Entfernte Stimmen – Stilleben (1988) [Kurzreview]

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[Ausschnitt aus dem Film „Distant Voices – Still Lives“, kein nachgestelltes Werbe/Promotion-Foto!]

Der Film „Distant Voices – Still Lives“ zählt in Grossbritanien als Meisterwerk und als Kultfilm (z.B. hat ihn das „Time Out Magazine“ zum „drittgrössten“ britischen Film gewählt), dennoch ist diese hohe Einschätzung wohl v.a. auch ein lokales Phänomen.

Inhalt: Der Film gewährt einen Einblick in das Leben einer Liverpooler Arbeitsfamilie während und nach des 2. Weltkrieges. Eines der Hauptthemen ist Gewalt in der Familie und der Umgang der Menschen jener Zeit damit.

Kritik: Einiges an diesem Film ist auch wirklich gut. Pete Posletheaite spielt auch hier – wie immer – grossartig, wenngleich ich die Performance der Mutter (Freda Dowie) für die sogar noch bessere halte. Auch ist die Atmosphäre des Films herausragend: Nicht nur die Kulissen spiegeln einwandfrei die Zeit wider, sondern auch die Art und Weise, wie der Regisseur die Bilder einfing, trägt gehörig dazu bei, dass man meint einen Film aus jener Zeit, den 40ern und 50ern, zu sehen. Er bediente sich, was gerade in der 2ten Hälfte des Films besonders augenscheinlich wird, eines Nostalgia-Filters. Der Weichzeichner und die Farbgebung, die manches Mal gar so wirkt, als wäre der Film nachcoloriert, erzeugen einen nostalgischen/melancholischen Flair, dessen Ästhetik aber wohl jedoch auch nicht jedem gefällt. (Natürlich ist das auch ein wenig verklärend und kitschig). In Zusammenklang mit den vom Regisseur gewählten Bildausschnitten hat man jedoch oft den Eindruck als würde man (bewegte) „echte Fotos“ aus jener Zeit betrachten.

Dennoch weiss der Film nicht gänzlich zu überzeugen. Der Film ist sehr collagenhaft zusammengesetzt (es werden Episoden aus dem Leben der Familie aneinandergereiht), was an und für sich noch kein Problem wäre, was aber dazu führt, dass dieser eigentlich keinen herkömmlichen „plot“ hat. Nichtsdestotrotz gibt es aber natürlich unzählige Filme, die dies auch gar nicht benötigen, da sie z.B. ihr Hauptaugenmerk auf die Betrachtung der Charaktere verlegen. Diese sind jedoch bei „Distant Voices – Still Lives“ vielmehr nur Oberflächen. Man bekommt keinen wirklichen Einblick was in der Psyche jener Menschen vorgeht. Aus diesem Grund bleibt der Betrachter aber auch stets nur ein distanzierter Beobachter, dem keine intimen Einblicke gewährt werden. Es passt vielleicht in jene Zeit, dass die Menschen alles „in sich hineinfressen“, nur wenig davon nach aussen tragen, aber als Zuseher lässt einem dann aus diesem Grund auch einiges viel mehr kalt. Es bleibt hier alles ein wenig oberflächlich. Ebenso wird die Thematik des häuslichen Missbrauchs lediglich oft so gezeigt, wie es zu jener Zeit Nachbarn vielleicht durch eine leicht geöffnete Tür erhaschen konnten. Diese Szenen zählen zwar zu den intensivsten des Films, aber eigentlich schaut die Kamera dabei weg. Heutige Filme würden die tatsächliche Brutalität viel expliziter darstellen, vor allem dann, wenn – wie hier – an einer Analyse der Umstände, warum dergleichen passieren könnte, kein Interesse besteht. Die Aspekte, warum Menschen derartige Aggressionen erzeugen, werden hier gänzlich ausgeblendet. Der Film ist also nicht daran interessiert aufzudecken, sondern lediglich daran es zu zeigen (und selbst das nur bedingt, denn tatsächlich ging und geht es viel brutaler als hier gezeigt zu). Darüberhinaus wird in diesem Film, der ohnehin schon ein wenig kürzer als herkömmliche Kinofilme ist, auch noch ca. 50% der Zeit gesungen. Wäre der Einsatz der Musik nicht gänzlich anders (es wird hier v.a. bei geselligen Abenden in der Gruppe gemeinsam gesungen), müsste man eigentlich von einem Musical sprechen. Ist jemand allein zu sehen, fängt er an zu singen, findet sich eine Gruppe von Menschen zusammen, dann erst recht. Es mag sein, dass zu jener Zeit in England viel gesungen wurde, für den Betrachter erzeugen diese Szenen im Laufe des Films jedoch unzählige Längen, die nicht nur zu nerven beginnen, sondern die man auch besser hätte nutzen können, selbst dann, wenn diese Lieder (Schlager, Volkslieder, Jazz- und Musicallieder) bei Betrachtern, die zu jener Zeit gelebt haben, bestimmt nostalgische Gefühle hervorrufen.

Fazit: „Distant Voices – Still Lives“ ist ein schön, jedoch auch sehr nostalgisch fotografierter Film, mit guten Schauspielern und einer ausgezeichneten Atmosphäre, der letztlich aber wegen des Fehlens einer Handlung oder einem tieferen Einblick in die Psyche der Menschen nicht so berührt, wie es aufgrund der Thematik der „häuslichen Gewalt“ vielleicht notwendig wäre. Es ist ein Film, der denselben Blick teilt, wie ihn auch die Menschen damals hatten. Jeder wusste von der häuslichen Gewalt, nebenan und im eigenen Hause, darüber gesprochen oder gar der Versuch unternommen diese missliche Lage zu analysieren wird jedoch nicht.

Wer Brite ist, zu jener Zeit gelebt hat und auch noch all diese Lieder kennt, wird an dieser Zeitreise bestimmt sein Vergnügen haben, für alle anderen ist es ein guter (oder besser: „okayer“), aber auch nicht wirklich herausragender Film (abgesehen vielleicht von der Bildästhetik v.a. der zweiten Hälfte des Films).

6-star 6/10

(gut bzw. okay, keine Zeitverschwendung, kann man sich ansehen, aber man verpasst nichts, wenn man ihn nicht gesehen hat)

(verzeiht mir etwaige Rechtschreibfehler. Da ich meist wenig Zeit habe, schreibe ich die Texte zumeist recht schnell „runter“. Derartige Rezensionen zu schreiben ist ja auch nicht mein Beruf. Wäre dies der Fall würde ich selbstverständlich mehr Zeit investieren – bzw. mehr Zeit investieren können 😉

Altered States – Der Höllentrip (1980)

Ken Russels „Altered States“ (dt. „Der Höllentrip“) fühlt sich an als ob (ein zugegebener Maßen braverer) Jodorowski auf Blockbuster-Kino trifft: Ein Hirnspaghetti-Apokalypsen-Big-Bang-Dada-Breitwand-Blockbuster-Kunst-Kitsch-Esoterik-irgendwas-Science Fiction-Werwolf-Böses Dschu Dschu-Out-of-Control-Mambo-Dschambo-Monster!
– mit Doktor-Titel!
Zwischen all das passen aber leider auch Längen und Hänger. Impressionen einer surrealen und hirnlosen Achterbahnfahrt:

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Dabei fängt doch alles noch so ‚down-to-earth‘ an: William Hurt (kaum wiederzuerkennen) spielt in diesem seinem Spielfilmdebut einen Wissenschaftler, der die Wirkung eines Isolationstanks auf die menschliche Psyche testet. Die Visionen, welche er in der Kindheit bereits hatte, kommen ihm nun auch im Selbsttest in diesem mit Wasser gefüllten Container. Sein Übereifer immer noch mehr erfahren zu wollen, in immer tiefere Erkenntnisse vorzustossen und die psychische Belastung aus diesen Tests hat schließlich auch langsam Folgen für sein Privatleben. Außerdem erfährt er noch von einer geheimnisvollen Droge eines Indianerstammes, die er für seine Experimente gebrauchen will, weswegen er zu diesem Stamm nach Mexiko fährt und sich einen Vorrat an dieser mysteriösen Substanz anlegt. Die Droge eröffnet ihm völlig neue Einblicke und die Experimente geraten langsam aber sicher ausser Kontrolle. Selbst sein Körper verändert sich auf seltsame Weise.

Das Alles ist im Grunde also eigentlich nichts anderes als die „übliche“ Dr. Timothy Leary mutiert zu Faust „meets“ Die Fliege „meets“ Werwolf-Geschichte, allerdings mit „ein ganz klein wenig“ Plus. Die Geschichte des verrückten Professors bzw. des Professors, der langsam aber sicher verrückt wird, und dann auch noch an sich selbst Experimente durchführt, hat in der Historie der Horrorfilme eine lange Tradition. Die Geschichte um „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ wurde bereits 1908 zum ersten Mal und seither über 30 weitere Male verfilmt, und mit der großartigen Neuverfilmung von „Die Fliege“ (1986; Original 1958) gibt es auch einen überaus bekannten und erfolgreichen Vertreter aus den 80er-Jahren. „Altered States“ hält sich jedoch nicht an diese konventionellen Schemata einer solchen Story, vielmehr zerfällt diese in 3 größere Abschnitte, die jeweils völlig andere Dinge in den Vordergrund stellen und der ganze Film geht schließlich auch weit über dieses Werwolf-ähnliche Thema hinaus..

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Der erste Teil, der schließlich auch die erste Hälfte der Spielzeit in Anspruch nimmt, stellt uns v.a. William Hurt als Wissenschaftler, sowie dessen Umgebung vor. Es wird viel Zeit dafür gewidmet, ihn und seinen Charakter zu präsentieren. Die Gespräche mit seinen akademischen Freunden sind zwar ziemlich pseudo-intellektuell, was kaum auszuhalten ist, helfen aber ihn und sein Umfeld besser zu verstehen. Ebenso wird seine Liebesbeziehung und sein Eheleben relativ ausführlich dargestellt, Im Mittelpunkt seiner Experimente steht hier noch die Fragestellung, ob psychologische Dispositionen überhaupt Krankheiten sind, oder ob sie nicht, in diesem besonderen Fall Schizophrenie, einfach nur ein anderer Bewusstseinszustand sind (siehe Titel „altered states“). Der Film geht in gewisser Weise sogar soweit, zu behaupten, dass diese einen Einblick in eine andere Wirklichkeit hätten. Ein weiterer Schwerpunkt in diesem ersten Abschnitt ist die Behandlung der Themen Religiosität und Spiritualität, was besonders in seinen Visionen eindrucksvoll zur Schau gestellt wird. Diese sind es auch, die den Film in der ersten Hälfte besonders sehenswert machen, da sie wirklich großartig aussehen.

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Diese erinnern zum einen an die Sujets surrealistischer Gemälde wie z.B. eines Salvador Dalí, aber auch in der Farbwahl und der Produktionsweise an das 90er-Jahre Musikvideo „Black Hole Sun“ der Band Soundgarden. An vielen dieser Szenen erkennt man zwar bei genauerer Betrachtung, dass diese im Studio bzw. mit Hilfe einer ‚blue/green box‘ gemacht wurden, was ihnen eine unglaubliche Künstlichkeit verleiht, andererseits aber auch gerade das den Charme dieser Bilder ausmacht. Sie sind formal und visuell zweifellos die Höhepunkte der ersten Hälfte des Films. Kunst und Kitsch gehen in diesem Passagen des Films eine wunderbare Liaison ein, die man so nur selten in einem Film zu Gesicht bekommt. Neben diesen religiösen Themen zeigen diese Visionen aber auch ein vermeintlich typisches Empfinden während eines Drogenrausches (siehe Titel „altered states“), wie z.B. bezüglich eines veränderten Zeitempfindens. Die Visualisierung dieser Erfahrung wurde wohl nur äusserst selten dermaßen grandios in einem Film dargestellt.

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Der zweite Teil des Films betritt dann eher das klassische Genre des Horror- bzw. eigentlich des Gruselfilms, denn der Protagonist des Films (ver)wandelt sich nun auch körperlich. Diese Passage rechtfertigt schließlich auch die ganzen Werwolf- und Mr. Hyde-Vergleiche. Die Verwandlungen sind zwar höchst anspruchsvoll, wenn man bedenkt, dass hier noch alles per Hand und ohne Computer gemacht wurde, aber es ist auch der Teil des Films, der die größten Längen aufweist. Schließlich kippt der Film aber zum Glück noch einmal und spätestens ab hier wird’s dann völlig durchgeknallt, was auch das Ende des Films in sich einschließt.

William Hurt ist vielleicht aufgrund seiner späteren Karriere (warum auch immer) nie zu einem ganz großen Schauspieler aufgestiegen, aber er ist auch hier dieser sympathische Kerl, der seine Rolle solide und gut spielt. Viel irritierender ist, dass man manches mal sogar vergisst, dass es William Hurt ist, weil er so anders aussieht. Er trägt keine Brille, hat seltsame Augen, noch volles Haar und runde Wangerl. Er sieht mit dieser Scheitelfrisur manches Mal fast wie ein junger Depardieu aus. Für seine ‚performance‘ erhielt er auf jeden Fall den Golden Globe für den besten Nachwuchsschauspieler. Neben ihm machen aber auch die anderen Schauspieler ihre Sache gut. Besonders interessant ist vielleicht noch, dass dies auch das Kinofilmdebut von Drew Barrymore war. Sie war jedoch erst 5 Jahre alt und spielt eines der Kinder, die man jedoch nur kaum zu sehen bekommt und man muss schon sehr aufmerksam sein, um sie nicht zu übersehen. Die eigentliche Hauptrolle des Films kommt jedoch – noch mehr als sonst – dem Regisseur zu. Ohne Ken Russel hätte dieser Film wohl gänzlich anders ausgesehen, denn man fragte, bevor man an ihn herantrat, bereits 26 andere Regisseure, die allesamt ablehnten dieses Buch von Paddy Chayefsky zu verfilmen.

persönliches Fazit:

Selten fiel es mir so schwer meine Meinung über einen Film Ausdruck zu verleihen, denn ich bin nicht nur nach dem Ende des Films verblüfft gewesen, sondern es war bereits während des Films eine reine Achterbahnfahrt. Was zunächst auf jeden Fall zu gefallen weiß, sind die z.T. wirklich großartigen, großartigen, großartig-einzigartigen Bilder. Seien es die Visionen oder jene Passagen, die einem an frühe Cronenberg-Filme erinnern oder auch dieser unglaubliche Schluss.

Problematischer ist hingegen die Handlung, die andererseits aber auch wieder, wegen der vielen Überraschungen, eine der Stärken des Films ist, denn nicht umsonst wird man gerade aufgrund dieser vielen Wendungen stets aufs Neue unterhalten. Doch der Film hat auch Längen und Hänger, was bei mir v.a. dann eintrat, als die klassische Gruselgeschichte begann, also ungefähr ab der Hälfte des Films. Wenngleich diese Werwolf-Variante im eigentlichen Sinne nicht absurder als ihre klassischen Vorbilder ist, so habe ich mich zumindest am Anfang gegen diese Erklärungen gewehrt. Das war für mich in diesen Momenten einfach zu hirnrissig, aber eigentlich hinterfragt doch auch niemand ernsthaft, ob Werwölfe tatsächlich möglich wären. Wenn sich jemand auf so einen Film einlässt, dann akzeptiert er einfach die Prämisse und hat auch Spaß daran. Das war mir in diesem Film – zumindest eine zeitlang – nicht möglich, obwohl ich es wirklich auch versucht habe. Erst am Schluss, als der Film völlig durchdreht, als er sich jedem nur erdenklichen rational Nachvollziehbarem völlig entzog und abhob, hatte ich dann wieder einen immensen Spaß daran.

„Altered States“ ist – und das sollte man auch nicht (so wie ich während des Betrachtens) vergessen – ein Film der 80er-Jahre, eine Zeit in der das Kino fantastisch war. „Gremlins“, „Ghostbusters“ und viele andere Filme waren weit davon entfernt realistisch zu sein, aber sie machten enorm Spaß. Solche Filme werden und können auch heute nicht mehr gemacht werden, was diverse Remakes bzw. Versuche an Fortsetzungen auch bereits schon bewiesen haben. (Leider wird aus diesem Grund auch „Ghostbusters 3“ scheitern, wenn sie es überhaupt noch wirklich wagen sollten). „Altered States“, wenngleich im eigentlichen Sinne nicht lustig und humorvoll, ist aber genau ein Vertreter dieser Filme. Er nimmt sich jedoch ernst (oder macht dies auch nur scheinbar), jedoch sollte man dennoch nicht ernsthaft nach Erklärungen suchen, denn die wird man nicht finden – bzw. man wird keine befriedigenden Erklärungen finden. Im Netz wird z.T. dann tatsächlich ernsthaft darüber diskutiert, um was für eine Droge es sich dabei gehandelt hat. Ha Ha! also wer nach diesem Film ernsthaft solche Fragen stellt, da wirds dann nur mehr besorgniserregend.

Eigentlich ist der Film saublöd, aber wenn man ihn, trotz der hohen Qualität, die er besitzt, als hirnlosen Trash betrachtet, ist er einfach fantastisch (hier nun wertend gemeint). „Altered States“ ist ein Film bar jeder Vernunft, aber er ist auch spannend, schräg, trashig, einzigartig, mitreissend, überraschend, unterhaltend und aufregend. Spätestens das Ende des Films ist so völlig abseitig, dass einem nur mehr der Mund offen stehen bleibt und man fragt sich, was das jetzt war. Auch wenn ihn das Time Magazine im Jahr 1980 unter die 10 besten Filme gewählt hat, so ist dieser jedoch weit davon entfernt, dass man ihn jedem empfehlen könnte. Er zählt zu dem absurdesten, was ich je gesehen hab und gleich mehrmals wirft es einem die Sicherungen aufgrund der gelieferten Erklärungen. Wer mit Trash-Filmen noch nie etwas anfangen konnte, sollte wohl auch hiervon die Finger lassen, denn es könnte sein, dass du dir verarscht vorkommst. Der Trash-Fan in mir, der welcher auch nach Überraschungen giert, würde ihn mir selbst jedoch auch wieder empfehlen, denn es hat auch enorm viel Spaß gemacht und war auf jeden Fall ein Erlebnis. Der Trash-Fan in mir, sagt aber auch, empfehle diesen Film ja nicht weiter, sie werden bös‘ sein auf dich. Diesen Film kann man eigentlich niemanden antun, den man nicht persönlich kennt. Eines steht jedoch fest: Das Ding ist auf jeden Fall einzigartig und hat Seltenheitswert!

1-star
(1/10; Hände weg-Wertung für: Choleriker; Leute, die sich leicht verarscht fühlen; Rationalisten; Leute, die Trashfilme verabscheuen; Leute, die 80er-Jahre Filme zu fantastisch finden)

4-star
(4/10; schlecht für: Normales Filmpublikum, welches eine glaubwürdige Story will und verlangt)

8-star
(8/10; flimmerspiegel-Wertung: sehr gut und empfehlenswert, weil einzigartig; jedoch nur für: Drogentypen, Kiffer, Trash-Fans, Esoteriker; Leute, die „Life Force“ mögen; Leute die auf Unterhaltung stehen, ganz gleich wie abstrus es auch ist; wer überrascht werden will; wer kein logisches Ende braucht; Leute mit sehr viel Humor)

An dieser Stelle dieses mal kein Trailer, da dieser viel zu viel verrät!

TerrorVision (1986)

Trash-Filme üben auf Viele eine unglaubliche Faszination aus. Entweder man findet so ziemlich jeden Schrott gut und hat Spaß dran – ist also ein richtiger Trash-Fan – oder man wurde durch einen der wenigen wirklich guten B- und C-Movies dazu angestiftet diese Art von Filmen zumindest theoretisch zu mögen. Für Letztere (zu denen ich auch mich zähle) ist die Suche nach den Perlen, in den weiten Welten des Mülls, allerdings oftmals eine überaus mühsame.

Terrorvision ist sich des Mülls, der aus dem TV kommt, durchaus bewusst, denn genau das ist auch das Thema des Films: Außerirdische verwandeln ihren Abfall, darunter auch gefährlich mutierte Haustiere, in reine Energie und schicken ihn als Energiestrahlen ins weite All. Die Familie Putterman empfängt nun mit ihrer neuen, aber eigentlich irgendwie auch kaputten Satellitenschüssel genau so ein Monster, das immer wieder aus dem Fernseher steigt und nach und nach die Familienmitglieder auffrisst.

Selbst wenn man noch kein Bild aus diesem Film gesehen hat, erkennt man bereits bei der Voraussetzung dieser ’story‘, dass es sich hierbei um einen 80er-Jahre-Film handeln muss. Realismus ist völlig irrelevant und nicht mal ansatzweise ist das auch nur ein angestrebtes Ziel, der Film soll vielmehr fantastisch sein und v.a. einfach nur Spaß machen. Die Idee, welche immerhin auch eine Gesellschaftskritik in sich birgt, klingt dann eigentlich auch noch ganz gut und der Film, der sich selbst auch nie als etwas anderes darstellen will, als Müll, nimmt sich selbst nie auch nur im Ansatz ernst. Es ist eine Sci-Fi-Horror-Komödie, wobei „Parodie“ vielleicht der bessere Begriff wäre, denn man macht sich auf eigentümliche Weise über das Genre lustig, auch wenn es nur sehr sehr selten auch wirklich lustig ist. Der Film und seine Charaktere sollen vielmehr ‚cheesy‘ sein, was nur schwer ins Deutsche zu übersetzen ist, weil es einfach uncool klingt, aber der Begriff ‚käsig‘ trifft es dann dennoch irgendwie ganz gut. Die Schauspieler sind niemals reale Figuren, sondern einfach nur doof und schrill, was sich sowohl an deren Stimmlagen, aber auch an deren Gesichtsausdrücken zeigt. Sie sind wie Abziehbildchen, wie Comicfiguren, die ihre Sätze sagen. Sie spielen im eigentlichen Sinn aber auch nicht schlecht, sondern vielmehr absichtlich völlig überzogen, was für viele Zuseher bereits unerträglich und wohl sehr anstrengend sein kann, aber genau so auch vom Film intendiert war.

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Überzogen sind dann natürlich auch die Charaktere der Familienmitglieder. Die Eltern sind Swinger und sexbesessen, laden im Laufe des Films dann auch ein anderes Paar zu sich nach Hause ein. Der Großvater lebt in einem Bombenschutzkeller, ist Waffennarr und stets bereit für den Kampfeinsatz. Der ca. 10-jährige Sohn ist von seinem Opa und dessen Waffen fasziniert, wie das halt in seinem Alter so ist. Die jugendliche Tochter ist ein MTV-süchtiger „Pop-Punk“, die an Cindy Lauper oder auch an die frühe Madonna erinnert und ihr Freund ist schließlich ein strunzdummer Hairspray-Rocker, der ständig Luftgitarre spielt. Damit ist dann aber auch schon alles bezüglich dieser Charaktere gesagt, da gibt es nichts was noch hinzukommen würde und diese Personen auch nur irgendwie tiefergehender zeichnen würde.

Die Künstlichkeit des Films zeigt sich jedoch nicht nur an der Handlung und der Charaktere, sondern auch wenn man sich den Handlungsort des Films ansieht. Der gesamte Spielfilm spielt in einem Haus, welches eine einzige Kulisse ist und an diverse ‚SitComs‘ (wie z.B. den ‚Bundys‘) erinnert. Allerdings sieht man diese Räume nicht nur von einer Seite, sondern sie haben durchaus schon mal 4 Wände und man bekommt auch sehr aussergewöhnliche Räume, wie z.B. einen Schutzkeller, einen Raum in billigem pseudo-antikem Stil, der wie ein schlechtes Luxus-Bordell aussieht, zu Gesicht. Der Film ist natürlich weit davon entfernt, wirklich teuer gewesen zu sein, aber es ist auch kein Produkt eines Nerds, der einfach nur Zuhause gedreht hat, sondern da steckt, wenn auch kein Riesenbudget, durchaus auch Geld drinnen.

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Das zeigt sich dann auch am Monster, das natürlich nie die Illusion erweckt, dass es ein echtes sein könnte, aber es ist für die Zeit dennoch auch nicht so schlecht gemacht. Dieses Monster aus dem All ist irgendwie eine Mischung aus übergroßem E.T., mit großen, oftmals rollenden oder schräggestellten Kulleraugen und großen Schneidezähnen, sowie dem Körper des Schleimbatzenmonsters Jabba aus „Star Wars“; das Ganze dann noch angereichert mit ein paar Extras wie einem Auge auf einer Tentakel, einem Greifarm usw. Das Ding ist schon ziemlich witzig und irgendwie auch recht cool. Die Fernsehlady mit ihren zur Schau gestellten Brüsten erinnert dann an die Trash-Kultfigur Elvira und die ebenfalls für diese Zeit recht gut gemachte Maske des anderen Außerirdischen könnte z.B. direkt aus „Star Trek – The Next Generation“ genommen worden sein, eine Serie, die immerhin erst Jahre später erschienen ist.

Fazit:

Der Film zählt bei einem ganz bestimmten Publikum als Kultfilm und das ist irgendwie, wenn man nach dem Film darüber nachdenkt durchaus (wenn auch nicht ganz so leicht) irgendwie sogar nachvollziehbar. Er hat zweifellos seinen ganz eigenen doofen Charme, aber das ist für einen normalen Filmkonsumenten und für die, welche dann doch lieber etwas Anspruchsvolles sehen, nur kaum nachvollziehbar. Er ist nämlich weder, im eigentlichen Sinn, lustig, noch hat er eine gute oder außergewöhnliche Handlung (abgesehen von der Ausgangssituation) – und er ist eigentlich auch weit davon entfernt, ein Horrorfilm zu sein, denn er ist weder blutrünstig, noch auch irgendwie spannend. Die Familie wird zwar nach und nach dezimiert, doch das ist nie auch nur ansatzweise vergleichbar mit einem Splatterfilm. Es bleibt (bis auf eine Ausnahme) stets harmlos und komödiantisch, sodass man fast meinen könnte, dass das auch am Nachmittag im Fernsehen laufen könnte. Nachdem die Familie größtenteils aufgefressen wurde, fügt man schließlich noch ein paar weitere Charaktere der Handlung hinzu, viel mehr ist dem Drehbuchautor und Regisseur dann aber auch schon nicht mehr eingefallen. Grundlegend bleibt’s beim „Schema F“: Einer wird gefressen, der Nächste wird gefressen und der Nächste… und der Nächste. Wer sich den Film 10 Minuten ansieht und hofft, es könnte noch irgendwann besser werden, irrt sich. Es bleibt im Wesentlichen so.

< Spoiler Anfang >

Einzig zu gefallen weiß, dass das Monster kurzzeitig von den Kids domestiziert werden konnte oder aber auch die Idee, dass das Monster die Köpfe der Aufgefressenen in sich aufnimmt und z.B. sprechen lassen kann, sodass es dann den noch übriggebliebenen Familienmitgliedern vorspielen kann, diese seien noch am Leben. Das ermöglicht dann schließlich auch diese halbwegs witzige Bettszene, wo die Köpfe der Eltern und des andere Swingerpärchen den Kindern versichern, dass eh alles okay wäre.

< Spoiler Ende >

Aber selbst das ist jetzt nicht so großartig, sondern nur minimal witzig. Die Sprüche sind dann z.T. auch richtig unerträglich und das Zielpublikum scheint dann wohl auch eher ein pubertierendes zu sein, wenn z.B. der Grieche sich als Homosexueller herausstellt, der es natürlich griechisch mag (wie sonst?) oder wenn dieser, noch bevor die Eltern es gecheckt haben, dass er schwul ist, fragt, ob der Vater ein „männliches Mann ist“ bzw. er „es nimmt wie eine Mann“. Wenn die Fans des Films solche Sätze dann auch noch als ihre Lieblingszitate aus dem Film angeben, sagt das schon recht viel über die komödiantischen „Qualitäten“ und auch das Publikum aus.

Nichtsdestotrotz ist der Film jetzt aber – trotz dieser vehementen, völligen Fehltritte, die aber wohl auch mit der Zeit, in der der Film entstand, zu tun haben – nicht so schlecht. Klar, er ist Schrott, er bleibt mit fortlaufender Spieldauer so schlecht wie er es schon in den ersten 10 Minuten ist, aber einzelne Momente bleiben einem nach dem Betrachten dann ja vielleicht doch in Erinnerung.

Was diesen Film tatsächlich zu einem richtigen Kultfilm gemacht hätte, wäre, wenn sie es als Musical angelegt hätten. Ein paar gute Songs, z.B. von den vier Köpfen, die bei der Bettdecke hervorschauen, ein cooler bluesiger Song vom Monster, dann noch ein Metal- und ein Punk-Song, ein paar weitere klüger angebrachte Gesellschaftskritiken (und nicht nur die Kritik am Fernsehkonsum), ein liberaleres Weltbild bzgl. der Sexualität wie z.B. bei der „Rocky Horror Picture Show“ und der Film – wenn auch dann ein ganz anderer – wäre ein richtiger Hammer gewesen. Dann hätte auch diese ‚cheesy‘ Spielweise der Schauspieler gut gepasst. So ist es ein Musical ohne Musik und inhaltlich ein eher langweiliger bis durchschnittlicher Film, wenngleich er zuweilen auch auf eine hirnleere Art und Weise unterhalten kann, WENN man ‚cheesy‘- Filme mag oder auch, wenn man sehr nostalgisch bezüglich der 80er-Jahre ist. Mir hat lediglich der Song des Vorspannes halbwegs gut gefallen, der mit der schrillen weiblichen Stimme an schräge ‚New Wave‘-Songs erinnert. Die Suche nach einem weiteren wirklich guten Trash-Film geht also weiter.

5-star
(5/10; zum Teil, wenn man sich bemüht, passagenweise halbwegs amüsant aber insgesamt dann doch eher unterdurchschnittlich, wenn man will auch schlecht und v.a. auch blöd. Seltsamer Weise wird er in der Erinnerung besser als er eigentlich ist. Daher die 5 und doch keine 4, wie ich direkt nach dem Sehen des Films für eher angebracht hielt.)

7-star
(7/10; sehr gut; allerdings nur für Fans von ‚cheesy‘-Filmen)

(Dieses Review wurde v.a. deshalb geschrieben, weil es nur kaum dt. Reviews hierzu gibt und wenn, dann wurden diese auch nur von Fans geschrieben. Ich fand es recht notwendig, dass man im Netz auch eine objektivere Meinung dazu findet, sodass manche sich die Zeit, den Film anzusehen, ersparen können, wenn sie das hier lesen).

TerrorVision, kompletter Film, Sprache: Deutsch

TerrorVision, kompletter Film, Sprache: Englisch

https://www.youtube.com/watch?v=3gWW_LvuAYw

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Terrorvision (1986); Regie: Ted Nicolaou; Drehbuch: Ted Nicolaou; Produzenten: Charles & Albert Band, u.a.;  Darsteller: Diane Franklin, Mary Woronov, Gerrit Graham,  Chad Allen, Jon Gries, u.v.a.