egoistisches Verhalten andere im höchsten Maß eigentlich gefährdet. Er rast ohne auch nur ansatzweise zu bremsen über unübersichtliche Kupeln hinweg, er weiss nicht, was hinter der nächsten unübersichtlichen Kurve auf ihn wartet und es ist ihm auch herzlich egal. Er ist der sympathische Outlaw – für die anderen Menschen im Film ebenso, wie für den Zuschauer vor der Kinoleinwand oder dem Fernseher. So ist es auch nicht verwunderlich, dass dieses Heldenimage in keinster Weise angetastet wird: Er bleibt nach jedem Unfall mit dem Wagen stehen und kontrolliert, ob eh niemand verletzt ist und selbst der schlimmste Unfall, bei dem sich ein Cabrio unzählige Male überschlägt, geht glimpflich und ohne Tote aus, was eigentlich nahezu unmöglich ist. Kowalski ist kein Verbrecher, was auch im Laufe des Films mehrfach betont wird, vielmehr will ihn das Establishment erst dazu machen. Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Polizei, indem sie Druck auf das homosexuelle Paar ausübt, versucht ihn anzuschwärzen, versucht ihm ein „echtes“ Verbrechen unterzuschieben. Tatsächlich braucht die Polizei diesen Vorwand um ihn zu verfolgen aber eigentlich doch gar nicht.

Fazit:

Wer heute noch den Kick einer Verfolgungsjagd haben will, braucht sich „Vanishing Point“ nicht anzusehen, derjenige schaltet dann einfach besser nur die Playstation ein, denn in diesem Bezug ist dieser Film für heutige Verhältnisse nicht mehr spannend genug. Die Stärken des Films sind vielmehr die (zum Teil) großartigen Bilder und der rockig-soulige Soundtrack (wenn man auf diese Art der Musik steht). „Vanishing Point“ ist zweifellos ein Klassiker des Kinos, dieser wird jedoch zunehmend vergessen und dieser verblasst auch aus gutem Grund mehr und mehr – einfach aufgrund dessen, dass uns diese Zeit fremd geworden ist. Der Regisseur konnte beim damaligen Kinopublikum voraussetzen, dass es die Bedeutung des Films versteht, denn es lebte in dieser Zeit ja auch. Für einen heutigen Betrachter wird die Welt dieser Nach-Hippie-Ära zu wenig ausformuliert als dass wir es noch komplett nachvollziehen könnten. Der Film hat, abgesehen von dieser Amokfahrt, keine besonders ausführliche Handlung. Die Themen auf die der Film eigentlich Bezug nimmt, werden zu schemenhaft und nur kurz angerissen. Dass wir den Zugang verloren haben, zeigt sich auch daran, dass unzählige heutige Rezensienten davon schreiben, dass die Wette das Motiv seiner Raserei wäre. Tatsächlich ist diese aber eigentlich sogar weitgehend irrelevant. Kowalskis Raserei begann bereits vor dieser Szene, sein Motiv ist nicht, dass er diese Wette gewinnen will, sondern vielmehr der Sieg über das Establishment: Dies ist ihm zwar nicht mehr über die Ideale der Hippie-Bewegung möglich, aber hinsichtlich seiner ganz individuellen Freiheit. Weil das Verständnis hierfür heute nicht mehr in gleichem Maß gegeben ist, erwartet sich der Betrachter von heute auch einen gänzlich anderen Schluss. Er wartet unter Umständen auch auf einen Clou, der dem Film und der Raserei am Ende einen Sinn gibt, den man bis dahin einfach nur noch nicht kannte und es ist bezeichnend, dass das Remake aus dem Jahr 1997 gerade auch das in der Handlung verändert hat. Viggo Mortensen, der Hauptdarsteller in dieser neuen Version, rast weil er rechtzeitig bei seiner Frau sein muss. Das macht den Film für den heutigen Betrachter zwar zugänglicher, aber das nimmt ihm eigentlich auch jeden tiefergehenden Anspruch. Tatsächlich ist das Ende des Originalfilms, wenn man die Aussage des Films vorher schon durchschaut hat, durchaus nachvollziehbar und schlüssig. Schließlich bedeutet es nichts anderes, als dass Kowalski bis zum Schluss dieses letzte übrig gebliebene Ideal noch hoch hält. Ab dem Zeitpunkt in dem er diesen Entschluss gefasst hat, schmunzelt er schließlich dann auch, weil er weiss, dass nur er und nicht das Establishment gewinnen kann. Sein Suizid ist keine Niederlage, er lässt sich nicht gefangen nehmen. Er siegt in der radikalen Freiheit.

6-star

Ausgangswertung 6/10; okay bis gut; Der Film ist für den heutigen Betrachter nur mehr bedingt inhaltlich nachvollziehbar.

allerdings +1 Wertungspunkte für jeden Treffer in der folgenden Liste: Du liebst 70er-Jahre-Filme; Du liebst Verfolgungsjagden im Film, Du bist Rocker mit einer Harley Davidson; Du bist Anarchist weniger aufgrund Deiner Gedanken als viel mehr aus dem Bauch heraus; Du bist US-Amerikaner oder liebst dieses Land; du liebst dein Auto, mehr als fast alles andere; Du interessierst Dich für die Post-Hippie-Ära; Du hast ein überaus großes Interesse an Filmklassikern.

7-star (persönliche Flimmerspiegel-Wertung: 7/10; gut)

Wissenswertes:

• Die schottische Band „Primal Scream“ nannte ihr 1997 erschienenes Album: „Vanishing Point“, einer der Hits daraus hieß „Kowalski“.

• In Quentin Tarantino’s „Death Proof“ aus dem Jahr 2007 kommt genau der gleiche Wagen vor (Dodge Challenger). Es ist eine ganz bewusst gesetzte Hommage an „Vanishing Point“, einer seiner Lieblingsfilme.

Regie: Richard C. Serafin; Drehbuch: Guillermo Carbrera Infante, u.a.; Darsteller: Barry Newman, u.a.

Die Regenschirme von Cherbourg (1964)

„Les parapluies de Cherbourg“ ist ein Fest der Farben und der Töne, ein so einzigartiges und einmaliges Erlebnis, dass selbst ausgewiesene Musical-Hasser hieran Spaß haben sollten.

Wenn in einem „Walt Disney“-Film nur die ersten Töne eines Songs angestimmt werden, würden viele bereits insgeheim gerne schreiend davonlaufen. Musicals sind für Viele verständlicher Weise kaum zu ertragen, denn die Songs sind zumeist eher mieses Herumgejodle und künstlerisch betrachtet oft bestenfalls niveaulos. Es muss für jemanden, der Musicals verabscheut, die reinste Horrorvorstellung sein, wenn er erfährt, dass in diesem Film nicht ein einziger Satz gesprochen und stattdessen wirklich alles gesungen wird. Dennoch ist aber gerade dies das entscheidende Element, warum gerade jene eben nicht zurückschrecken sollten. Der Film „Die Regenschirme von Cherbourg“ ist zwar hinsichtlich der Verwendung von Musik wohl sogar einer der radikalsten Vertreter, aber genau das führt auch dazu, dass man als Musical-Verweigerer wunderbar unterhalten wird. Hier wird selbst über das Wechseln von Zündkerzen in der Werkstatt gesungen, das Banalste und Alltäglichste wird in glockenhellen Tönen vorgetragen, sodass man zunächst am vermeintlich ungewollt Komischen enorm viel Spaß hat. Man kann sich über diesen Film herrlich lustig machen, denn es ist ja gerade diese Übertreibung, die einem sein negatives Urteil über Musicals bestätigt. Spätestens dann, wenn der Film sich aber auch noch selbst ebenfalls genau darüber lustig macht und auch zeigt, dass all das auch wohl und gut geplant ist, hat der Film, durch diesen gelungenen Twist, alle Sympathien letztlich für sich gewonnen. Ganz plötzlich befindet man sich dann auch schon bei der Mitte des Films, lehnt dieses Dahingesungene gar nicht mehr so ab, kann es sogar vielleicht als Zugewinn betrachten, bestaunt die wunderschönen Farben der Bilder und fiebert mit den Charakteren mit. Es ist nämlich v.a. auch diese Geschichte, die einen mehr und mehr in den Bann zieht.

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Die siebzehnjährige Geneviéve lebt mit ihrer alleinstehenden Mutter in der französischen Stadt Cherbourg, wo sie in deren Geschäft Regenschirme verkauft und in Guy, einem jungen Mechaniker, verliebt ist. Das junge Paar schmiedet bereits Heiratspläne, was jedoch bei Genevièves Mutter, die um ihre Tochter liebevoll besorgt und sich der Vergänglichkeit solcher Jugendlieben bewusst ist, auf Ablehnung stößt. Bevor es jedoch auch nur annähernd dazu kommen könnte, wird Guy für 2 Jahre in den Algerienkrieg einberufen. Geneviéve wartet nun zuhause auf die nur selten eintreffenden Briefe ihres Liebhabers und verfällt ihrem Liebeskummer, darüber hinaus ist sie auch noch schwanger und der Laden der Mutter steht kurz vor dem bankrott. Sie trifft schließlich eine wichtige Entscheidung, die ihr ganzes zukünftiges Leben bestimmen wird.

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Die große Stärke dieser Story entfaltet sich jedoch erst nach dieser längeren Einleitung, denn sie erzählt trotz des genretypischen Kitsches eine glaubwürdige, realistische und, wenn auch keine völlig überraschende, doch eine in dieser Weise nicht immer vorhersehbare Geschichte über die Liebe. Bei „Regenschirme von Cherbourg“ handelt es sich zweifellos um ein Drama, in gewisser Weise sogar um eine Tragödie, aber nicht in dem Sinne, dass hier irgendeine Katastrophe auf den Hauptcharakter wartet, sondern um eine Tragödie des wahren Lebens und um die der Liebe: Dass große Entfernungen, Trennungen über längere Zeiträume und bestimmte wesentliche Entscheidungen jede Liebe schließlich verblassen lassen und sei sie noch so echt. Auch sie kann von all dem vergraben werden, wie es der Schnee der Schlußszene bildlich darstellt.

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Wie in den meisten Musicals wird dies alles mit großem Pathos vorgetragen, was sich z.B. daran zeigt, dass das junge Mädchen nach der Abreise ihres Liebhabers meint, sie müsse nun sterben. Eine Erdung erhält die Geschichte oftmals durch die Mutter, die z.B. mit ihrer Lebenserfahrung versucht ihrer Tochter zu helfen, wenn sie meint, dass dies doch nur im Kino stattfindet und sie schließlich darüber hinwegkommen wird. Trotz all dieses Pathoses verliert der Film aber nie den Kontakt zur Realität, vielmehr ist es auch genau dieses Spiel mit Gegensätzlichkeiten, wie z.B. zwischen Künstlichkeit und Realismus, was diesen Film auch so interessant macht. Die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird, ist im höchsten Maß artifiziell, die Geschichte selbst jedoch nicht. Der Film nimmt sich enorm ernst, dann wieder auch überhaupt nicht. Er verbratet Klischees nur um sie dann gleich wieder durch das Einbrechen des Alltags zu brechen. Es wird innerhalb eines Gesprächs von etwas Traurigem gesprochen, aber gleichzeitig von einer beschwingten völlig unpassenden Jazzmusik untermalt. All das macht diesen Film auch so irrsinnig aufregend.

Während andere Musicals einige Songs beinhalten, wobei manche davon auch Hitpotenzial hatten, sind solche Lieder bei „Die Regenschirme von Cherbourg“ nur schwer auszumachen, was vor allem daran liegt, dass eben wirklich alles gesungen, aber auch nahezu völlig ohne Pausen der Musik vorgetragen wird.  Das Gehörte kann dann nur mehr selten, in ihren Strukturen, als Song aufgefasst werden. Ein Großteil der Musik im Film beruht außerdem auch noch auf dem Einsatz eines rezitativen Gesangs, der z.B. in der Oper des Barock häufig eingesetzt wurde und der nicht auf festgeschriebenen Kompositionen beruht, sondern den der Sänger mehr oder weniger frei im Rhythmus vortragen konnte. Dieser Gesang, der dem Sprechen angenähert ist, ist hier nun auch oftmals mit der Orchestrierung im Hintergrund nicht mehr im Einklang. Dies ist für viele heutige Zuhörer wohl recht schwer nachvollziehbar, hat aber durchaus auch seine Vorteile bezüglich der Ausdruckskraft des Inhalts des Gesungenen/Gesagten. Wenn man dann, wie ich, auch noch zusätzlich nicht des Französischen mächtig ist, die Sprachmelodie als völlig fremdartig empfindet, kann das sehr schnell dazu führen, dass man hiermit weniger anfangen kann als mit dem durchgedrehtesten Free-Jazz, aber nicht zuletzt übt gerade auch das einen irgendwie „exotischen“ Reiz aus. Viel leichter nachvollziehbar ist hingegen die Musik im Hintergrund, die oftmals auch in so banale Gefilde wie Fahrstuhljazz abdriftet. Schließlich ist selbst der einzig große Hit aus diesem Musical in seiner Struktur kein eigentlicher Song, sondern eigentlich nichts weiter als ein Motiv, eine simple Melodie die in leichten Variationen stets nur wiederholt wird. Diese Melodie wird schließlich so oft wiederholt, dass ein Hit daraus werden musste, eine Strategie, die wohl das französische Kino (im speziellen der französische Teenager-Liebesfilm) auch später noch anwenden wird, wie z.B. in „La Boum“.

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Das Eindrucksvollste an diesem Film sind jedoch die Bilder und da im Speziellen die Gestaltung mit Farben. Der ganze Film erstrahlt in damals populären Farbtönen, sodass er wie ein Traum aus den 60’s rüberkommt. Ein Traum deshalb, weil natürlich auch die Welt der 60er-Jahre niemals, wie in diesem Film, so durchgestylt war. Das ist zwar weit weg von irgendeinem Realismus, aber einfach nur umwerfend schön. Nichts wurde hier, so meint man, dem Zufall überlassen: Die Tapeten leuchten z.B. in Farbkombinationen, die man für undenkbar hielt, aber gerade deshalb so unglaublich gut aussehen. Diese Wirkung der Farben zeigt sich aber keinesfalls auch allein nur an den Innenräumen. Jede Person hat nicht nur einfach aus Zufall diese stylischen Klamotten in diesen Farben an, sondern das macht auch inhaltlich Sinn. Wenn ein Auto im Hintergrund durch die Vitrinen sichtbar wird, so hat dieses die richtige Farbe, wenn Guy in einem Schanigarten sitzt, so ist es kein Zufall, dass er genau vor einem Wandstreifen sitzt, der dieselbe Farbe hat, wie die, mit welcher er im gesamten Film u.a. in Verbindung gebracht wird. Hier wurde einfach an alles gedacht und es sieht noch dazu einfach nur phänomenal aus.

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(Dass dieser Film in dieser Farbenpracht auf uns gekommen ist, haben wir übrigens Agnes Varda zu verdanken. Varda, selbst eine überaus wichtige Regisseurin, war die Frau des Filmemachers Jacques Demy und sie war es, welche  die Restaurierung des Films initiierte. Ohne sie würde der Film heute, da Demy ihn auf einem Filmmaterial drehte, welcher die Farben nicht halten konnte, nur mehr in schwarz-weiß vorliegen.)

Der Film, der im Wesentlichen kammerspielartige Züge hat (das Meiste wird über Dialoge und nur weniges der Handlung über Bilder erzählt), lebt natürlich im besonderen Maße auch von den Schauspielern, die hier großartig besetzt wurden. Der Italiener Nino Castelnuovo spielt den jungen Liebhaber einfühlsam und in Kombination mit Catherine Deneuve ist das Liebespaar in der Tat ergreifend süß. Deneuve, die damals erst 21 war, gelang nicht umsonst genau mit dieser Darstellung der Durchbruch und auch Anne Vernon, in der Rolle der liebenden Mutter, weiß zu überzeugen. Einzig die Tante, dargestellt von Mireille Perrey, zerstört das einheitlich gute Bild, was jedoch viel mehr an ihrer unglaublich billigen und schlechten Maske liegt, die sie, weil sie als damals 60-jährige wohl noch immer viel zu jung aussah, tragen musste. Andererseits ist auch das wieder so trashig, zeigt auch das abermals diese Künstlichkeit, die dem Film eben auch innewohnt, und so gesehen hat selbst das einen unvergleichlichen Charme.

Jacques Demy, der im Laufe seiner leider sonst recht wenig beachteten Karriere, gleich unzählige Filmmusicals schuf, gelang mit „Die Regenschirme von Cherbourg“ ein phänomenaler Film, der mit 5 Oscarnominierungen und 3 Preisen in Cannes weltweit doch recht großes Aufsehen erregte, wenngleich er heute – so scheint es – v.a. im deutschsprachigen Raum fast vergessen wurde. Der Film ist ein einmaliges Erlebnis, vor allem aufgrund der Farben und des filmgeschichtswürdigen Endes. Björk bezieht sich in ihrem (wunderbaren) Musical „Dancer in the Dark“, in welchem ebenfalls Catherine Deneuve mitspielt, zweifellos auf diesen Film, wenn sie in der Erinnerung schwelgt und davon spricht, wie wunderbar doch die Musicals sind, in denen einfach nur so und ohne ersichtlichen Grund ständig gesungen wird. Der Einzige, der jedoch auch heute noch in der Lage wäre, ein Musical mit solch wunderbaren Kitsch und gleichzeitigem Tiefgang hervorzubringen, wäre Pedro Almodóvar und so ist zu hoffen, dass auch dieser sich mal an ein Musical heranwagt. „Die Regenschirme von Cherbourg“ ist jedenfalls ein großartiger Film, den man gesehen haben sollte!

9-star (9/10; mehr als empfehlenswert!)

(Wer den Film nicht mit Untertitel findet, kann diese z.B. bei OpenSubtitles, Subscene, banksubtitles, usw. herunterladen. Der Mediaplayer VLC erkennt diese automatisch, wenn sie im selben Ordner wie der Film liegen. Bei Problemen kann man sich aber auch gerne an mich wenden)

Die folgenden Absätze interpretieren Teile des Films, er beinhaltet jedoch auch Informationen, die eindeutig den Charakter eines Spoilers aufweisen, daher sollte man ihn erst nach dem Sehen des Films lesen! Dieser folgende Text beinhaltet z.B. bereits sogar das Ende des Films, welches man unbedingt ohne vorhergehende Informationen erleben und genießen sollte!

< SPOILERALARM! Diesen Abschnitt erst nach dem Sehen des Films lesen. Hier wird sogar das Ende verraten! >

Irgendwo im Netz fand ich folgende Aussage, die man als Quintessenz des Films betrachten könnte und da ich sie für ebenso durchaus richtig halte, möchte ich sie Euch nun an dieser Stelle nicht vorenthalten: „was gestern noch von großer Bedeutung war, ist heute vom Schnee zugedeckt“.

Diese Aussage nimmt offensichtlich auf die letzten Szenen im Film Bezug und kann von dort aus rückblickend die gesamte Geschichte auch gut erklären, doch denke ich, dass dies – wenn auch eine wichtige – noch nicht die gesamte oder einzige Aussage ist.

Jacques Demy, der Regisseur des Films, wird von manchen als früher Vertreter der „Nouvelle Vague“ angesehen, andere meinen, dass sich dieser selbst nie dieser Gruppe an Filmemachern (zu denen auch seine Frau gehörte) zugehörig fühlte. Jedenfalls warf man ihm auch vor, dass er weitgehend unpolitisch sei – ganz im Gegensatz zu (z.B.) Godard. Bei genauerer Betrachtung könnte man jedoch auch zu dem Schluss kommen, dass er hier dennoch in gewisser Weise politisch Stellung bezog. Er nannte zwar den Algerienkrieg, wie viele andere, nicht beim Namen, was man damals noch nicht durfte, er bezog auch nicht Stellung gegen dieses Bild der Eheschließung, aber es scheint mir doch so zu sein, dass er mit diesem Film Sympathie gegenüber der Arbeiterklasse zum Ausdruck bringt:

Geneviéve entstammt einem bürgerlichen Haus. Ihre Mutter verkauft in ihrem eigenen Laden Regenschirme, die man als Instrumente des Schutzes gegenüber den Regen interpretieren kann. Ebenso will sie, als Person, auch ihre Tochter vor der falschen Entscheidung beschützen und schlägt ihrer Tochter vor, den reichen Diamantenhändler zu heiraten, dessen soziale Stellung abermals Schutz für die schwangere Tochter verspricht. Dies kommt auch zum Ausdruck in der Passage in der die Tochter der Mutter vorwirft, dass sie diesen Mann anpreist wie einen Regenschirm (ein Instrument des Schutzes). Der Heiratsantrag erfolgt dann schließlich nicht irgendwo, sondern in einem Hafen, der nicht nur als Symbol für den Aufbruch stehen kann, sondern ebenso ein Ort des Schutzes ist. Boote flüchten sich bei Sturmwarnungen in den Hafen um dort sicher den Anker werfen zu können. Schließlich gibt es auch noch den „Hafen der Ehe“, eine Metapher, die im Deutschen geläufig ist, im Französischen vielleicht gar nicht existiert, aber dennoch ebenfalls (nicht nur, aber) auch auf diese Schutzfunktion hindeutet. Es ist schließlich dieses Schutzbedürfnis des Bürgertums, das sie in die Arme des reichen Mannes treibt.

Geneviéve ist jedoch eigentlich (zunächst) in Guy verliebt, ein Mann der Arbeiterklasse. Dies stört das junge Mädchen keinesfalls, was auch zum Ausdruck kommt, wenn sie sagt, dass er nach Benzin rieche. Die Bedeutung der Aussage (ich habe mir die Passage mehrmals angesehen) hat zu diesem Zeitpunkt jedoch eigentlich gar nichts Negatives, wie man annehmen müsste. Beim ersten Mal Sehen habe ich diesem Satz selbst diese Bedeutung ungerechtfertigter Weise untergeschoben und sie hinzugefügt. Sie sagt dies aber eigentlich ganz ohne Wertung, sie verwendet weder den Begriff „stinken“, noch gibt sie einen ablehnenden Laut wie z.B. „wäh!“ von sich. Es ist an dieser Stelle einfach nur eine simple Feststellung. Hier zeigt sich, dass sie, selbst dem Bürgertum abstammend, keinerlei Probleme damit hätte, wenn sie Guy heiraten würde. Guy antwortet, es sei lediglich ein Parfum wie jedes andere. In seinem Fall wäre es das Parfum des Mechanikers, des Arbeiters. Dass er hier das Wort „Parfum“ benutzt, ein (meist doch recht teurer) Luxusartikel, den ein herkömmlicher Arbeiter meist auch nicht unbedingt verwenden würde, verweist bereits auf den später auftauchenden reichen Mann hin, der in gewisser Weise das Gegenteil von ihm selbst ist und der bestimmt auch anders riecht.

Die nächste wichtige Passage für diese Interpretation ist die Hochzeit. Geneviéve ist während dieser zwar nicht traurig, aber sie ist auch gleichzeitig weit davon entfernt glücklich zu sein. Sie lächelt ihren Mann vor dem Altar nicht an, als er sie betrachtet, sondern schaut eher vor Scham auf die Seite. Nichts zeigt, dass sie Freude empfinden würde, auch nicht als sie aus der Kathedrale (keine normale Kirche!) heraustritt oder wenn sie im Auto sitzt.

Schließlich tankt Geneviéve, jetzt sichtlich wohlhabend, am Ende des Films bei Guys Tankstelle. Sie sagt, sie hätte ihre Tochter von ihrer Schwiegermutter in Anjou abgeholt und hätte beim Rückweg nach Paris nur diesen Umweg nach Cherbourg in Kauf genommen. Wenngleich das vermutlich fast nur Franzosen wissen können, ist dies dennoch eine wichtige Aussage. Anjou liegt 4,5 Stunden von Paris entfernt, Cherbourg 3,5 Stunden, doch liegen diese beiden Städte nicht auf einer Strecke, sondern von Paris aus gesehen in 2 völlig unterschiedlichen, ja sogar entgegengesetzten Richtungen. Die Fahrt nach Cherbourg war also kein Abstecher, sondern eine, v.a. wenn man bedenkt, dass sie von Cherbourg zurück nach Paris abermals 3,5 Stunden braucht, immens weite Reise. Es war kein Abstecher, in dem Sinn, dass man kurz mal wo anhält. Sie wollte also aus irgendeinem Grund wieder einmal ihr früheres Zuhause sehen, auch wenn dies eine Autofahrt von immerhin 7 Stunden zusätzliche(!) Fahrzeit bedeutet. Dies ist wohl ein eindringlicher Ausdruck der Sehnsucht, wonach genau auch immer… oder aber auch der Flucht! Jedenfalls ist es kein „Happy End“ für Geneviéve.

Die Konversation zwischen den ehemals Liebenden wird schließlich vom angestellten Tankwart unterbrochen. Er fragt Geneviéve, ob sie „Super“- oder „Normal“-Benzin („ordinaire“) wolle. Als Antwort gab sie, dass es ihr egal sei. Dies ist vergleichbar mit den Ehemännern, die ihr zur Wahl standen: Guy, der einfache, „normale“ Arbeiter und der Diamanthändler („Super“). Wie damals bekommt sie auch dieses mal „Super“ und abermals überließ sie die Entscheidung eigentlich letztlich jemand anderem.

Wenngleich wir nicht wissen können, ob Geneviéve glücklich ist, so machte sie auf jeden Fall nicht diesen Eindruck, ausserdem trieb sie irgendetwas von Zuhause weg, sodass sie auch diesen immensen Umweg machte. Guy, so zeigt sich jedenfalls in den Bildern ganz am Schluss, erst nachdem Geneviéve weggefahren ist, ist jedoch zweifellos glücklich. Er hat nicht nur seine gewünschte Tankstelle, wo er vermutlich gerne arbeitet, sondern v.a. ein glückliches Familienleben, wie durch die herzliche Verabschiedungsszene, v.a. aber durch das mit seinem Sohn abschließende Herumtollen im Schnee zum Ausdruck kommt. Er trauert nach dem Fortfahren seiner ehemaligen Freundin auch danach nicht, sondern fängt sofort mit seinem Kind freudvoll zu spielen an. Für ihn, der diese Entscheidungen, die zur Trennung führten, auch nicht traf, ist es letztlich doch noch ein „Happy End“ geworden, wenngleich er auch nicht finanziell reich ist.

So könnte man also annehmen, dass der Regisseur, wenn er auch keine klassenkämpferischen Töne anschlägt, doch eine Sympathie bezüglich des Arbeiters hegt, denn dieser hat auch ohne viel Geld das Glück erlangt, das aber Geneviéve, die dem Schutz und der Sicherheit den Vorzug gab, letztlich verwehrt blieb. Vielleicht versteckt sich also hinter all der Romantik und Melancholie ja doch auch eine („softe“) politische Aussage.

Empfehlungen & Hintergrundinfos:

Bei „Die Regenschirme von Cherbourg“ handelt es sich eigentlich um einen Film aus einer Trilogie. Wer also von diesem Regisseur und zu dieser Thematik mehr sehen will, kann sich auch noch die beiden anderen Teile ansehen:

Der erste Film trägt den Titel „Lola – Das Mädchen aus dem Hafen“ (1960). Dieser Film ist nicht nur thematisch mit den „Regenschirmen“ verbunden, sondern auch inhaltlich. Es ist die Liebesgeschichte des Diamantenhändlers, die er der Mutter im „Cherbourg“-Film auch ganz kurz erläutert. Es ist also gewissermaßen die Vorgeschichte zum Film, wenngleich man diesen nicht unbedingt gesehen haben muss. Ich kenne ihn zwar leider selbst noch nicht, aber vermutlich stammt auch die Szene des städtischen Innenhofs, der kurz eingeblendet wurde, von da her. Das ist v.a. auch deshalb anzunehmen, da diese kurz gezeigten, zu diesem Zeitpunkt irgendwie auch rätselhaften Bilder in schwarz-weiß waren, was auch auf den Film „Lola“ zutrifft. „Lola“ ist darüber hinaus der erste abendfüllende Spielfilm des Regisseurs überhaupt.

Der dritte Teil der Trilogie ist „Die Mädchen von Rochefort“ (1967). Auch dieser Film ist ein Musical und ein Farbfilm. Der Zusammenhang mit den anderen beiden besteht allerdings lediglich auf thematischer Ebene und auch darin dass ein paar Schauspieler auch hier mitwirken, allerdings in gänzlich anderen Rollen und mit anderen Namen.

Wer noch mehr gute Musicals sehen will, hier noch meine 2 Lieblingsmusicals, auch wenn sie vermutlich ohnehin schon jeder kennt:

„Rocky Horror Picture Show“ (1975) und „Dancer in the Dark“ (2000), das Musical von Björk in welchem ebenfalls Catherine Deneuve mitspielt.

Bonjour Tristesse (1958)

Der nach Amerika ausgewanderte Österreicher Otto Preminger gehört zweifellos zu den ganz großen Regisseuren der Filmgeschichte. Wie kaum ein anderer Filmemacher aus jener Zeit hat er sich Tabuthemen gewidmet und diverse gesellschaftliche und filmbranchenübliche Konventionen jener Zeit ganz bewusst umgangen und gebrochen. Zu den herausragendsten Werken aus seinem Oeuvre gehören „Der Mann mit dem goldenen Arm“ (1955), das Portrait eines Heroinsüchtigen, verkörpert von Frank Sinatra, ein Thema das damals eigentlich völlig undenkbar für die große Leinwand war, „Anatomie eines Mordes“ (1959), aber auch „Bonjour Tristesse“ (1958), welcher als Vorbild für die später aufkommende französische „Nouvelle Vague“ Anerkennung fand.

Ich wurde seltsamer Weise erst recht spät auf diesen Ausnahme-Regisseur aufmerksam und zwar hatte dies viel mehr mit meinem zweiten Hobby zu tun. Zeitlebens war ich an jugendlichen Subkulturen und da v.a. an Independent- und Underground-Musik interessiert. So war es wenig erstaunlich, dass ich früher oder später auch viele Menschen im Bekanntenkreis hatte, die selbst Musik mach(t)en. Eine dieser Bands aus meinem Bekanntenkreis hieß „Bunny Lake„, die andere hatte einen Song, welcher den Titel „Bonjour Tristesse“ trug. (einen Song, den ich damals richtig geil fand). Als ich dann bei meinen Recherchen auf Otto Premingers Filmografie stieß, war klar dass ich diese beiden Filme sehen musste. „Bunny Lake is missing“ (1965) zählt seither zum erweiterten Kreis meiner Lieblingsfilme, die Sichtung von „Bonjour Tristesse“ hatte ich allerdings bis zum heutigen Tage aufgeschoben. Je öfter ich aber das Filmcover sah, desto mehr steigerte sich meine Vorfreude auf diesen Film.

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Handlung:

Die 17-jährige frühreife Cecille lebt mit ihrem Vater Raymond ein ausschweifendes und glückliches Leben. Die beiden haben weniger ein familiäres als vielmehr ein freundschaftliches Verhältnis, das die Freiheit und Selbstverantwortung des jeweilig anderen respektiert. Als der Frauenheld Raymond jedoch einer äußerst bestimmenden und gutbürgerlichen Bekannten der Familie einen Heiratsantrag macht, wird der Tochter zunehmend klar, dass ihr bisheriges Leben mit ihr ein aprubtes Ende finden würde. Sie schmiedet eine Intrige gegen ihre Rivalin, was jedoch noch weitaus größere Konsequenzen hat.

Bewertung/Meinung:

Otto Premingers „Bonjour Tristesse“ war letztlich leider nicht der von mir erhoffte neuerlich progressive Film, den ich von ihm mittlerweile fast schon gewohnt war. Während die in schwarz-weiß präsentierte Rahmenhandlung noch viel verspricht, wobei die Qualität der fotografierten Bilder und dann auch vor allem die inneren Monologe mit der Stimme aus dem Off wegen des Clichés zu gefallen wissen, diese charmant und aus heutiger Sicht v.a. auch witzig sind, so ist die in Farbbildern präsentierte Haupthandlung doch recht konventionell.

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Zunächst genießt man noch die Unbeschwertheit der Urlaubsstimmung an der französischen Riviera (welche aber auch für den Film der 50er-Jahre zu typisch ist), doch nachdem die oberflächlichen Ferienromanzen auch bis zur Hälfte nicht an Schwung gewinnen, die Dialoge immer noch oberflächlicher werden, stellt sich langsam so etwas wie beginnende Abneigung gegenüber dem Film ein. Die Handlung ist schließlich für einen heutigen Zuseher viel zu vorhersehbar als dass hier auch nur irgendetwas überraschen könnte. Der Film ist kein Thriller, auch kein Krimi, sondern lediglich eine Familiengeschichte mit oberflächlichen Romanzen, woran sich auch bis zum Ende hin nichts ändert. Die Intrige ist die herkömmliche und bedient sich, wie schon tausendmal gesehen, der Eifersucht. Selbst das Ende konnte man schon 10 Minuten vorher genau abschätzen.

Jean Seberg (bekannt v.a. wegen ihrer Performance in Godards „à bout de souffle“ (dt. „Ausser Atem“) weiß jedoch auch in diesem Film in der Rolle der Tochter zu gefallen, ebenso wie David Niven („Der rosarote Panther“ 1963), der abermals gelungen, wie so oft, den älteren Charmeur spielt. Deborrah Kerr ist in ihrer Rolle als prüde, gutbürgerliche Stiefmutter in spé hingegen ziemlich austauschbar und Mylène Demengeot, das französische Sexsymbol der 50er- und 60er-Jahre, hat zwar tatsächlich auch heute noch ein gewisses Sexappeal (in einer Szene erinnert sie einen gar an die große Ikone Marilyn Monroe), ist jedoch mit ihrem gebrochenen Englisch und ihrem „Schauspiel“ bereits eine mittlere Katastrophe.

Was bleibt ist ein Film, dem die Zeit nicht nur anzumerken ist, sondern der von ihr auch überholt und abgehängt wurde. Leider – zumindest meiner Meinung nach – trotz des großen Einflusses auf die Filmgeschichte kein zeitloses Meisterwerk des ansonsten so großen Preminger. Das beste an diesem Film ist der umwerfend großartige Vorspann von Saul Bass.

5-star (5/10)

Trailer (englisch):