Gratis Filme im Netz – Teil 1: Platz 6-10

Illegale Streaming-Seiten kommen immer mehr in Zugzwang, sprich: Einzelne der Anbieter, wie unlängst die Betreiber von „kinox.to“ und „movie4k“, befinden sich mittlerweile bereits gar auf der Flucht. Kaum eine populäre Nachrichten-Seite die nicht zumindest einmal im Monat diesem Themenbereich ein paar Zeilen widmet. Der Aufbau dieser News ist stets derselbe: Zunächst die neuesten Vorkommnisse, gefolgt von der Aufzählung diverser Webseiten, die gratis und legal Filme im Netz anbieten und schließlich die „Video-On-Demand“-Anbieter, die mittlerweile ohnehin schon jeder kennt, und die kommerziell Filme zum Download anbieten.

„flimmerspiegel“ ist keine Nachrichtenseite, daher kann ich Dir hier nichts Neues berichten und auch die beiden anderen Punkte möchte ich nur in äusserst kurzer und aufzählender Form schnell abhandeln. Das was ich hier vielmehr leisten will, ist das was in den anderen Berichten meist auf der Strecke bleibt und eigentlich diese Artikel oft bezüglich ihres Informationsgehalts auch sinnlos erscheinen lässt. Die Alternativen zu „kinox.to“ werden nämlich zunächst zumeist tendenziell hoch gepriesen, oder zumindest hat man das Gefühl, man würde das tun, letztlich lässt man jedoch den Filmfan zu Hause, abgesehen von der Nennung der Seiten, völlig im Stich. Der Besuch dieser alternativen Gratis-Anbieter stellt sich nämlich dann als doch sehr ernüchternd heraus. Zu 99,9% findet man auf diesen Seiten schlechte bis grenzwertige B- wenn nicht gar C-Movies, die vielleicht noch vom Cover her viel versprechen, sich beim Betrachten derselben allerdings als reine Zeitverschwendung herausstellen. Man hat fast den Eindruck, dass die Nennung dieser Webseiten nur dazu dient, enttäuschte Konsumenten letztlich doch wieder nur in die Hände von „Netflix und Co.“ zu treiben, die ja stets in diesen Artikeln auch gleich danach genannt werden. Tatsächlich lässt sich in den Weiten des Mülls dieser Gratis-Film-Anbieter aber doch das ein oder andere Juwel entdecken, aber die Wenigsten wissen, welche das sind, und auch die Wenigsten werden diese überhaupt finden.

Nach dem Aufzählen der diversen Anbieter möchte ich Dir also meine persönlichen Top 10 dieser Gratisfilme vorstellen. Da ich viele dieser Filme jedoch bereits vor Jahren gesehen habe, wird es dazu – zumindest jetzt noch nicht – keine ausführlichen Reviews geben, stattdessen werde ich vielmehr aus meiner Erinnerung nur kurz über diese schreiben, sodass der Leser ausreichend Infos über die jeweiligen Filme hat. „Spoilerfrei“ sind diese Kurzbeschreibungen also schon mal auf jeden Fall.

kommerzielle Video-On-Demand-Anbieter:

Die bekanntesten unter diesen sind wohl Netflix, maxdome, amazon instand video, itunes und snap von sky. Neben diesen drängen jedoch auch noch weitere, kleinere Anbieter auf den Markt, wie z.B. watchever, videoload, wuaki.tv, mediamarkt, videobuster, viewster, video unlimited und Warner VOD. Über die Qualität all dieser Anbieter kann ich leider nichts berichten, da der Autor dieser Zeilen schlicht bei keinem dieser Anbieter ist und noch viel weniger diese dann auch noch vergleichen könnte, allerdings gibt es dazu im Netz ohnehin einige Webseiten, wie z.B. diese: https://www.vetalio.de/video-on-demand

Warum ich dennoch diesen Punkt nicht aussparen wollte, lag vielmehr daran, dass der wohl beste Anbieter zumeist gar nicht erst genannt wird – wobei „Beste“ selbstverständlich relativ ist und klarerweise sehr vom eigenen Filmgeschmack abhängig ist. Wer auf große Hollywood- und Blockbuster-Produktionen steht, wird mit den oben genannten „Netflix und Co.“-Anbietern wohl am glücklichsten werden, wer jedoch große Klassiker, hochwertige Independent- und arthouse-Filme sucht, wohl eher weniger und schließlich wird der/diejenige ziemlich sicher dann auch verzweifeln, denn um dergleichen Publikum scheren sich die oben genannten Anbieter nur äusserst wenig. Die beste Seite für dergleichen Filmfans ist „mubi“, denn dort findet man nämlich gerade nicht jene Streifen, die im nahegelegenen UCI-Kinokomplex laufen, sondern eher jene der kleinen Programmkinos. Das Ganze hat allerdings einen (vielleicht nicht unwesentlichen) Hacken: nahezu alle Filme sind auf Englisch (bzw. in Originalsprache mit englischen Untertiteln)! Wer also dieser Sprache nicht allzu mächtig ist, oder beim Konsumieren von Filmen sich v.a. entspannen möchte, sie noch immer vielmehr als Unterhaltung, denn als Kunst sieht, wird hier neuerlich enttäuscht werden. Wer allerdings offen dafür ist, Filme auch in der Originalsprache zu sehen, wird hier ein regelrechtes Paradies vorfinden, denn viele dieser Filme sind sonst überhaupt nirgends zu finden, weder bei den anderen großen Anbietern, noch auf DVD im deutschsprachigen Raum, noch auf den illegalen Plattformen. „mubi“ ist also auf jeden Fall einen Blick wert! (es gibt auch mubi-Apps, sogar eine für die Playstation3)

legale Anbieter von Gratisfilmen:

Dennoch… bei all den oben gerade Genannten muss man Geld ausgeben, bevor man überhaupt etwas zu Gesicht bekommt. Interessanter erscheinen dahingehend die Anbieter, die ohne Entgeld ihr Angebot ins Internet gestellt haben. Die drei grössten und bekanntesten Anbieter im deutschsprachigen Raum sind wohl MyVideo, Clipfish und Netzkino. Im Großen und Ganzen bieten alle 3 aber leider auch dieselben Filme an, nämlich jene, deren Copyright-Lizenzen abgelaufen sind oder freigegeben wurden und alle drei Anbieter scheinen sich gegenseitig wohl auch dahingehend zu inspirieren, was man ins Angebot nimmt. Die Aufmachung aller drei Webseiten ist ziemlich professionell und der Aufbau unterscheidet sich nur in Nouancen (z.B. bietet Netzkino einen Reiter an, mit dessen Hilfe man die Filme auch z.B. nach „Arthouse“ oder „Queer“-Cinema aussortieren kann). Die Covers scheinen zum Teil sogar extra für die Seiten gemacht worden zu sein, was zwar oft sehr schön aussieht, aber letztlich nur der typischen B-Movie-Filmindustrie-Strategie entspricht, nämlich nichts anderes gewährleisten soll als den Konsumenten zu täuschen. Diese Film-„Cover“ sehen nämlich oftmals viel hochwerter aus, als der Inhalt schließlich einlösen kann bzw. sie sehen z.B. auch neuer aus, als sie tatsächlich sind. Manches Mal bekamen die Filme gar einen neuen Titel oder ihre Titel lehnen sich so sehr an große, bekannte Produktionen an, sodass viele in die Falle tappen und glauben es handle sich tatsächlich um diese Qualitätsprodukte aus Hollywood (Der „englische Patient“ wird dann z.B. schnell auch mal zum „amerikanischen Patienten“ usw.). Alles Strategien, die man auch schon aus der Videothek kennt, nur dass man dort eben dafür auch noch zahlen musste. Dass es aber auch auf diesen Plattformen durchaus ein paar wenige gute Filme zu entdecken gibt, dazu später mehr.

Hier nun die Aufzählung einiger Gratis-Anbieter im Netz: MyVideo, Clipfish und Netzkino wurden ja schon genannt. All diese haben auch Apps für Smartphones und Tablets im Angebot, der Letztgenannte ist jedoch ebenfalls auf YouTube zu finden – und YouTube ist natürlich überhaupt eine gute weitere Quelle für Gratisfilme, allerdings verschwinden dort auch sehr viele Filme sehr bald wieder, weil sie oft sehr bald wieder gelöscht werden. Wenn man über YouTube sucht, muss man allerdings überhaupt auch erst einmal den Titel des Films kennen und diesen im Suchfeld eintragen. Bis man auf diesen Weg also endlich einen gewünschten, guten Film findet, kann sehr viel Zeit vergehen. Das Abonnieren diverser Kanäle kann dabei zumindest schon ein wenig helfen. Da wie dort handelt es sich jedoch bei dem Angebotenen abermals um ca. 99% „Schrottfilme“. Folgende Kanäle auf YouTube sind diesbezüglich interessant: Netzkino, CiNENET Deutschland, webloadtv und Timeless Classic Movies. (Solltest Du weitere kennen, schreibe diese bitte in einen Kommentar zu diesem Beitrag!)

Die Top 10 der legalen Gratisfilme im Internet:

Natürlich handelt es sich bei einer solchen Reihung immer um eine höchst subjektive Auswahl. Tatsächlich wäre für jeden der Filme eine Nennung als Platz 1 legitim, es kommt schließlich auf die Vorlieben eines jeden Filmkonsumenten an, aber eine solche Reihung macht irgendwie Spaß und schließlich wird mir wohl zumindest spätestens bei Platz 1 jeder Filmfan dann auch Recht geben. Dass dieser Film gratis zu haben ist, ist überhaupt eine große Überraschung. Ausserdem möchte ich darauf hinweisen, dass ich auch noch mehr hochwertige Filme als diese 10 gefunden habe und ich auch in nächster Zeit noch weitere erst noch schauen muss, sodass diese Top 10 eigentlich nur vorübergehend von Bestand sind und in Zukunft möglicherweise noch weitere Artikel folgen werden, um eben auch neuere Entdeckungen vorzustellen. Mal schau’n! Ausserdem habe ich einige große Klassiker wie z.B. die von Hitchcock oder aber auch Western ganz bewusst ausgespart. Viele von diesen sind einfach auch schon zu bekannt und daher für den Leser weniger interessant. Auch diese werden dann wohl in einem seperaten Blogeintrag vielleicht noch besprochen werden. Darüber hinaus möchte ich an dieser Stelle auch noch einmal etwas in Erinnerung rufen, dass ich auch schon weiter oben geschrieben habe. Es handelt sich bei den folgenden Textabschnitten nicht um „Reviews“! Viele der Filme habe ich vor vielen Jahren gesehen, weiss deren Inhalt auch nicht mehr so genau und kann sie deswegen auch nicht genau besprechen. Ich schreibe also lediglich davon, was von der Story oder der Stimmung in Erinnerung geblieben ist, und wie ich den Film damals bewertet und empfunden habe. Diese kurzen Einführungen in die jeweiligen Filme sind also vielmehr als Anregungen zu verstehen, sodass Du Dir den einen oder anderen ansiehst. Nun aber wirklich zu diesen Top 10. Viel Spass!

Russianark

Platz 10: „Russian Ark – eine einzigartige Zeitreise durch die Eremitage“ (2002) – Der Filmhistoriker- und Cineasten-Tipp.

Zugegeben! Die Top 10 mit einen Film wie diesen zu beginnen, ist äusserst mutig, denn das Wort „einzigartig“ im deutschen Zusatztitel muss man in der Tat Ernst nehmen. Der Film ist so speziell, dass er wohl nur einem äusserst geringem Teil der Filmliebhaber auch wirklich gefällt. Es ist weder ein amerikanischer Film, noch hat er eine durchgehende, verständliche Handlung. Darüber hinaus ist er auch noch äusserst langsam, wirkt auf einen herkömmlichen westlichen Betrachter irgendwie auch fremdartig und schließlich behandelt er auch noch 2 Themen, die nicht gerade für große Unterhaltung stehen, nämlich ein Museum (die Eremitage in St. Petersburg) und die Geschichte Russlands, welche episodenhaft nachgestellt wird, wie man das aus diversen kommerziellen TV-Dokumentationen kennt. Diese Passagen sind lose durch eine Person verbunden, die sich quasi während des Gehens durch die Räume auf eine Zeitreise im Winterpalast begibt. Der Film ist also KEIN Unterhaltungsfilm, keiner der jetzt unbedingt „Spaß macht“, vielmehr ist er etwas für Hardcore-Cineasten und Arthouse-Liebhaber, der jedoch darüber hinaus auch noch einen immens guten Ruf genießt.

Dieser Ruf gründet allerdings nicht nur darauf, dass er schön anzusehen wäre, oder dass die zwar auf historischen Vorkommnissen aufbauende, aber irgendwie doch surreale „Geschichte“ besonders interessant wäre, was beides jedoch durchaus auch(!) zutrifft, sondern vielmehr ebenso auf einem technischen Aspekt. Es ist derselbe Aspekt weshalb Hitchcocks „Rope (Cocktail für eine Leiche)“ immer wieder besprochen wird, nämlich, dass Hitchcock versuchte den Film möglichst so darzustellen, als wäre er in einzigen Einstellung (in einem einzigen „take“) gedreht. Tatsächlich beinhaltet „Rope“ jedoch 5 Schnitte, wenngleich diese irrsinnig gut „cachiert“ sind und dem Betrachter nur, wenn er/sie äusserst aufmerksam ist, auffallen. „Russian Ark“ treibt dies nun wirklich auf die Spitze! Der gesamte Film mit der Länge von 96 Minuten wurde in einem einzigen take „durchgezogen“, zeigt also keinen einzigen Schnitt und das ist filmhistorisch gesehen einfach schon ein irrsinnig interessantes Unterfangen. Der Kameramann lief also mit einer einzigen „Steady-Cam“ durch dieses riesige Gebäude und alles was geschah und zu sehen ist, musste richtig ge“time“t werden. Man muss sich nur vorstellen, was das auch an Vorbereitung bedurfte, sodass alle Schauspieler und Statisten (von denen es in einer Szene z.B. an die 100 gab) zum richtigen Zeitpunkt, am richtigen Ort auch die richtige Handlung ausführen. EIN Fehler, und wäre dieser bei Minute 78 passiert: man hätte wieder von ganz vorne beginnen müssen – einfach unglaublich, dieses Unterfangen!

Eine weitere Besonderheit ist, dass man selbst der Besucher der Eremitage ist. Wie man dies aus Computerspielen kennt, ist man nicht nur stiller Beobachter, den die anderen nicht sehen, sondern man verfolgt alles vielmehr aus der „Ego-Perspektive“. Man selbst ist die Kamera – und eine vor Ort existierende Person.

Der Film ist vielleicht weniger unterhaltsam, wie ein Mainstream-Standard-Film um 20:15, aber aus filmhistorischer Sicht bedeutend. Wer es allerdings durchsitzt, kann – wenn er schon keinen „künstlerischen Genuss“ daraus zieht – zumindest angeben einen Film gesehen zu haben, der keinen einzigen Schnitt aufweist. Ich muss zugeben, direkt nach dem Betrachten des Films war ich gar kein SO großer Fan des Films, aber ich bin froh, ihn gesehen zu haben und viel später lernte ich diese Erfahrung von damals doch sehr zu schätzen. Dennoch nur eine Empfehlung für Cineasten und „Standhafte“, aber es ist ein Film, der wegen seiner Aussergewöhnlichkeit, einfach hier auch genannt werden musste. Schließlich ist es aber auch aus anderen Gründen nachvollziehbar, warum der Film von Manchen so geliebt wird. Wer allerdings bereits nach 10 Minuten erkennt, dass er/sie damit nur wenig anfangen kann, kann auch getrost abschalten, denn der Film bleibt im Wesentlichen dann auch so. (Bewertung: von 6/10 bis 9/10, je nachdem was man sich von einem Film erwartet)

Hier der Film (Auf YouTube findet man auch eine Version in Russisch mit englischen Untertiteln! Das war die Version, die ich damals gesehen habe, daher weiß ich nicht, wie gut oder schlecht die deutsche Synchro ist):

http://www.netzkino.de/arthousekino/russian-ark-eine-einzigartige-zeitreise-durch-die-eremitage.html

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

charade

Platz 9: Charade (1963) – der „leichte Unterhaltungs“-Tipp.

Viel leichter zu konsumieren ist da schon Charade, ein Film aus dem Jahr 1963, der mit so illustren Stars wie Cary Grant, Audrey Hepburn, Walter Mathau und James Coburn aufwarten kann. Es ist ein Film, der einfach Spaß macht und aus Versatzstücken einer Kriminalkomödie, einer Screwball-Komödie und eines Agentenfilms zusammensetzt ist. Es ist aber v.a. auch ein Film, der durch seine überraschenden Wendungen immer wieder aufs Neue zu überraschen weiß. Wer Screwball-Komödien und Alfred Hitchcock-Filme mag, sollte hiermit seine Freude haben, auch wenn Hitchcock nicht der Regisseur war, sondern lediglich ganz offensichtlich nur Pate stand. Wäre es ein Hitchcock, so würde er wohl zu seinen besseren, wenn nicht gar besten (5-10?) Werken zählen. Empfehlenswert! (8/10 Punkten)

http://www.myvideo.de/filme/charade-m-7966599

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

machuca-mein-freund-2004

Platz 8: Machuca, mein Freund (2004) – der links-politische Südamerika-Tipp.

Der Film handelt von einer Kinderfreundschaft in Chile der 70er-Jahre vor dem Hintergrund des „rechten“ Putsches gegen den gewählten, sozialistischen Präsidenten Allende. Allendes Vorstellung einer sozialen Gerechtigkeit spiegelt sich in dieser Freundschaft der beiden Kinder aus sozial-unterschiedlichen Schichten wider. Ein sympathischer „coming-of-age“-Film mit eindeutig politischer Aussage. Wer sich selbst als politisch eher links-gerichtet versteht und auch einen Hang dazu hat, sentimental auf seine Kindheit zurückzublicken, sollte an diesem Film seine Freude haben. (8 oder gar 9 von 10 Punkten, je nach Anfälligkeit bezüglich der oben genannten Aspekte)

http://www.myvideo.de/filme/machuca-freund-m-7641437

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

nuitnoire

(ich habe ein anderes, wohl älteres „cover“ gewählt, da dieses viel besser zur Stimmung und dem Stil des Films passt. Die Internet-Anbieter des Films verwenden meist ein neueres Motiv, das aussieht als würde es sich um einen normalen Horrorfilm handeln. Davon also nicht abschrecken lassen, sollte das Cover dann anders aussehen!)

Platz 7: nuit noir – die schwarze Nacht (2005) – der Tipp für David Lynch-Lieberhaber.

„Nuit Noir“ ist wiederum neuerlich etwas äusserst Spezielles! Dieser Film kann eigentlich nur einer überaus kleinen Gruppe an Filmliebhabern empfohlen werden, ist aber für diese dann auch ein kleiner Juwel und Geheimtipp. Voraussetzung um diesen Film mögen zu können, kann auf einen recht einfachen Nenner gebracht werden: Magst du Filme von David Lynch, oder nicht? Wenn nicht, dann lass die Finger hiervon, wenn doch, dann sieh in dir an. Es ist nicht so, dass dies ein David-Lynch-Clone wäre, aber die Erzählweise, die Art wie die Handlung voranschreitet hat dann doch sehr viel mit dem Meister des neueren, surrealen Kinos gemeinsam. Er sieht „cool“ aus, hat eine Stimmung als wäre es eine Kafka-Verfilmung und ist einfach nur faszinierend. Ich glaube nicht, dass diesen Film Viele kennen, aber er ist für dieses, ganz spezielle Publikum auf jeden Fall einen Blick wert. Geheimtipp für „Eingeweihte“ ^_^ (9 von 10 Punkten für Lynch-Liebhaber. Alle anderen: Lasst die Finger davon!)

https://www.youtube.com/watch?v=epdk7KHMXUs

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

Karakter

Platz 6: Karakter (1997) – der europäische Film-weniger Cannes, vielmehr Auslands-Oscar-Tipp

Irgendwie weiss man schon vorher, welche der europäischen Filme den Auslandsoscar gewinnen werden, zumindest war das bis in die 90er-Jahre nahezu immer an einem bestimmten Schema orientiert: Der Film muss v.a. „fett(!)-episch“ sein. Wenngleich der niederländische Film vielleicht kein eindeutiger Vertreter dieses episch-fetten Films ist und auch diese Beschreibung der Formel nur ungenügend mit diesen wenigen Worten anskizziert werden kann, so hat er doch einen leichten Hang dazu. Es ist irgendwie ein Spagat aus anspruchsvollem, europäischen Kino und einem Unterhaltungswert, der keineswegs zu kurz kommen darf. Das macht den Film aber gleichzeitig keineswegs nun schlechter. Inhaltlich geht es um eine Beziehung zwischen einem Sohn und dessen machtgeilen, despotischen leiblichen Vater, den der Sohn jedoch eigentlich nur kaum kennt. Zugegeben, es ist nicht immer ganz nachvollziehbar, warum sich die beiden so hassen, oder was sie dazu bringt, so zu handeln, aber andererseits macht dieses Unausgesprochene auch einen gewissen Reiz des Films aus. Vor allem ist der Film aber optisch, schauspielerisch und atmosphärisch beeindruckend. Wer Filme mag, die den Auslands-Oscar gewinnen, dies ist ein Film für dich! (Bewertung 9 von 10 Punkten)

(Auf YouTube findet man auch eine Version in Originalsprache mit Untertiteln!)

http://www.myvideo.de/filme/karakter-m-9088280

sollte der Link nicht mehr funktionieren, probiere einen anderen Anbieter (Netzkino, myvideo, clipfish, youtube), denn meistens bieten alle 3 denselben Film an! Ausserdem ist es gut möglich, dass der Film auf YouTube auch noch in Originalsprache zu finden ist. Ich habe allerdings stets eine deutsche Sprachversion verlinkt.

Vorschau auf die Filme mit den Plätzen 1-5:

Was erwartet dich im nächsten Blog-Eintrag, den ich hoffentlich möglichst bald erstellen werde?

Auch die folgenden Filme decken ein weites Spektrum an Filmen ab, sodass für jede/n zumindest ein Film dabei sein sollte. Einer der Streifen ist ein höchst schräges asiatisches Filmabenteuer, ein hysterisch, buntes, experimentelles Filmchen mit Tiefgang. Ein Schatz von einem Film, den man nur selten findet. Aufgeschlossenheit für Neues ist jedoch Voraussetzung.

Platz 4 belegt ein höchst realistisch anmutendes Drama um eine Frau aus dem früheren Ostblock, wobei man heute wohl eher einfach nur „Osteuropa“ schreiben sollte. Traurig, spannend und v.a. aber auch mitreissend.

Neben „Charade“ findet man dann auch noch einen weiteren amerikanischen Film in meinen Top 10 der Gratisfilme im Netz. Ein Film eines damals noch wilden Regisseurs, der heute wohl zum anspruchsvolleren Mainstream gehört. Neben dem Regisseur sind es aber auch die beiden Schauspieler die diesen Film tragen und die ebenfalls heute zu den wohl grössten der Filmgeschichte zählen. Der eine wurde – unter anderem! – berühmt durch eine Szene vor einem Spiegel.

Platz 2 ist wiederum ein Film, den zu Unrecht keiner kennt. Auch dieser ist schräg und überraschend. Ein weiterer osteuropäischer Film, dieses Mal jedoch skurril, humorvoll, aber auch morbid. Ausgefallenes Kunstwerk.

Den Abschluss bildet dann ein Film, den vermutlich aber bereits ohnehin jede/r kennt. Ein überaus brutaler asiatischer Rache-Film, der v.a. bei Filmliebhabern beliebt ist, die dem „alternativen Mainstream“ anhängen. Also Leute, die v.a. die Helden der 90er-Jahre verehren, wie Tarantino usw. Aber wer tut das denn eigentlich nicht? 😉 Es ist vielleicht der Film, der die „Süd-Koreaner“ das erste Mal für ein breiteres Publikum im Westen interessant machte und der den folgenden Hype für Filme aus diesem Land im Westen wohl (u.a.) einleitete und mitbegründete.

Wer den nächsten Blogeintrag und die darin vorgestellten Filme nicht verpassen will, kann gerne meinen Blog auch abonieren 😉 ich würde mich freuen.

Studio Ghibli – hinter den Kulissen

„‚Die Legende der Prinzessin Kaguya‘ und ‚Wie der Wind sich hebt‘ sind die letzten Filme von Myazaki und Takahata“, „Studio Ghibli wird in Zukunft keine Kinofilme mehr produzieren“ und sogar „Das Studio Ghibli sperrt zu“ waren Aussagen die in den letzten Monaten in den Medien „herumgeisterten“. Nicht nur ein Schock für den Fan des Zeichentrickfilms, sondern auch ein Verlust für die Filmwelt insgesamt, denn Filme wie die über „Chihiro“ und „Mononoke“ schrieben Filmgeschichte und behaupten zu Recht eine Stellung neben den ganz Großen des Kinos. Nie wieder werden wir Filmliebhaber also in neue wunderbare Welten dieser beiden Meister des Animationsfilms eintauchen können. Man kann es nicht anders ausdrücken: Es waren unvergessliche und magische Momente des Kinos, welche uns diese beiden Herren beschert haben:

Wie erst neulich bekannt wurde, sind die Tage von Studio Ghibli aber doch noch nicht gezählt. Mangels (halbwegs!) gleichwertiger Nachfolger für Miyazaki und Takahata scheint man sich aber wohl vorerst in Zukunft auf weniger riskante TV-Serienproduktionen konzentrieren zu wollen. Umstrukturierungen scheinen aufgrund des Fortgangs der beiden Meister notwendig zu sein. Beide Regisseure quasi zeitgleich zu „verlieren“ stellt zweifellos eine weitreichende Zäsur in der Firmengeschichte dar. Ein guter Grund auch einmal innezuhalten, zurückzublicken und hinter die Kulissen dieses renommierten japanischen Studios zu schauen. Zwei von ihrem Ansatz her völlig unterschiedliche filmische Dokumentationen leisten genau das:

„DER TEMPEL DER TAUSEND TRÄUME – Miyazaki und das Ghibli-Studio“ (Orig. „Ghibli et le mystère Miyazaki“)

– ist eine TV-Dokumentation aus dem Jahre 2005, dessen Entstehungsanlass ganz offensichtlich war, dass „Das wandelnde Schloss“ gerade in die europäischen Kinos kam. Wer nun befürchtet, dass es sich hierbei um eine versteckte Werbesendung handelt – wie man das etwa von deutschen Privatsendern kennt, wenn diese mal einen neuen Film vorstellen – kann sich getrost zurücklehnen, denn so schlimm ist es nicht. Schließlich wurde diese Doku ja auch von „arte“ produziert und ausgestrahlt. Nichtsdestotrotz fehlt hier die eigentlich verbindliche (oder sonst zumindest angestrebte) Objektivität eines wirklichen Dokumentarfilmers und der Grundtenor gegenüber „Studio Ghibli“ ist auch hier ein überaus positiver. Der für diesen Film Verantwortliche war ganz offensichtlich ein Fan des Studios, aber wie soll man ihm das auch übel nehmen?! Die Stärken dieser TV-Doku liegen also weniger in der journalistischen, aber auch nicht in der künstlerischen Qualität des Films, sondern vielmehr bezüglich der gebotenen Informationen – und zwar sowohl für Fans, als auch für diejenigen die über das „Studio Ghibli“ noch gar nichts wissen. Letzteren wird der Einstieg v.a. durch die vielen Filmausschnitte, aber auch durch kurze thematische „sidesteps“ erleichtert, wie z.B. der Hinweis (der im dt.spr. Raum leider immer noch notwendig ist), dass sich Animes (jap. Zeichentrick-/Animationsfilme) nicht nur an Kinder, sondern durchaus auch an Erwachsene wenden, oder aber auch, dass japanische Comics ihren möglichen Ursprung in den „emakimonos“ haben könnten (kunsthistorisch höchst relevante hochqualitative Bildwerke auf Papierrollen). Fans werden sich über Hintergrundinformationen, die man sonst nirgends erhält, freuen (wenn man genau hinsieht, wird man z.B. erkennen, dass „Pom Poko“ ganz offensichtlich durch ein solches „emakimono“ sehr stark beeinflusst wurde). Man erfährt z.B. wo und wie sich die wichtigsten Personen des Studios kennengelernt haben, deren politischen Background (68er-Generation), die wichtigsten Einflüsse für die Zeichner (die überraschenderweise in Europa und da v.a. in Frankreich liegen), welche Einflüsse in „Pom Poko“, „Nausicäa“ und „Mononoke“ u.a. zu finden sind usw. Weitere Themen sind Miyazakis Stellung gegenüber dem Kommerz und der Unterhaltungsindustrie,  sowie sein offensichtliches und in seinen Filmen immer wieder wiederkehrendes und bestimmendes Thema „Natur“. Wenngleich im Untertitel nur Miyazakis Namen Erwähnung findet (was wohl eher eine kommerzielle Entscheidung war), so wird Takahata in diesem Film keinesfalls ausgespart! Seinen Filmen gewährt man wohl ungefähr gleich viel Zeit innerhalb dieser Dokumentation, ja vielmehr kommt dieser als Gesprächspartner sogar viel öfters und länger vor als sein vielleicht bekanntere Schüler (Dass Miyazaki überhaupt zu Wort kommt, ist vielmehr sogar einem Zufall zu verdanken, denn ursprünglich wollte er nämlich gar nicht vor die Kamera treten). Überhaupt erhält der Zuseher einen Großteil der Informationen über Interviews, wobei nicht nur Studio Ghibli-Mitarbeiter zu Wort kommen, sondern auch Fans, ein Psychologe und z.B. eine Synchronsprecherin. Yves Montmeyeurs Film gewährt aber eigentlich keinen intimen Einblick hinter die Kulissen, vielmehr ist sein Film ein Blick aus der Ferne auf diese Firma. Der Mythos und die Magie, welche diesem Studio anhaftet, bleibt unangetastet.

Fazit: „Der Tempel der tausend Träume“ ist eine kurze (50 mins.) und überaus leicht konsumierbare, jedoch künstlerisch und journalistisch eher durchschnittliche TV-Produktion. Aufgrund der hier gegebenen Informationen ist/war es aber trotzdem eine recht gute Sendung. Für Fans der Filme aus dem Hause „Studio Ghibli“ wird hiermit sogar eine explizite Empfehlung zum Anschauen ausgesprochen!

7-star

(7/10; gut bis sehr gut; als TV-Produktion!)

8-star

(8/10 für Fans von „Studio Ghibli“; sehr gut bzw. sogar eine Empfehlung sich die Sendung anzusehen)

Leider gibt es die Sendung nun nicht mehr komplett auf YouTube! Man muss diese also entweder woanders suchen oder aber man begnügt sich mit der noch existierenden Version auf dieser Plattform. Bei dieser fehlen jedoch von 50 mins. Gesamtlaufzeit ca. 10 mins. Außerdem ist der Film in 4 oder 5 Teile zerschnitten worden:

61GavMOR-2L._SX200_QL80_

„THE KINGDOM OF DREAMS AND MADNESS“ (Orig. „Yume to kyôki no ôkoku“, 2013)

Während die vorher besprochene Dokumentation Miyazaki sogar im Untertitel nennt, er selbst jedoch eigentlich so gut wie nicht vorkommt, so zeigt sich hier ein nahezu umgekehrtes „Bild“. Keiner der beiden großen Regisseure wird hier zwar im Titel genannt, aber das Cover zeigt sie beide. Die tatsächliche Hauptperson dieses Films ist hier aber nun ganz eindeutig Miyazaki und der abschliessende Satz aus seinem Interview in der oben genannten Dokumentation, könnte hier sogar als Untertitel stehen. Miyazaki sagte dort: „Auch ich bin oft pessimistisch, habe negative Gedanken, aber die lasse ich nicht in meine Film einfließen“. Diese zweite und viel neuere Dokumentation zeigt Miyazaki genau so. Trotz des freundlichen Covers des Films herrscht hier eigentlich Untergangsstimmung!

Im Wesentlichen begleiten wir die Dokumentarfilmerin Mami Sunada und damit in ihrem Film für ein Jahr lang den Regisseur Miyazaki, der gerade an seinem letzten Film arbeitet. Zur selben Zeit sitzt Takahata, den man allerdings kaum zu Gesicht bekommt, irgendwo weit weg im Norden des Landes an dem seinen, welchen er irgendwie nicht zu Ende bringt. Wenn man diese Doku hier gesehen hat, weiss man allerdings auch gleich warum das „Studio Ghibli“ am Ende ist. Die Luft ist raus! Selbst die Studiokatze, die in beiden Dokumentationen vorkommt, pfeift mittlerweile aus allen Löchern und ist sichtlich unglaublich alt geworden. Senil steht sie am Gang und braucht einige Sekunden bis sie weiss, wohin sie gehen soll. Unterschwellig ist eine sehr ähnliche Stimmung während des ganzen Films spürbar. Myazaki scheint von Anbeginn seiner Arbeiten an „Wie der Wind sich hebt“ zu wissen, dass dies wohl sein letzter Film sein könnte. Er selbst sagt einmal explizit, er sei „manisch-depressiv“ und auch wenn man das vielleicht nicht ganz so wörtlich nehmen muss, auch die Dokumentation hat durchaus depressive Grundzüge. Wenngleich an vielen Orten positive, motivierende Sprüche zu lesen sind, man merkt an allen Protagonisten und an der Stimmung, dass die Euphorie irgendwie nur mehr eine Gestellte ist. Hier ist nichts von einem Neubeginn spürbar. Das Ende naht.

Dieser Film zeigt das Studio in einem ganz anderen, weit weniger phantastischem und mystizierendem Licht. Es ist der Alltag den wir zu sehen bekommen – und dieser ist – so muss man fast warnend vorausschicken – desillusionierend! Miyazaki ist nicht der glückliche, freudvolle, alte Mann, den sich jedeR als Großvater wünscht. Er ist zwar keinesfalls unsympathisch, aber er ist gebrochen, und er ist unglücklich – mit sich und (zumindest Teilen) seiner Arbeit. Er ist – im Gegensatz zu seinen Filmen – pessimistisch und er ist höchstwahrscheinlich auch ein kleiner „Despot“, zumindest aber jemand unter dem zu arbeiten nicht leicht ist und der als Machtmensch auch die Meinungen und Stimmung im Studio wesentlich bestimmt. Es ist Miyazaki, welcher die Hauptperson in diesem Film ist. Über Takahata wird nur hinterrucks gesprochen. Ihm traut weder Miyazaki, noch der Produzent zu, dass er den Film rechtzeitig fertig bringt, wenn denn überhaupt! Dieses (man könnte es fast) „bashen“ (nennen) durchzieht den ganzen Film. Man wünscht sich fast, dass Takahata selbst mal zu diesem Vorwurf Stellung nehmen darf, doch das passiert nie, Takahata, der Mentor von Miyazaki und überaus wichtige Mitbegründer des Studios, bleibt im Wesentlichen eine ziemlich unbekannte Person. In einem völlig anderen Gebäude arbeitet er seit unzähligen Jahren an seinem Projekt. Man spürt die Spannung, man spürt dass der kapitalistische Druck der ganzen Firma zu schaffen macht, dass dieser Druck aber das Studio an sich auch bereits tief gespalten hat. Takahatas Tage scheinen angesichts dieses „Nicht-fertig-werden-Wollens“ tatsächlich gezählt, denn kein Studio kann es sich heute leisten, dass so lange an einem Film gearbeitet wird – so lange nämlich, dass Mitarbeiter in derselben Zeit heiraten, Kinder bekommen und diese dann sogar bereits in die Schule gehen. Bei Myazaki – und das wird „Ghibli“-Fans freuen – scheint die Sache viel weniger klar zu sein. Er selbst sagt in der Doku beiläufig sogar, dass er schon über den nächsten Film nachdenkt. Der „workaholic“ scheint sich das Leben nach Ghibli noch kaum vorstellen zu können und das unbeholfene Lachen in Richtung Produzenten, kurz bevor er seinen Rücktritt erklärt, lässt ebenso Raum für Interpretationen offen. (Auch wenn das nicht Teil des Films ist: Mittlerweile wurde bekannt, dass der „workaholic“ an einem Park für Kinder arbeitet und dieser 2018 eröffnet werden soll)

Im Gegensatz zur arte-Dokumentation bekommen wir hier einen intimeren Einblick, doch der ist weder immer spannend, und noch viel weniger ist dieser (immer) erfreulich. Miyazaki sieht sich selbst als Mensch des 20. Jahrhunderts, als jemandem der den Kontakt mit dem Heute bereits verloren hat, der – ohne es explizit zu sagen – wohl meint, dass die jüngere Generation nun an der Reihe wäre, aber auch als jemand der desillusionierend eingesehen hat, dass ein Film nichts bewegen kann. Filmemachen ist für ihn – so sagt er selbst – ein „Leiden“! Glücklich sei er nicht. Es scheint so, als ob ihm nicht mal mehr die Familie wirklich Freude macht. Sein Sohn, der Regisseur Goro Miyazaki, arbeitet zwar im gleichen Haus, aber gemeinsam sieht man sie nie, auch sprechen sie nicht voneinander. Man braucht keine Glaskugel um zu erkennen, was hier nicht funktioniert. Goro kommt im Film nur einmal kurz vor. Fast weinerlich gibt er hier den anderen Studio-Chefs zu erkennen, dass er eigentlich nie Regisseur werden wollte, sich für wenig talentiert hält und auch keinen wirklichen Grund darin sieht, das hier zu machen. Eigentlich macht er das hier nur für die Leute in der Firma. Ein gebrochener, ebenfalls unglücklicher, jedoch noch junger Mann, dem es an Selbstvertrauen fehlt und der sich nicht in der Lage sieht in die übergroßen Fussstapfen seines Vaters zu treten. Für Vater Miyazaki – so wird an anderer Stelle klar deutlich und letztlich damit auch sein Vertrauen in seinen Sohn – ist das Studio bereits dem Untergang geweiht.

Und trotzdem! Obwohl der Film einen intimen Einblick gibt, hat man dennoch das Gefühl nur eine vom großen Meister Miyazaki zensierte Fassung beiwohnen zu dürfen. Wenn er abwinkt, schwenkt die Kamera zu Boden und die Szene endet in einem Schnitt. Das könnte einerseits an Miyazakis dominanter Persönlichkeit liegen oder aber am Respekt der Japaner vor älteren Menschen, aber insgesamt tut es der Dokumentation nicht gut. Man hat doch spätestens nach dieser Szene das Gefühl nur das zu Gesicht zu bekommen, was sich der Hauptdarsteller wünscht, nicht was der Film verlangen würde (Auch ungeschickt von der Regisseurin diese Passage so stehen zu lassen). Z.B. sieht man Miyazaki und seine Mitarbeiter des Öfteren dann doch Lachen, doch den Grund erfährt der Zuschauer nicht, denn an diesen Stellen fehlt dann einfach der Ton. Gerade mehr von diesen Passagen, in denen auch etwas mehr gelacht wird, hätte diesem leicht depressiven Film jedoch gut getan. Und andererseits hat man das Gefühl, dass entweder zu wenig gefilmt wurde, oder aber bestimmte Passagen auf Wunsch von Miyazaki hineinkamen, auch wenn sie sich für einen Film gar nicht eignen. Dies zeigt sich z.B. dann wenn wir bei einem spätabendlichen Spaziergang minutenlang nur mehr ein schwarzes Bild sehen und lediglich ein Gespräch mit Miyazaki allein mittels des Tons verfolgen. Es ist zwar Spekulation, dass diese Passage nur aufgrund des Wunsches von Miyazaki den Weg ins endgültige Produkt gefunden hat, aber wenn ihm das dort Gesagte wichtig war, wäre dies durchaus möglich. Für einen Film, der nun mal ein visuelles Medium ist, macht diese Szene jedoch einfach keinen Sinn, abgesehen davon dass es auch unprofessionell wirkt und das an dieser Stelle Gesagte nicht so essentiell ist, dass man darauf nicht verzichten hätte können.

Zwei Stunden Spielzeit zerren dann auch manches mal an den Nerven des Zuschauers, Längen sind die Folge. Manche Stellen hätten man durchaus auch rauskürzen können, v.a. jene die für einen westlichen Betrachter auch gar nicht mehr nachvollziehbar sind. z.B. wird das tagespolitische Geschehen Japans plötzlich zum Thema. Natürlich ist es gut und auch interessant für den Zuschauer, dass man sieht, dass Miyazaki noch immer ein höchst politisch denkender Mensch ist, aber Hintergrundinformationen, worum es eigentlich geht, werden völlig ausgespart. (Erst durch eingehende Internet-Recherchen habe ich herausgefunden, dass es damals eine mögliche Verfassungsänderung diskutiert wurde; dass der Premierminister den konstitutionellen „Pazifismus“ – wie manche Japaner dazu sagen – des Landes aufheben wollte).

Darüber hinaus ist es auch keine Dokumentation die allein aufgrund des Films selbst interessant ist. Miyazaki wird zwar beim Alltag beobachtet, doch sein Leben ist streng ritualisiert und dieses gibt daher wenig Spielraum für Überraschungen, wenngleich der zufällig eintreffende Brief von jemanden aus seiner Vergangenheit der Dokumentation kurzzeitig doch so etwas wie einen „dramaturgischen“ Höhepunkt verschafft. „The Kingdom of Dreams and Madness“ ist eine Dokumentation, die nicht so toll ist, dass sich uneingeschränkte jedeR dafür interessieren könnte, sondern nur für jene von Bedeutung ist, die mehr über die Person Miyazaki erfahren wollen. Es ist ein Produkt für Fans, für in das Werk Eingeweihte, für jene, die einen Blick hinter die Kulissen werfen wollen, wenngleich dieser Blick dann allerdings oft auch deillusionierend ist.

Die zunächst besprochene TV-Dokumentation ist geradezu das Gegenteil von diesem Film. Dort war es ein Blick aus der Ferne, der kaum bis gar keinen wirklichen Einblick gibt und den Mythos um das Studio verstärkt. Ein positiver Blick. Und einer, der auch für jene geeignet ist, die noch nicht so viel über das Studio und dessen Filme wissen. Es ist ein kurzer Film, der jedoch geballt sehr viele Informationen gibt. Die japanische Dokumentation lässt sich viel Zeit, zeigt intimere, (wenngleich vielleicht auch ebenfalls manipulierte) Einblicke in das tatsächliche Leben des Studiopersonals und v.a. in das von Miyazaki, lässt daher aber auch viel mehr Spielraum für eigene Interpretationen. Hier wird nicht alles dokumentiert, sondern einfach nur gezeigt, der endgültige Film entsteht somit erst im Kopf eines jeden Betrachters. So gesehen ist der Film dann letztlich sogar sehr gelungen, nicht immer(!), aber zumindest zum Teil doch.

Künstlerisch, im Rahmen des Genres „Dokumentation“, sind beide irrelevant, beides sind jedoch Filme die v.a. für Fans interessant sind.

7-star

7/10; gut bis sehr gut; extreme „Ghibli“-Fans sollten sich den Film jedoch dennoch auf jeden Fall ansehen. Nach dem Sehen des Films hat man zumindest eine Idee wie Miyazaki wirklich sein könnte.

Dieser Film ist ebenfalls (sogar in großartiger Qualität) auf YouTube zu finden, allerdings ist der Film auf japanisch! Wer jedoch eine Möglichkeit findet ihn herunterzuladen (Hinweis: den Browser Firefox verwenden und die angebotenen Plugins durchsuchen und herunterladen) kann dann einen Untertitel selbst einfügen. (Einfach mit VLC abspielen, den Film und den Untertitel in denselben Ordner legen und beide Files auch gleich benennen). Einen gut funktionierenden Untertitel findet man zB hier (allerdings ist der auf Englisch. Einen deutschsprachigen habe ich leider noch nicht gefunden): http://subtitlesbank.com/yume-to-kyki-no-ohkoku-english-srt-3895898/

Film:

STUDIO GHIBLI – FILMEMPFEHLUNGEN FÜR „NEUEINSTEIGER“:

Obwohl bei „Studio Ghibli“ auch andere Regisseure tätig sind (und waren), so ist der Geist des Studios eindeutig mit den Namen Miyazaki und Takahata verbunden. Beides sind großartige Regisseure (nicht umsonst haben auch beide bereits einen Oscar erhalten), doch arbeiten beide völlig unterschiedlich und sind auch künstlerisch wie thematisch so eigenständig, dass man keinen der beiden bei einer Empfehlung den Vorzug geben kann. Es kommt einfach auf die Vorlieben des Zuschauers an.

Man kann es auf eine knappe Formel bringen (wenngleich es auch filmische Ausnahmen gibt): Miyazaki trachtet danach das Reale im Phantastischen auszudrücken, während Takahata den umgekehrten Weg geht: Er sucht das Magische im Realen/Alltäglichen.

Der Autor dieses Blogs bevorzugt Miyazaki und ich denke, dass sich die Mehrheit der „Studio Ghibli“-Fans meiner Meinung wohl auch anschliessen werden. Und… wenngleich selbst ein „schlechter Miyazaki“ ein „guter Miyazaki“ ist, es in seinem Oeuvre noch dazu auch unzählige gute, vor allem aber sehr viele sehr gute gibt, so stechen dennoch zwei seiner Filme besonders heraus. Diese möchte ich hiermit auch gleich empfehlen:

  • „Prinzessin Mononoke“, 1997; (Wertung: 10/10; Meilenstein in der Geschichte des Kinos)
  • „Chihiros Reise ins Zauberland“, 2001;  (Wertung: 10/10; Meilenstein in der Geschichte des Kinos)

Takahata ist wie geschrieben der Realist unter den beiden, dennoch gibt es in seinem Oeuvre auch die ein oder andere Ausnahme wie z.B. „Pom Poko“ (1994). „Pom Poko“ zeigt aber auch, dass Takahata (im Gegensatz zu seinen frühen Jahren) sehr starke Bezüge zur japanischen Kultur herstellt. Diese sind für einen in Europa Lebenden nicht immer nachvollziehbar, weswegen wohl u.a. manche seiner Filme auch hierzulande keine Kinoauswertung bekamen. (Nur, dass ich nicht falsch verstanden werde: Auch Miyazaki ist eindeutig Japaner, auch bei ihm bleibt einem Manches fremd, aber seine Filme sind oft universaler und daher dennoch verständlicher). „Pom Poko“ ist ein guter, allerdings auch für uns Europäer überaus(!) schräger Film. Leichter fällt einem Europäer wohl der Zugang zu „Die letzten Glühwürmchen“ (1988). Dies ist meiner Meinung nach auch sein Meisterwerk. Dieser Film ist gerade für ein erwachseneres Publikum sehr gut geeignet, ja Kindern sollte man von diesem, wegen des ernsten Themas des Krieges, vielleicht sogar abraten. Als zweiten Film muss man dann wohl den Film empfehlen, welcher den Oscar gewonnen hat: „Die Legende der Prinzessin Kaguya“ erzählt ein altes, japanisches Märchen in eindrucksvollen Bildern. Dabei handelt es sich zwar nicht um einen Lieblingsfilm von mir, aber er ist dennoch sehr gut gemacht und selbst wenn er einen nicht gleich überzeugt, im Gedanken und in der Erinnerung steigert er sich noch. Trotz mancher Längen ein Film der große Qualitäten aufweist und in der Erinnerung auch noch wächst.

  • „Die letzten Glühwürmchen“; 1988; (Wertung: 8,5/10; sehr gut; empfehlenswert!)
  • „Die Legende der Prinzessin Kaguya“, 2013; (Wertung: 8/10; sehr gut; empfehlenswert!)

Warnung: Ich halte jedoch eigentlich keinen dieser Filme für Kinder geeignet! „Prinzessin Mononoke“ ist durchaus blutig, die „Glühwürmchen“ ist ziemlich traurig & ernst und „Chihiro“ und „Kaguya“ sind eigentlich für die Aufmerksamkeitsspanne eines Kindes viel zu lange bzw. auch inhaltlich viel zu komplex. Für Kinder würde ich folgende Filme empfehlen, wenngleich diese schon fast ein „Walt Disney“-Flair haben.

  • „Arrietty – Die wundersame Welt der Borger“; 2010; Regie: Yonebayashi; Drehbuch: Miyazaki; (Wertung: 9/10; herausragend; empfehlenswert!)
  • „Ponyo – Das große Abenteuer am Meer“; 2008; Regie: Miyazaki; (Wertung: 6-7/10; gut bis sehr gut, wie man an der Wertung sieht eigentlich gar kein Lieblingsfilm von mir, aber die meisten Ghibli-Filme halte ich eigentlich erst für Kinder und Jugendliche ab 10 für geeignet. Viele sind überhaupt erst ab dem Teenageralter wirklich zu verstehen)

______

Für alle Links auf dieser Homepage gilt: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu eigen.

Our website contains links to the websites of third parties (“external links”). As the content of these websites is not under our control, we cannot assume any liability for such external content. In all cases, the provider of information of the linked websites is liable for the content and accuracy of the information provided. At the point in time when the links were placed, no infringements of the law were recognisable to us. As soon as an infringement of the law becomes known to us, we will immediately remove the link in question.

Nimm die Moneten und hau‘ ab (1969) [Kurzreview]

takethemoney-670x328

Woody Allen ist zweifellos ein Phänomen. Jedes Jahr, ohne Pause, bringt er einen Film heraus. Als „Take the Money and Run“ [Orig.Titel] herauskam war dies jedoch noch nicht abzusehen, denn es war gerade mal sein zweiter Spielfilm in dem er Regie führte. Wenngleich diese frühen Filme, zu denen der hier vorgestellte zählt, Allen noch nicht in Hochform präsentieren, so wie das z.B. in „Annie Hall“ der Fall ist, scheint sein typisch intellektueller Humor aber bereits da und dort schon leicht durch. Im Wesentlichen sind diese Filme seiner Frühphase aber v.a. leichte Komödien mit durchaus auch höchst albernen Humor. Aufgrund dessen sind diese Filme aus jener Zeit jedoch auch bei weitem nicht so zeitlos wie die, welche er ab der zweiten Hälfte der 70er-Jahre schuf.

Inhalt: Woody Allen spielt einen Kleinganoven dessen Leben wir von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter verfolgen. Präsentiert wird dies einerseits in der Art einer Dokumentation, also mit einem Sprecher aus dem „Off“, ja sogar mit historischem Bildmaterial aus dem Archiv (erinnert z.T sogar bereits an „Forrest Gump“), also als  „mockumentary“, andererseits aber auch in spielfilmhaften Episoden. Allen stellt sich in all seinen Versuchen, Krimineller zu sein, höchst unfähig dar, was v.a. an die Frühzeit des Kinos, sprich: oftmals sehr an „Slapstick-Comedies“ erinnert.

Kritik: Während einige Filme der „mittleren Phase“ Woody Allens zu meinen Lieblingen zählen („Annie Hall“, „Purple Rose of Cairo“, „Stardust Memories“, „Manhattan“, …), so wurde ich mit seinen frühen Filmen nie so wirklich „warm“. Als ich in meiner Pubertät „Was sie immer schon über Sex wissen wollten“ entdeckte, übte dieser allerdings damals wegen einzelner gelungener Szenen und Anspielungen durchaus einen gewissen Charme auf mich aus und ich schätze ihn, vielleicht auch aus nostalgischen Gründen und wegen meiner nicht mehr ganz so klaren Erinnerungen an diesen, immer noch. All diese Filme waren aber, wie z.B.  auch „Der Schläfer“ oder „Bananas“ für mich nie das „ganz grosse Kino“. Zu viele Albernheiten gingen auch in die Hose und es fehlte Woody Allen zu jener Zeit einfach auch noch der Tiefgang, der ihn später so auszeichnen sollte. Hier, bei „Nimm die Moneten und hau‘ ab“ ist das nicht anders. Es wechseln sich nicht besonders gelungene „Blödeleien“ bei denen man zwar lachen sollte, aber schlicht nicht lachen kann, und halbwegs witzige, manches mal auch ziemlich gute „Gags“ ab, sodass letztlich im Normalfall nur eine mittelmässige (bis bestenfalls „halbwegs gute“) Komödie überbleibt. (Erstaunlich ist, dass solche „Rohrkrepierer“-Witze, die während des Films gar nicht SO lustig waren, einem dennoch im Gedächtnis bleiben: wie z.B. die Szene als er als Chellist einer Marschkapelle nie zum spielen kommt, weil er ja ständig den Sessel neu positionieren muss). Nichtsdestotrotz würde ich von diesem Film nicht abraten, denn er hat durchaus gute Momente und auch witzige Albernheiten zu bieten, aber leider eben nicht über die gesamte Spiellänge hinweg. Vor allem in der Mitte des Films treten ein paar Längen auf, da sich zu Vieles auch zu wiederholen beginnt. Ebenso braucht man als Betrachter, wegen seiner unüblichen Erzählweise, ein bisschen bis man in den Film „hineinfindet“. Geschickt ist jedoch, dass der Film am Ende wieder ein wenig anzieht, sodass er einen versöhnlich entlässt und man ihn vielleicht auch aus diesem Grund letztlich besser bewertet als er über die gesamte Länge hin war. Dennoch… einer seiner besseren „albernen Filme“.

6-star (5-6/10)

für jene die mit Woody Allen überhaupt nichts (oder nur wenig) anfangen können. (bestenfalls gerade noch okay)

7-star (7/10)

für jene die Woody Allen prinzipiell mögen: nicht unbedingt ein Muss ihn zu sehen, aber man hat durchaus seinen Spaß, wenngleich der Humor zum Teil nicht mehr up-to-date, also nicht zeitlos ist. letztlich, am Ende des Films, als Fazit: doch sehr unterhaltsam (wenn auch vielleicht nicht die gesamte länge des Films über). „gut“ – und in vielleicht ein paar unvergesslichen Momenten sogar „sehr gut“.

10358435_1616102828604845_567794620_n

(popkulturelles Internetfundstück)

(verzeiht mir etwaige Rechtschreibfehler. Da ich meist wenig Zeit habe, schreibe ich die Texte zumeist recht schnell “runter”. Derartige Rezensionen zu schreiben ist ja auch nicht mein Beruf. Wäre dies der Fall würde ich selbstverständlich mehr Zeit investieren – bzw. mehr Zeit investieren können 😉

The Servant – Der Diener (1963)

Lange blieb es still auf „flimmerspiegel“. Das Schreiben von Rezensionen erwies sich weit zeitintensiver als erwartet und das Ergebnis war letztlich für den Autor dann doch wenig erfüllend, denn die Prämisse, „über jeden Film zu schreiben, solange das Schreiben darüber Spass macht“, führte selbstverständlich auch dazu dass nur wenige (bis eigentlich gar keine) Filme vorgestellt wurden zu denen der Autor auch uneingeschränkt steht.

Diese Seite wieder aufleben zu lassen hat also einen ganz bestimmten Grund: Die Entdeckung eines weitgehend unbekannten Filmklassikers, der es auf Anhieb in die Top100 der Lieblingsfilme des Autors dieses Blogs schaffte, was in den letzten 5 Jahren wohl vielleicht nur ein einziges weiteres Mal passiert ist.

„The Servant“ ist eine Perle, ein Film, der einen auf eine unerwartete Reise mitnimmt, der inhaltlich klug gemacht ist, eine tiefere und höchst interessante Bedeutungsebene beinhaltet, aber auch wunderschön fotografiert und toll gespielt ist. Kurz: Ein Film, der tatsächlich mit nichts Anderem als dem Prädikat „Kunst“ bezeichnet werden kann.

Der heutige/zeitgenössische Film geizt v.a. an einem essentiellen Punkt, der für ein aussergewöhnliches Filmerlebnis von Bedeutung ist und dass auch dazu führen könnte, dass ein Film auch eine Bereicherung fürs Leben sein kann. Es ist die Überraschung. Zu viel Geld wird in heutige Produktionen gesteckt, als dass sich Hollywood noch irgendein Risiko leisten könnte. Doch der Preis, der aufgrund dessen zu bezahlen ist, ist hoch: Es mangelt den Filmen an Innovation und progressivem Geist. Das Publikum, dass nur nach kurzweiliger Unterhaltung giert und auch nur kaum wirklich intellektuell tangiert werden will, dass sich oftmals leider auch als „Gewohnheitstier“ präsentiert, spielt diesem (eigentlich höchst kapitalistischen, weil gewinnmaximierenden) System natürlich in die Hände. Doch „The Servant“ lebt von der Überraschung, von dem, dass man nicht weiss was auf einen zukommt, was als nächstes passiert. Es ist ein Film, der einen auf eine Reise mitnimmt, eine Reise, die recht harmlos beginnt, deren Ziel und Ende jedoch ungewiss ist. Er fesselt nicht zuletzt gerade auch aus diesem Grund – und daher möchte der Autor dieser Zeilen dieses Mal auf eine etwas andere Art und Weise an die Vorstellung eines Films herangehen – und zwar mittels einer „Checkliste“. Diese soll bzgl. der Entscheidung, ob man den Film sehen soll oder nicht, helfen, dabei aber noch nichts (oder möglichst wenig) über die Handlung verraten. So ist gesichert, dass der Betrachter (so weit möglich) unvorbereitet diese aufregende Reise antreten kann, wenn er denn will.

Checkpoint #1: „The Servant“ stammt vom Regisseur Joseph Losey, ein Mann, dessen Leben überaus bewegt und interessant war und dieses sich wohl auch in keinem seiner Filme so sehr widerspiegelt wie in diesem. Losey war Amerikaner. Er studierte Philosophie, arbeitete mit Bertolt Brecht gemeinsam am Theater, besuchte einen Regiekurs von Sergej Eisenstein in Moskau und er war in einem damals wenig toleranten Amerika (für ein Jahr) Mitglied der kommunistischen Partei. Dass ein Mann wie er vor dem „Ausschuß für unamerikanische Triebe“ aussagen musste, überrascht also ebenso wenig, wie, dass er in den USA jener Zeit mit einem Arbeitsverbot belegt wurde. Losey ging ins Exil und genau in jener Zeit entstand „The Servant“. Der Diener ist zweifellos ein politischer Film, ein höchst linksgerichteter Film. Es geht auf einer dahinter liegenden Ebene um Klassenunterschiede, um Machtverhältnisse, um die Revolution, um die gesellschaftlichen Umbrüche der 60er-Jahre, die schon viel früher als im berühmtberüchtigten 68er-Jahr einsetzten. Dieser höchst politische Background ist unbestreitbar ein wichtiger Teil des Films. Wer sich also dem linken politischen Spektrum zugehörig fühlt, hat von diesem Film wohl weit mehr, was aber nicht heisst, dass man nicht auch als unpolitischer Mensch seinen Spaß daran haben könnte. Auch ein Buch von Bertolt Brecht ist schließlich nicht nur auf dieser Ebene interessant. Tatsächlich habe ich den Film mit einer Person gemeinsam gesehen, die sich wohl als unpolitisch bezeichnen würde und diese hatte ebenfalls immensen Spaß daran und war von diesem Film ebenso gefesselt – aber wie geschrieben: wer politisch links ist, hat wohl noch mehr hiervon.

Checkpoint #2: Joseph Losey kommt vom Theater und das ist an diesem Film zu weiten Strecken auch kaum zu übersehen. Der Ort der Handlung ist im wesentlichen eine einzige Wohnung. Die handelnden Akteure kann man getrost auf eine Anzahl von 4-5 Personen reduzieren. Es ist ein Film, der zweifellos kammerspielartige Elemente aufweist. Wer also auf Filme wie „Sleuth – Mord mit kleinen Fehlern“ (1972) (Michael Caine, Laurence Olivier), „Sleuth – 1 Mord für 2“ (2007) (Michael Caine, Jude Law), „Venus im Pelz“ (R: Polanski) oder (nur um ein weiteres Beispiel zu nennen) „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ (1966) (R: Mike Nichols) steht, findet hiermit einen weiteren potentiellen Lieblingsfilm. Und… auch wenn der Film etwas „theaterhaftes“ hat, allein die grandiosen Kamerausschnitte, die Detailaufnahmen usw. zeigen, dass das Werk gerade auch als Film Sinn macht.

Checkpoint #3: Wer von einem Film eine traditionelle Handlung erwartet, sprich: eine „story“ im Sinne eines Abenteuers, wird hier enttäuscht werden. Es geht weniger darum, wohin sich etwas entwickelt, als vielmehr darum wie sich die Menschen im Laufe des Films entwickeln. Im Zentrum steht also weniger eine Geschichte als vielmehr die Charaktere. Ein Interesse am Menschen, an seinen Ambitionen, seiner Psychologie ist wohl eine wesentliche Voraussetzung um diesen Film mögen zu können. Es ist – man könnte sagen – ein typischer Schauspielerfilm. Er lebt von den Darstellern mindestens ebenso sehr wie vom Drehbuch und der Regie, aber gerade auch in diesem Punkt weiss der Film zu überzeugen. Dirk Bogarde (ein heute nicht mehr allzu bekannter, dennoch aber zu jener Zeit bedeutender Akteur im Filmgeschäft. Für alle, die ihn nicht kennen: Das weiche „d“ sowie das abschließende „e“ seines Nachnamens deutet es bereits an, dass keinerlei Verwandtschaft mit Humphrey Bogart besteht) spielt herausragend und schlicht genial, aber auch die anderen leisten großartige Arbeit (Lediglich die „Schwester“ ist vielleicht ein wenig nervtötend, aber in der Nachbetrachtung passt auch diese sehr gut in ihre Rolle). Wenn ich zuvor geschrieben habe, dass die Charaktere im Zentrum stehen, so war das eigentlich ein wenig ungenau, denn tatsächlich geht der Film auch noch einen Schritt weiter. Letztlich steht nämlich nicht das Individuum als abgeschlossene Entität im Mittelpunkt, wenngleich diese Voraussetzung ist, sondern vielmehr das Dazwischen. Es geht um Machtverhältnisse zwischen Individuen, also eigentlich mehr um die Soziologie, den sozialen/zwischenmenschlichen Aspekt.

Checkpoint #4: Es handelt sich um einen Schwarz-Weiss-Film (wenngleich der Film zu einer Zeit entstand als es längst den Farbfilm gab). Wer so ein Merkmal als Ausschlusskriterium ansieht, wird sich zwar wohl ohnehin kaum auf meine Seite verirrt haben, aber… naja…

Checkpoint #5: Weiter oben führte ich die beiden „Sleuth“-Filme als Vergleichsbeispiele an. Tatsächlich sind diese, wenn auch auf höchst einzigartige Weise, im weitesten Sinne Krimis – oder zumindest Filme in denen der „kriminelle Akt“ eine wesentliche Rolle spielt. Bei „The Servant“ kommt dieser Aspekt nicht vor. Der Vergleich passt vielmehr bezüglich des Verhältnisses zwischen den Protagonisten. Die feine Mischung aus Freundschaft und subtilem Psychoterror den sich die Charaktere gegenseitig aussetzen, findet man hier ebenso wie in den oben genannten Filmen. Was die Spannung angeht, so ist jedoch der Vergleich mit „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“ wiederum viel treffender. Da wie dort sieht man alltägliche Personen in aussergewöhnlichen Situationen und in beiden Filmen wird eine Spannung erzeugt die sich aus einem Unwohlsein, einer Disharmonie ableitet. Wer also einen angenehmen Film sehen will, der sollte die Finger hiervon lassen. (Hier sollte aber auch nicht geglaubt werden, dass er explizit unangenehm wäre, wie z.B. „Funny Games“ von Haneke, aber tendenziell, wenn auch harmloser, geht es schon eher in diese Richtung. Was die Atmosphäre, diese Spannungsgeladenheit anbelangt). Schließlich, auf inhaltlicher Ebene, was die Umkehrung des Verhältnisses von Herr und Diener, also das Thema Herrschaft und Knechtschaft anbelangt, gibt es durchaus Ähnlichkeiten mit „Venus im Pelz“, einem neueren, ebenfalls kammerspielhaften Film von Roman Polanski.

Hiermit schließe ich meine etwas andere als sonst übliche Rezension ab und hoffe dem interessierten Leser neugierig gemacht zu haben – auf einen Film, der wie der Autor dieses Blogs meint, jedem Klassiker – sei es ein Film von Hitchcock oder anderen Größen des Films – das Wasser reichen kann. „The Servant“ ist schlicht eine Perle, ein Bertolt Brecht des Films und unverdientermaßen ein vergessener Klassiker der Filmkunst und abgesehen von den oben genannten Aspekten auch hinsichtlich anderer höchst diskussionswürdig und für die Filmtheorie überaus interessant:

z.B. hinsichtlich der Verwendung von Spiegeln, der Kameraausschnitte, der Sexualität und der subtilen Homoerotik, usw. usf. Doch darüber ließe sich wohl ein Buch schreiben und dies wäre innerhalb dieses Blogs nicht mehr zu lösen.

2

10-star (10/10 Sterne; Klassiker der Filmkunst)

Regie: Joseph Losey; Drehbuch: Harold Pinter; Buch: Robin Maugham; Darsteller: Dirk Bogarde, u.a.

Altered States – Der Höllentrip (1980)

Ken Russels „Altered States“ (dt. „Der Höllentrip“) fühlt sich an als ob (ein zugegebener Maßen braverer) Jodorowski auf Blockbuster-Kino trifft: Ein Hirnspaghetti-Apokalypsen-Big-Bang-Dada-Breitwand-Blockbuster-Kunst-Kitsch-Esoterik-irgendwas-Science Fiction-Werwolf-Böses Dschu Dschu-Out-of-Control-Mambo-Dschambo-Monster!
– mit Doktor-Titel!
Zwischen all das passen aber leider auch Längen und Hänger. Impressionen einer surrealen und hirnlosen Achterbahnfahrt:

Bildschirmfoto 2014-11-12 um 22.18.04Bildschirmfoto 2014-11-12 um 22.20.55

Dabei fängt doch alles noch so ‚down-to-earth‘ an: William Hurt (kaum wiederzuerkennen) spielt in diesem seinem Spielfilmdebut einen Wissenschaftler, der die Wirkung eines Isolationstanks auf die menschliche Psyche testet. Die Visionen, welche er in der Kindheit bereits hatte, kommen ihm nun auch im Selbsttest in diesem mit Wasser gefüllten Container. Sein Übereifer immer noch mehr erfahren zu wollen, in immer tiefere Erkenntnisse vorzustossen und die psychische Belastung aus diesen Tests hat schließlich auch langsam Folgen für sein Privatleben. Außerdem erfährt er noch von einer geheimnisvollen Droge eines Indianerstammes, die er für seine Experimente gebrauchen will, weswegen er zu diesem Stamm nach Mexiko fährt und sich einen Vorrat an dieser mysteriösen Substanz anlegt. Die Droge eröffnet ihm völlig neue Einblicke und die Experimente geraten langsam aber sicher ausser Kontrolle. Selbst sein Körper verändert sich auf seltsame Weise.

Das Alles ist im Grunde also eigentlich nichts anderes als die „übliche“ Dr. Timothy Leary mutiert zu Faust „meets“ Die Fliege „meets“ Werwolf-Geschichte, allerdings mit „ein ganz klein wenig“ Plus. Die Geschichte des verrückten Professors bzw. des Professors, der langsam aber sicher verrückt wird, und dann auch noch an sich selbst Experimente durchführt, hat in der Historie der Horrorfilme eine lange Tradition. Die Geschichte um „Dr. Jekyll und Mr. Hyde“ wurde bereits 1908 zum ersten Mal und seither über 30 weitere Male verfilmt, und mit der großartigen Neuverfilmung von „Die Fliege“ (1986; Original 1958) gibt es auch einen überaus bekannten und erfolgreichen Vertreter aus den 80er-Jahren. „Altered States“ hält sich jedoch nicht an diese konventionellen Schemata einer solchen Story, vielmehr zerfällt diese in 3 größere Abschnitte, die jeweils völlig andere Dinge in den Vordergrund stellen und der ganze Film geht schließlich auch weit über dieses Werwolf-ähnliche Thema hinaus..

Bildschirmfoto 2014-11-17 um 19.19.09Bildschirmfoto 2014-11-17 um 19.20.05

Der erste Teil, der schließlich auch die erste Hälfte der Spielzeit in Anspruch nimmt, stellt uns v.a. William Hurt als Wissenschaftler, sowie dessen Umgebung vor. Es wird viel Zeit dafür gewidmet, ihn und seinen Charakter zu präsentieren. Die Gespräche mit seinen akademischen Freunden sind zwar ziemlich pseudo-intellektuell, was kaum auszuhalten ist, helfen aber ihn und sein Umfeld besser zu verstehen. Ebenso wird seine Liebesbeziehung und sein Eheleben relativ ausführlich dargestellt, Im Mittelpunkt seiner Experimente steht hier noch die Fragestellung, ob psychologische Dispositionen überhaupt Krankheiten sind, oder ob sie nicht, in diesem besonderen Fall Schizophrenie, einfach nur ein anderer Bewusstseinszustand sind (siehe Titel „altered states“). Der Film geht in gewisser Weise sogar soweit, zu behaupten, dass diese einen Einblick in eine andere Wirklichkeit hätten. Ein weiterer Schwerpunkt in diesem ersten Abschnitt ist die Behandlung der Themen Religiosität und Spiritualität, was besonders in seinen Visionen eindrucksvoll zur Schau gestellt wird. Diese sind es auch, die den Film in der ersten Hälfte besonders sehenswert machen, da sie wirklich großartig aussehen.

Bildschirmfoto 2014-11-12 um 22.21.19Bildschirmfoto 2014-11-12 um 22.21.38

Diese erinnern zum einen an die Sujets surrealistischer Gemälde wie z.B. eines Salvador Dalí, aber auch in der Farbwahl und der Produktionsweise an das 90er-Jahre Musikvideo „Black Hole Sun“ der Band Soundgarden. An vielen dieser Szenen erkennt man zwar bei genauerer Betrachtung, dass diese im Studio bzw. mit Hilfe einer ‚blue/green box‘ gemacht wurden, was ihnen eine unglaubliche Künstlichkeit verleiht, andererseits aber auch gerade das den Charme dieser Bilder ausmacht. Sie sind formal und visuell zweifellos die Höhepunkte der ersten Hälfte des Films. Kunst und Kitsch gehen in diesem Passagen des Films eine wunderbare Liaison ein, die man so nur selten in einem Film zu Gesicht bekommt. Neben diesen religiösen Themen zeigen diese Visionen aber auch ein vermeintlich typisches Empfinden während eines Drogenrausches (siehe Titel „altered states“), wie z.B. bezüglich eines veränderten Zeitempfindens. Die Visualisierung dieser Erfahrung wurde wohl nur äusserst selten dermaßen grandios in einem Film dargestellt.

Bildschirmfoto 2014-11-12 um 22.20.38Bildschirmfoto 2014-11-12 um 22.20.03

Der zweite Teil des Films betritt dann eher das klassische Genre des Horror- bzw. eigentlich des Gruselfilms, denn der Protagonist des Films (ver)wandelt sich nun auch körperlich. Diese Passage rechtfertigt schließlich auch die ganzen Werwolf- und Mr. Hyde-Vergleiche. Die Verwandlungen sind zwar höchst anspruchsvoll, wenn man bedenkt, dass hier noch alles per Hand und ohne Computer gemacht wurde, aber es ist auch der Teil des Films, der die größten Längen aufweist. Schließlich kippt der Film aber zum Glück noch einmal und spätestens ab hier wird’s dann völlig durchgeknallt, was auch das Ende des Films in sich einschließt.

William Hurt ist vielleicht aufgrund seiner späteren Karriere (warum auch immer) nie zu einem ganz großen Schauspieler aufgestiegen, aber er ist auch hier dieser sympathische Kerl, der seine Rolle solide und gut spielt. Viel irritierender ist, dass man manches mal sogar vergisst, dass es William Hurt ist, weil er so anders aussieht. Er trägt keine Brille, hat seltsame Augen, noch volles Haar und runde Wangerl. Er sieht mit dieser Scheitelfrisur manches Mal fast wie ein junger Depardieu aus. Für seine ‚performance‘ erhielt er auf jeden Fall den Golden Globe für den besten Nachwuchsschauspieler. Neben ihm machen aber auch die anderen Schauspieler ihre Sache gut. Besonders interessant ist vielleicht noch, dass dies auch das Kinofilmdebut von Drew Barrymore war. Sie war jedoch erst 5 Jahre alt und spielt eines der Kinder, die man jedoch nur kaum zu sehen bekommt und man muss schon sehr aufmerksam sein, um sie nicht zu übersehen. Die eigentliche Hauptrolle des Films kommt jedoch – noch mehr als sonst – dem Regisseur zu. Ohne Ken Russel hätte dieser Film wohl gänzlich anders ausgesehen, denn man fragte, bevor man an ihn herantrat, bereits 26 andere Regisseure, die allesamt ablehnten dieses Buch von Paddy Chayefsky zu verfilmen.

persönliches Fazit:

Selten fiel es mir so schwer meine Meinung über einen Film Ausdruck zu verleihen, denn ich bin nicht nur nach dem Ende des Films verblüfft gewesen, sondern es war bereits während des Films eine reine Achterbahnfahrt. Was zunächst auf jeden Fall zu gefallen weiß, sind die z.T. wirklich großartigen, großartigen, großartig-einzigartigen Bilder. Seien es die Visionen oder jene Passagen, die einem an frühe Cronenberg-Filme erinnern oder auch dieser unglaubliche Schluss.

Problematischer ist hingegen die Handlung, die andererseits aber auch wieder, wegen der vielen Überraschungen, eine der Stärken des Films ist, denn nicht umsonst wird man gerade aufgrund dieser vielen Wendungen stets aufs Neue unterhalten. Doch der Film hat auch Längen und Hänger, was bei mir v.a. dann eintrat, als die klassische Gruselgeschichte begann, also ungefähr ab der Hälfte des Films. Wenngleich diese Werwolf-Variante im eigentlichen Sinne nicht absurder als ihre klassischen Vorbilder ist, so habe ich mich zumindest am Anfang gegen diese Erklärungen gewehrt. Das war für mich in diesen Momenten einfach zu hirnrissig, aber eigentlich hinterfragt doch auch niemand ernsthaft, ob Werwölfe tatsächlich möglich wären. Wenn sich jemand auf so einen Film einlässt, dann akzeptiert er einfach die Prämisse und hat auch Spaß daran. Das war mir in diesem Film – zumindest eine zeitlang – nicht möglich, obwohl ich es wirklich auch versucht habe. Erst am Schluss, als der Film völlig durchdreht, als er sich jedem nur erdenklichen rational Nachvollziehbarem völlig entzog und abhob, hatte ich dann wieder einen immensen Spaß daran.

„Altered States“ ist – und das sollte man auch nicht (so wie ich während des Betrachtens) vergessen – ein Film der 80er-Jahre, eine Zeit in der das Kino fantastisch war. „Gremlins“, „Ghostbusters“ und viele andere Filme waren weit davon entfernt realistisch zu sein, aber sie machten enorm Spaß. Solche Filme werden und können auch heute nicht mehr gemacht werden, was diverse Remakes bzw. Versuche an Fortsetzungen auch bereits schon bewiesen haben. (Leider wird aus diesem Grund auch „Ghostbusters 3“ scheitern, wenn sie es überhaupt noch wirklich wagen sollten). „Altered States“, wenngleich im eigentlichen Sinne nicht lustig und humorvoll, ist aber genau ein Vertreter dieser Filme. Er nimmt sich jedoch ernst (oder macht dies auch nur scheinbar), jedoch sollte man dennoch nicht ernsthaft nach Erklärungen suchen, denn die wird man nicht finden – bzw. man wird keine befriedigenden Erklärungen finden. Im Netz wird z.T. dann tatsächlich ernsthaft darüber diskutiert, um was für eine Droge es sich dabei gehandelt hat. Ha Ha! also wer nach diesem Film ernsthaft solche Fragen stellt, da wirds dann nur mehr besorgniserregend.

Eigentlich ist der Film saublöd, aber wenn man ihn, trotz der hohen Qualität, die er besitzt, als hirnlosen Trash betrachtet, ist er einfach fantastisch (hier nun wertend gemeint). „Altered States“ ist ein Film bar jeder Vernunft, aber er ist auch spannend, schräg, trashig, einzigartig, mitreissend, überraschend, unterhaltend und aufregend. Spätestens das Ende des Films ist so völlig abseitig, dass einem nur mehr der Mund offen stehen bleibt und man fragt sich, was das jetzt war. Auch wenn ihn das Time Magazine im Jahr 1980 unter die 10 besten Filme gewählt hat, so ist dieser jedoch weit davon entfernt, dass man ihn jedem empfehlen könnte. Er zählt zu dem absurdesten, was ich je gesehen hab und gleich mehrmals wirft es einem die Sicherungen aufgrund der gelieferten Erklärungen. Wer mit Trash-Filmen noch nie etwas anfangen konnte, sollte wohl auch hiervon die Finger lassen, denn es könnte sein, dass du dir verarscht vorkommst. Der Trash-Fan in mir, der welcher auch nach Überraschungen giert, würde ihn mir selbst jedoch auch wieder empfehlen, denn es hat auch enorm viel Spaß gemacht und war auf jeden Fall ein Erlebnis. Der Trash-Fan in mir, sagt aber auch, empfehle diesen Film ja nicht weiter, sie werden bös‘ sein auf dich. Diesen Film kann man eigentlich niemanden antun, den man nicht persönlich kennt. Eines steht jedoch fest: Das Ding ist auf jeden Fall einzigartig und hat Seltenheitswert!

1-star
(1/10; Hände weg-Wertung für: Choleriker; Leute, die sich leicht verarscht fühlen; Rationalisten; Leute, die Trashfilme verabscheuen; Leute, die 80er-Jahre Filme zu fantastisch finden)

4-star
(4/10; schlecht für: Normales Filmpublikum, welches eine glaubwürdige Story will und verlangt)

8-star
(8/10; flimmerspiegel-Wertung: sehr gut und empfehlenswert, weil einzigartig; jedoch nur für: Drogentypen, Kiffer, Trash-Fans, Esoteriker; Leute, die „Life Force“ mögen; Leute die auf Unterhaltung stehen, ganz gleich wie abstrus es auch ist; wer überrascht werden will; wer kein logisches Ende braucht; Leute mit sehr viel Humor)

An dieser Stelle dieses mal kein Trailer, da dieser viel zu viel verrät!

TerrorVision (1986)

Trash-Filme üben auf Viele eine unglaubliche Faszination aus. Entweder man findet so ziemlich jeden Schrott gut und hat Spaß dran – ist also ein richtiger Trash-Fan – oder man wurde durch einen der wenigen wirklich guten B- und C-Movies dazu angestiftet diese Art von Filmen zumindest theoretisch zu mögen. Für Letztere (zu denen ich auch mich zähle) ist die Suche nach den Perlen, in den weiten Welten des Mülls, allerdings oftmals eine überaus mühsame.

Terrorvision ist sich des Mülls, der aus dem TV kommt, durchaus bewusst, denn genau das ist auch das Thema des Films: Außerirdische verwandeln ihren Abfall, darunter auch gefährlich mutierte Haustiere, in reine Energie und schicken ihn als Energiestrahlen ins weite All. Die Familie Putterman empfängt nun mit ihrer neuen, aber eigentlich irgendwie auch kaputten Satellitenschüssel genau so ein Monster, das immer wieder aus dem Fernseher steigt und nach und nach die Familienmitglieder auffrisst.

Selbst wenn man noch kein Bild aus diesem Film gesehen hat, erkennt man bereits bei der Voraussetzung dieser ’story‘, dass es sich hierbei um einen 80er-Jahre-Film handeln muss. Realismus ist völlig irrelevant und nicht mal ansatzweise ist das auch nur ein angestrebtes Ziel, der Film soll vielmehr fantastisch sein und v.a. einfach nur Spaß machen. Die Idee, welche immerhin auch eine Gesellschaftskritik in sich birgt, klingt dann eigentlich auch noch ganz gut und der Film, der sich selbst auch nie als etwas anderes darstellen will, als Müll, nimmt sich selbst nie auch nur im Ansatz ernst. Es ist eine Sci-Fi-Horror-Komödie, wobei „Parodie“ vielleicht der bessere Begriff wäre, denn man macht sich auf eigentümliche Weise über das Genre lustig, auch wenn es nur sehr sehr selten auch wirklich lustig ist. Der Film und seine Charaktere sollen vielmehr ‚cheesy‘ sein, was nur schwer ins Deutsche zu übersetzen ist, weil es einfach uncool klingt, aber der Begriff ‚käsig‘ trifft es dann dennoch irgendwie ganz gut. Die Schauspieler sind niemals reale Figuren, sondern einfach nur doof und schrill, was sich sowohl an deren Stimmlagen, aber auch an deren Gesichtsausdrücken zeigt. Sie sind wie Abziehbildchen, wie Comicfiguren, die ihre Sätze sagen. Sie spielen im eigentlichen Sinn aber auch nicht schlecht, sondern vielmehr absichtlich völlig überzogen, was für viele Zuseher bereits unerträglich und wohl sehr anstrengend sein kann, aber genau so auch vom Film intendiert war.

T1T2

Überzogen sind dann natürlich auch die Charaktere der Familienmitglieder. Die Eltern sind Swinger und sexbesessen, laden im Laufe des Films dann auch ein anderes Paar zu sich nach Hause ein. Der Großvater lebt in einem Bombenschutzkeller, ist Waffennarr und stets bereit für den Kampfeinsatz. Der ca. 10-jährige Sohn ist von seinem Opa und dessen Waffen fasziniert, wie das halt in seinem Alter so ist. Die jugendliche Tochter ist ein MTV-süchtiger „Pop-Punk“, die an Cindy Lauper oder auch an die frühe Madonna erinnert und ihr Freund ist schließlich ein strunzdummer Hairspray-Rocker, der ständig Luftgitarre spielt. Damit ist dann aber auch schon alles bezüglich dieser Charaktere gesagt, da gibt es nichts was noch hinzukommen würde und diese Personen auch nur irgendwie tiefergehender zeichnen würde.

Die Künstlichkeit des Films zeigt sich jedoch nicht nur an der Handlung und der Charaktere, sondern auch wenn man sich den Handlungsort des Films ansieht. Der gesamte Spielfilm spielt in einem Haus, welches eine einzige Kulisse ist und an diverse ‚SitComs‘ (wie z.B. den ‚Bundys‘) erinnert. Allerdings sieht man diese Räume nicht nur von einer Seite, sondern sie haben durchaus schon mal 4 Wände und man bekommt auch sehr aussergewöhnliche Räume, wie z.B. einen Schutzkeller, einen Raum in billigem pseudo-antikem Stil, der wie ein schlechtes Luxus-Bordell aussieht, zu Gesicht. Der Film ist natürlich weit davon entfernt, wirklich teuer gewesen zu sein, aber es ist auch kein Produkt eines Nerds, der einfach nur Zuhause gedreht hat, sondern da steckt, wenn auch kein Riesenbudget, durchaus auch Geld drinnen.

T41360500935_3

Das zeigt sich dann auch am Monster, das natürlich nie die Illusion erweckt, dass es ein echtes sein könnte, aber es ist für die Zeit dennoch auch nicht so schlecht gemacht. Dieses Monster aus dem All ist irgendwie eine Mischung aus übergroßem E.T., mit großen, oftmals rollenden oder schräggestellten Kulleraugen und großen Schneidezähnen, sowie dem Körper des Schleimbatzenmonsters Jabba aus „Star Wars“; das Ganze dann noch angereichert mit ein paar Extras wie einem Auge auf einer Tentakel, einem Greifarm usw. Das Ding ist schon ziemlich witzig und irgendwie auch recht cool. Die Fernsehlady mit ihren zur Schau gestellten Brüsten erinnert dann an die Trash-Kultfigur Elvira und die ebenfalls für diese Zeit recht gut gemachte Maske des anderen Außerirdischen könnte z.B. direkt aus „Star Trek – The Next Generation“ genommen worden sein, eine Serie, die immerhin erst Jahre später erschienen ist.

Fazit:

Der Film zählt bei einem ganz bestimmten Publikum als Kultfilm und das ist irgendwie, wenn man nach dem Film darüber nachdenkt durchaus (wenn auch nicht ganz so leicht) irgendwie sogar nachvollziehbar. Er hat zweifellos seinen ganz eigenen doofen Charme, aber das ist für einen normalen Filmkonsumenten und für die, welche dann doch lieber etwas Anspruchsvolles sehen, nur kaum nachvollziehbar. Er ist nämlich weder, im eigentlichen Sinn, lustig, noch hat er eine gute oder außergewöhnliche Handlung (abgesehen von der Ausgangssituation) – und er ist eigentlich auch weit davon entfernt, ein Horrorfilm zu sein, denn er ist weder blutrünstig, noch auch irgendwie spannend. Die Familie wird zwar nach und nach dezimiert, doch das ist nie auch nur ansatzweise vergleichbar mit einem Splatterfilm. Es bleibt (bis auf eine Ausnahme) stets harmlos und komödiantisch, sodass man fast meinen könnte, dass das auch am Nachmittag im Fernsehen laufen könnte. Nachdem die Familie größtenteils aufgefressen wurde, fügt man schließlich noch ein paar weitere Charaktere der Handlung hinzu, viel mehr ist dem Drehbuchautor und Regisseur dann aber auch schon nicht mehr eingefallen. Grundlegend bleibt’s beim „Schema F“: Einer wird gefressen, der Nächste wird gefressen und der Nächste… und der Nächste. Wer sich den Film 10 Minuten ansieht und hofft, es könnte noch irgendwann besser werden, irrt sich. Es bleibt im Wesentlichen so.

< Spoiler Anfang >

Einzig zu gefallen weiß, dass das Monster kurzzeitig von den Kids domestiziert werden konnte oder aber auch die Idee, dass das Monster die Köpfe der Aufgefressenen in sich aufnimmt und z.B. sprechen lassen kann, sodass es dann den noch übriggebliebenen Familienmitgliedern vorspielen kann, diese seien noch am Leben. Das ermöglicht dann schließlich auch diese halbwegs witzige Bettszene, wo die Köpfe der Eltern und des andere Swingerpärchen den Kindern versichern, dass eh alles okay wäre.

< Spoiler Ende >

Aber selbst das ist jetzt nicht so großartig, sondern nur minimal witzig. Die Sprüche sind dann z.T. auch richtig unerträglich und das Zielpublikum scheint dann wohl auch eher ein pubertierendes zu sein, wenn z.B. der Grieche sich als Homosexueller herausstellt, der es natürlich griechisch mag (wie sonst?) oder wenn dieser, noch bevor die Eltern es gecheckt haben, dass er schwul ist, fragt, ob der Vater ein „männliches Mann ist“ bzw. er „es nimmt wie eine Mann“. Wenn die Fans des Films solche Sätze dann auch noch als ihre Lieblingszitate aus dem Film angeben, sagt das schon recht viel über die komödiantischen „Qualitäten“ und auch das Publikum aus.

Nichtsdestotrotz ist der Film jetzt aber – trotz dieser vehementen, völligen Fehltritte, die aber wohl auch mit der Zeit, in der der Film entstand, zu tun haben – nicht so schlecht. Klar, er ist Schrott, er bleibt mit fortlaufender Spieldauer so schlecht wie er es schon in den ersten 10 Minuten ist, aber einzelne Momente bleiben einem nach dem Betrachten dann ja vielleicht doch in Erinnerung.

Was diesen Film tatsächlich zu einem richtigen Kultfilm gemacht hätte, wäre, wenn sie es als Musical angelegt hätten. Ein paar gute Songs, z.B. von den vier Köpfen, die bei der Bettdecke hervorschauen, ein cooler bluesiger Song vom Monster, dann noch ein Metal- und ein Punk-Song, ein paar weitere klüger angebrachte Gesellschaftskritiken (und nicht nur die Kritik am Fernsehkonsum), ein liberaleres Weltbild bzgl. der Sexualität wie z.B. bei der „Rocky Horror Picture Show“ und der Film – wenn auch dann ein ganz anderer – wäre ein richtiger Hammer gewesen. Dann hätte auch diese ‚cheesy‘ Spielweise der Schauspieler gut gepasst. So ist es ein Musical ohne Musik und inhaltlich ein eher langweiliger bis durchschnittlicher Film, wenngleich er zuweilen auch auf eine hirnleere Art und Weise unterhalten kann, WENN man ‚cheesy‘- Filme mag oder auch, wenn man sehr nostalgisch bezüglich der 80er-Jahre ist. Mir hat lediglich der Song des Vorspannes halbwegs gut gefallen, der mit der schrillen weiblichen Stimme an schräge ‚New Wave‘-Songs erinnert. Die Suche nach einem weiteren wirklich guten Trash-Film geht also weiter.

5-star
(5/10; zum Teil, wenn man sich bemüht, passagenweise halbwegs amüsant aber insgesamt dann doch eher unterdurchschnittlich, wenn man will auch schlecht und v.a. auch blöd. Seltsamer Weise wird er in der Erinnerung besser als er eigentlich ist. Daher die 5 und doch keine 4, wie ich direkt nach dem Sehen des Films für eher angebracht hielt.)

7-star
(7/10; sehr gut; allerdings nur für Fans von ‚cheesy‘-Filmen)

(Dieses Review wurde v.a. deshalb geschrieben, weil es nur kaum dt. Reviews hierzu gibt und wenn, dann wurden diese auch nur von Fans geschrieben. Ich fand es recht notwendig, dass man im Netz auch eine objektivere Meinung dazu findet, sodass manche sich die Zeit, den Film anzusehen, ersparen können, wenn sie das hier lesen).

TerrorVision, kompletter Film, Sprache: Deutsch

TerrorVision, kompletter Film, Sprache: Englisch

https://www.youtube.com/watch?v=3gWW_LvuAYw

Für alle Links auf dieser Homepage gilt: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu eigen.

Our website contains links to the websites of third parties (“external links”). As the content of these websites is not under our control, we cannot assume any liability for such external content. In all cases, the provider of information of the linked websites is liable for the content and accuracy of the information provided. At the point in time when the links were placed, no infringements of the law were recognisable to us. As soon as an infringement of the law becomes known to us, we will immediately remove the link in question.

Terrorvision (1986); Regie: Ted Nicolaou; Drehbuch: Ted Nicolaou; Produzenten: Charles & Albert Band, u.a.;  Darsteller: Diane Franklin, Mary Woronov, Gerrit Graham,  Chad Allen, Jon Gries, u.v.a.

The Misfits – nicht gesellschaftsfähig (1961); Filmkritik und Hintergrund

Ein Film über das Scheitern, von momentan Gescheiterten, wen wundert’s, dass sie daran scheiterten?

„The Misfits“ war Marilyn Monroes letzter Film. Er entstand zu einer Zeit als sie schon schwer tablettenabhängig und psychisch völlig neben der Spur war. Es ging ihr mittlerweile schon so schlecht, dass sogar die Dreharbeiten, da man sie in eine psychische Anstalt einlieferte, für 2 Wochen unterbrochen werden mussten. Ihr weiteres Schicksal war schon absehbar, sodass der Regisseur Huston in einem Interview im Jahr 1981 sagte, dass es offensichtlich war, dass Monroe „doomed“ war. Für ihn war evident, dass sie sich weder selbst, noch andere ihr mehr helfen konnten. Monroe, der es zu dieser Zeit auch an Selbstbewusstsein fehlte, war stets mit sich unzufrieden, ihre „performance“, auch in diesem Film, habe sie gehasst. Ein Jahr später war sie bereits tot.

Bildschirmfoto 2014-11-16 um 18.51.38Bildschirmfoto 2014-11-16 um 18.55.08

Dieser Film war aber auch der Letzte in dem Clark Gable mitspielte. Dem damals bereits 60-Jährigen sah man sein Alter auch an, wenngleich er selbst das offensichtlich viel weniger so sah. Noch immer trug er, jetzt mit ledriger Haut, seinen typischen Oberlippenbart, der irgendwie so gar nicht mehr in die Zeit und auch nicht zu seiner bodenständigen Rolle des Cowboys der 60er-Jahre passte. Der alte Mann gab, als sei er noch immer ein Jugendlicher, auch seine Stunts nicht an Profis ab. Stattdessen ließ er sich lieber selbst 120 Meter bei (angeblich) rund 50 km/h an einem Seil durch den Wüstensand schleifen. Zwei Tage nach Beendigung der Dreharbeiten hatte er eine schwere Herzattacke und war schließlich eine weitere Woche später bereits ebenfalls tot.

Bildschirmfoto 2014-11-16 um 19.18.14Bildschirmfoto 2014-11-16 um 18.57.19

Der Autor Arthur Miller (u.a. „Tod eines Handlungsreisenden“), damals noch mit Marilyn Monroe verheiratet, schrieb, wohl im Gedanken seiner Frau zu helfen, das Drehbuch zu diesem Film. Dieses war gleichsam auf sie zugeschnitten, sodass sie als Schauspielerin die beste Leistung vollbringen sollte. Der Autor war auch während der Dreharbeiten stets anwesend, schrieb es vor Ort noch ständig um und wurde von seiner Frau – so wird berichtet – richtig mies behandelt. Alle Anwesenden konnten sehen, wie vor ihren Augen die Ehe Monroe-Miller zerbrach. Zwei Monate nach den Dreharbeiten zu „The Misfits“ ließen sich die beiden auch offiziell scheiden. Immerhin hatte Miller aber auch genau bei diesen Dreharbeiten seine zukünftige nächste Ehefrau kennen gelernt: die österreichische Magnum-Fotografin Inge Morath. Sie heirateten ziemlich bald nach der Premiere des Films – wenigstens ein ‚happy end‘. Für Marilyn Monroe war die Scheidung aber tragisch, es verschlimmerte ihr Leiden.

Regisseur des Films war John Huston, Vater von Anjelica Huston. Wie seine noch lebende Tochter hatte auch er sich bereits mit Filmen wie „Der malteser Falke“, „Der Schatz von Sierra Madre“, „African Queen“, „Asphalt Dschungel“, „Key Largo“ und anderen längst in die Geschichte der Filmkunst eingeschrieben, aber in jener Zeit gleich mit 5 Filmen in Folge nur mehr sehr wenig erreicht. Mt Marilyn Monroe konnte dieser, da er sie stets respektvoll behandelte, jedoch sehr gut, so schien er für diesen Film, mit dem als schwierig angesehenen Sexsymbol, die richtige Wahl zu sein. Doch während Monroe die Diva markierte, zu ihren Drehs zu spät oder gar nicht erschien, verfiel der Regisseur während der Dreharbeiten der Spielsucht im nahegelegenen Reno. Ein schwerwiegendes Alkoholproblem hatte dieser jedoch schon länger, das war nichts Neues. An einen der Drehtage sagte er zu Eli Wallach, einem weiteren Schauspieler, dass er noch nie zuvor so betrunken war, wie letzte Nacht. Er wirkte zwar auf die anderen nüchtern, aber er war zuweilen sogar am Set des Öfteren so weggetreten, dass er während einer Szene einschlief.

In einer weiteren Rolle dieses tragisch-komischen Schauspiels hinter (und in diesem Fall auch vor) der Kamera Montgomery Cliff. Cliff war wie – so scheint es – fast alle anderen ebenfalls bereits alkoholsüchtig. 5 Jahre vor diesem Film hatte er einen Autounfall, sein Gesicht musste durch plastische Chirurgie wiederhergestellt werden und dieses war in der Folge dann auch partiell gelähmt. Aufgrund der Tabletten, die er nehmen musste, wurde er auch noch tablettenabhängig und er zeigte selbstzerstörerische Tendenzen. Keine Versicherung wollte den mittlerweile als unzuverlässig Verschrieenen versichern, aber für diesen Film war er natürlich eine ganz wunderbare Ergänzung. Seine Karriere nach dem Autounfall galt vielen als der „längste Suizid in der Geschichte Hollywoods“. Marilyn Monroe sagte im Erscheinungsjahr dieses Films, er sei die einzige Person, die sie kenne, der in einer noch mieseren Verfassung als sie selbst sei.

Alle an den Dreharbeiten Beteiligten litten schließlich auch noch an der Hitze in der Wüste Nahe Reno, in der es meist um die 42°C hatte und wo man die meisten Szenen drehte. Während Las Vegas berühmt für unbedachte Eheschließungen ist, so ist Reno dies für Scheidungen. Nirgendwo sonst in den U.S.A. kann man sich leichter und unbürokratischer voneinander trennen; „going to Reno“ wurde aufgrund dessen eine geläufige Redewendung und Umschreibung für „sich scheiden lassen“. Keine Stadt symbolisiert also so sehr das persönliche Scheitern wie Reno. Wie das benachbarte Las Vegas ist es aber auch ein „Sündenpfuhl“, ein Mekka der Spiel- und Alkoholsüchtigen. Eine derartige Truppe an Alkoholikern dort zusammenzupferchen, war natürlich eine glorreiche Idee! Das musste doch ein großer Film werden, oder etwa nicht?

Diese Horde an „Irren“ machen nun also dann auch noch einen Film über „mis-fitting people“, Leute, die nicht in die Gesellschaft passen. Ein Film über Unangepasste, über Gescheiterte. Wer konnte nur daran zweifeln, dass man all das dem Film nicht ansehen musste? Wer konnte daran glauben, dass das Projekt nicht scheitern würde?! Der Film floppte natürlich an den Kinokassen! Es war ein „box office desaster“, niemand wollte den Film sehen, keiner mochte die von den Stars verkörperten Charaktere, er funktionierte einfach nicht, sagte der Produktionsassistent einige Jahre später in einem Interview.

Bildschirmfoto 2014-11-16 um 18.59.00Bildschirmfoto 2014-11-16 um 18.48.53

Heute ist der Film jedoch ein Klassiker, was zunächst wohl in erster Linie auf all diese Umstände, die oben erläutert wurden, zurückzuführen ist. Es gibt nicht umsonst einige Dokumentation über die Arbeiten an diesem Film, v.a. liegt es aber selbstverständich auch daran, dass dies der letzte Film von Marilyn Monroe, der „sexiest woman on earth“ – und zwar „EVER!“, war. Marilyn Monroe ist zweifellos auch heute noch faszinierend. Es ist schwer zu sagen, ob dies wirklich allein nur aufgrund ihres Aussehens so ist, oder weil wir alle von diesen Geschichten um ihre Anziehungskraft bereits so manipuliert sind, aber es fällt tatsächlich auch heute noch schwer den Blick von ihr loszureissen. Tatsächlich spielt sie aber auch in diesem Film zumindest passagenweise richtig gut und glaubwürdig.

Von den damaligen Kritikern wurde der Film als solcher zwar oftmals verrissen, aber neben Monroes Auftritt wurde auch Clark Gables ‚performance‘ gelobt. Interessant dabei ist seine erste Szene im Film, denn man sieht sein Gesicht nur für ein paar Augenblicke von der Seite, bevor man schließlich ewig lange nur auf seinen Hinterkopf starrt, während dieser sich mit einer Frau unterhält. Man verwendet also nicht „Schuß- und Gegenschuß“-Einstellungen, wie dies sonst bei Dialogen sehr oft üblich ist, sondern sieht nur die Frau, die für die eigentliche Handlung und auch für den Zuschauer relativ uninteressant ist. Das steigert die Spannung immens, denn man will doch Clark Gable sehen! Als dieser sich dann schließlich doch zur Kamera dreht, sieht man das Gesicht dieses sichtlich wirklich gealterten Mannes mit dem Oberlippenbart aus den 20ern, der nicht in die Zeit zu passen scheint. Warum auch Clark Gables Darstellung so gelobt wird, versteht man allerdings erst aufgrund der zweiten Hälfte des Films.

Überhaupt kann man fast alle negativen Punkte der damals zeitgenössischen Zeitungskritiken (und auch die Selbstkritik der Produzenten) gerade in der ersten Hälfte des Films sehr gut nachvollziehen. Tatsächlich ist dieser eher depressiv und man bringt den Charakteren zunächst auch noch wenig Sympathie entgegen, was vor allem an den Dialogen liegt. Sie sind in dieser ersten Hälfte des Films nur wenig unterhaltsam, wenngleich sie für Nevada und die Westküste durchaus typisch und zumindest inhaltlich auch realistisch sind. Die großen Stars wirken in dieser ersten Hälfte des Films jedoch deplatziert, das Ganze fühlt sich (mit den Weichzeichnern, usw.) aufgesetzt an.

Bildschirmfoto 2014-11-16 um 18.55.43Bildschirmfoto 2014-11-16 um 18.54.50

Darüber hinaus ist der Film zum Teil dann auch noch wirklich schlecht gemacht, was seinem Status als Kultfilm einfach widerspricht. Dies betrifft in diesem Fall vor allem den Schnitt, wie folgende Szene (ab ungefähr 23:40) als Beispiel gleich mehrmals zeigt: Als Monroe die Idee mit dem Autoradio hat, dreht sie ihren Oberkörper, obwohl sie in der vorigen Einstellung doch gar nicht von uns abgewandt war. Kurz darauf sagt die ältere Dame (Thelma Ritter), dass sie sich ein ‚Sandwich‘ macht, und fragt, ob auch andere eines wollen. Die so knapp darauf eingeblendete Antwort Marilyn Monroes, dieses leicht gequitschte „okay“, das ist dann schließlich aufgrund des Schnittes schon fast so trashig und unfreiwillig komisch wie bei Ed Wood-Filmen.

https://www.youtube.com/watch?v=1lQ7xQfNMmc?t=23m40s

Diese schlecht gesetzten Schnitte, die man auch an anderen Stellen des Films finden kann, lassen eigentlich eher weniger auf einen hochqualitativen Hollywoodfilm schließen, aber man könnte annehmen, dass diese letztlich mit Monroes ‚performance‘ zu tun haben. Dass nämlich das Ausgangsmaterial, das dem Cutter zur Verfügung stand, nur passagenweise annehmbare Qualität zeigte und auf dem zugrundeliegenden Bildmaterial einfach auch vieles rausgeschnitten werden musste. Monroe spielte nach der Strasberg-Methode, ihre Schauspiellehrerin Paula Strasberg (Ehefrau von Lee Strasberg, der Erfinder des ‚method actings‘) war auch bei den Dreharbeiten anwesend und trainierte mit ihr nachtsüber. Sie sollte also über eigene Erfahrungen und Gefühle in ihre Rolle finden und nicht umsonst wurde auch schon das Drehbuch ihres Mannes an ihrer eigenen Person angelehnt, was ihr all dies noch zusätzlich erleichtern sollte. Tatsächlich hatte sie aber dennoch irrsinnig große Probleme ihre Texte zu lernen, so ist anzunehmen, dass die Schauspielerin oftmals sogar gezwungen war zu improvisieren oder dass man sie – wenn es ihr wirklich schon so schlecht ginge – durch Tricks dazu brachte. Letztlich war ja auch vielmehr das vielleicht der Grund, warum Miller, der Drehbuchautor, das ’script‘ während der Dreharbeiten mehrmals umschrieb. Diese oben gezeigte Passage – so scheint es – könnte jedoch tatsächlich ein sichtbarer Beweis dafür sein, dass es der Schauspielerin zu diesem Zeitpunkt nicht besonders gut ging, oder aber, dass sie während des Drehs zum Teil schon verzweifelt war und vielmehr gar nicht mehr wirklich spielte, sondern wirklich nur mehr sie selbst war. So oder so, der Regisseur hätte diese Passagen, wenn der Schnitt aufgrund mangelndes Materials so mies erfolgte, noch einmal drehen müssen, der Schnitt direkt vor diesem ‚okay‘ ist einfach unmöglich und er hätte das eigentlich nicht so akzeptieren dürfen.

So interessant diese Passage auch ist, Ähnliches, in dem der Schnitt Monroes Schauspiel so völlig ruiniert, findet man im Film sonst nicht wieder, vielmehr weiss sie tatsächlich an anderen Passagen sehr zu überzeugen. Schließlich wird der Film in der zweiten Hälfte (allerdings dauert es bis dahin eine Stunde), spätestens mit der Reise in die Stadt, in welcher das Rodeo stattfindet, dann auch noch richtig gut. Die Figuren werden nachvollziehbarer, die Geschichte interessanter. Es rücken nun auch die männlichen Rollen und deren Schicksale, sowie deren Einstellung zur Welt mehr in den Vordergrund. Monroes Rolle bleibt aber überaus wichtig, da sich die Männer durch sie wandeln oder auch preisgeben.

Bildschirmfoto 2014-11-16 um 19.00.01Bildschirmfoto 2014-11-16 um 19.01.53

Der Film zeigt nun ganz ohne Glamour und auch relativ realitätsnah, also jetzt völlig ohne Weichzeichner, seine dramatischen Charaktere. Der Höhepunkt ist dabei der Abend in dem alle 3 Männer völlig betrunken sind. Der Film wandelt sich nun plötzlich, ab diesem Zeitpunkt, in eine tiefergreifende Kritik des ‚american dreams‘ und an jener Welt, in der sich die drei Männer befinden. Diese Kritik kulminiert in den unvergesslichen und überragenden abschließenden Szenen des Films, in welchen die Männer die Wildpferde einfangen. Alle drei Männer reagieren nun auf den Einfluss der Frau. Der ehemalige Soldat, ein aus amerikanischer Sicht typischer Held, erweist sich hier nun durch seine Erfahrungen als jemand, der auch die ganze Welt sprengen würde, wenn es ihm nur zum Vorteil wäre, und der von Clark Gable verkörperte Cowboy erkennt schließlich dass die vermeintliche Freiheit des Cowboys in der heutigen Welt nicht mehr zu halten ist, ja sogar viel weniger mit der Freiheit, als mit dem Töten derselben zu tun hat.

Bildschirmfoto 2014-11-16 um 19.02.48Bildschirmfoto 2014-11-16 um 19.03.09

In der damaligen Kritik wurde der Film gar als ein europäischer bezeichnet, tatsächlich ist er jedoch ein höchst amerikanischer Film; wenngleich auch kein Hollywoodfilm, so ist es einer aus der Sicht der Ostküste. Es ist ein Film der die blödsinnige Cowboy-Sentimentalität und den Cowboy-Mythos entlarvt, was ihn aus diesem Grund bis heute interessant und aktuell macht. Dennoch zeigt sich der Film als solcher völlig uneinheitlich: Während der erste Teil noch aufgesetzt und künstlich wirkt, so bekommen die Charaktere im zweiten Teil etwas so ehrliches, dass man fast schon meint, es handle sich um einen Independent-Film. Besonders markant ist dabei die überaus lange Szene des Telefonats, in welcher Montgomery Clift in nur einem ’shot‘ und in nur einem ‚take‘ diese Passage grandios runterspielte. Sie scheint zunächst überhaupt nicht in diesen Film zu passen, sie ist z.B. auch für einen Kommerzfilm viel zu lange, aber sie ist schließlich die einleitende Szene für den weit besseren, wirklich guten zweiten Teil des Films. Dass dieser Film in den U.S.A. (finanziell) scheitern musste, war schließlich nicht nur aufgrund der Beteiligten, sondern vor allem auch aufgrund des Inhalts abzusehen.

7-star

(flimmerspiegel-Wertung: 7; gut)

„The Misfits“ (1961); komplette Film, Sprache: Englisch

https://www.youtube.com/watch?v=1lQ7xQfNMmc

Englische Untertitel: Wer Probleme hat den in diesem Film doch sehr amerikanischen ’slang‘ zu verstehen: Mit ein bisschen Recherche findet man sehr schnell Möglichkeiten den Film von ‚youtube‘ herunterzuladen. Auf ‚banksubtitles‘, ‚OpenSubtitles‘ usw. findet man dann Untertitel, die man lediglich in denselben Ordner legen muss. Verwendet man nun den ‚VLC-Player‘, erkennt er diese auch sofort, wenn das ‚File‘ denselben Namen wie der Film trägt. Für „The Misfits“ konnte ich dort jetzt gerade zwar nur englische Untertitel finden, aber auch das sollte ja bereits sehr hilfreich sein.

Für alle Links auf dieser Homepage gilt: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu eigen.

Our website contains links to the websites of third parties (“external links”). As the content of these websites is not under our control, we cannot assume any liability for such external content. In all cases, the provider of information of the linked websites is liable for the content and accuracy of the information provided. At the point in time when the links were placed, no infringements of the law were recognisable to us. As soon as an infringement of the law becomes known to us, we will immediately remove the link in question.

Following (1998) – Christopher Nolans erster großartiger Film

Es gibt wohl keinen Regisseur der im Moment angesagter ist als Christopher Nolan. Er ist, vielleicht neben Aronofsky, wohl der Regisseur der 2000er- und 2010er-Jahre. Während aber Aronofsky durchaus schon mal auch in den Kitsch und esoterische Unausgegorenheiten abdriftet („The Fountain“, „Noah“, zum Teil sogar im recht großartigen Film „Pi“, denn bezüglich kabbalistischer Weisheiten blieb er auch da bestenfalls an der Oberfläche), so ist Nolan in der Qualität seiner Werke stabiler. Im Gegensatz zu ihm und auch zu den großen, wirklich einflussreichen Regisseuren der 90er-Jahre, Quentin Tarantino und die Coen-Brothers, tendiert er aber auch weit mehr in Richtung Mainstream-Hollywood-Kino. Von den drei anderen Genannten ist es nur schwer vorstellbar, dass sie sich des Batman-Stoffes annehmen würden, aber genau das ist auch sein Erfolgsrezept: Bleibe im Mainstream, überfordere die Leute nicht mit deinen Ideen („Inception“ ist dahingehend vielleicht eine Ausnahme), mache unterhaltsame Filme, aber gib ihnen etwas Besonderes, ein wenig Anspruch mit. Es ist die zutiefst amerikanische „(später-)Scorsese-Formel“, die ihm den Platz am Gipfel des Olymps momentan sichert.

Den aber wohl innovativsten Film machte Nolan relativ am Anfang seiner Karriere, als ihm noch keine Millionen-Budgets zur Verfügung standen. „Memento“ zeugte von seinen unglaublichen Fähigkeiten als Drehbuchautor eine narrative Story so in Einzelteile zu zerhacken, sodass es für den Betrachter des Films zu einem einmaligen filmischen Erlebnis wird. „Pulp Fiction“ (1994) hatte ganz offensichtlich auch bei ihm Spuren hinterlassen und „Memento“ war schließlich auch seine Eintrittskarte für die nun darauf folgende erstaunliche Karriere.

Unknown-3 Unknown-4

Vor „Memento“ hatte der Regisseur – so weit bekannt – nur einen einzigen abendfüllenden Spielfilm geschaffen bzw. nur ein Einziger wurde im Nachhinein einer breiteren Öffentlichkeit auch zugänglich gemacht. Mit 28 Jahren drehte Nolan mit ein paar Freunden im Laufe eines Jahres den rund 70-minütigen Spielfilm „Following“ (1998), ohne professionelle Schauspieler und ohne Budget. Wie drei Jahre zuvor „La Haine (dt. Hass)“ (1995) war dieser in schwarz-weiß-gehaltene Film ein Zeugnis des jungen und frechen europäischen Kinos. Doch im Gegensatz zu dem französischen Indiefilm, der in dieser Weise niemals in den U.S.A. entstehen hätte können, wenngleich auch dieser einen amerikanischen Film zitiert (Vincent Cassel imitiert die berühmte Spiegelszene aus Scorseses frühem Meisterwerk „Taxi Driver“), stand der britische Film von Nolan bereits mit 2 Händen und einem Fuß in der Tradition des amerikanische Kinos. Während bei „La Haine“ die Wahl des Schwarzweißfilms viel eher eine stilistische und atmosphärische Wirkung hatte, so ist bei Nolans Film dies auch eine klare inhaltliche Referenz an den zutiefst amerikanischen ‚Film Noir‘. „Following“ erinnert aus mehreren Gründen an die großen Klassiker des amerikanischen Kinos der 40er- und 50er-Jahre, v.a. wie er die Spannung aufbaut, aber auch hinsichtlich des Einsatzes einer klassischen ‚femme fatale‘. Nolans Interesse an der amerikanischen Pop- und Film-Kultur zeigt sich aber ebenso an den Hinweisen, die er z.B. im Hintergrund – wie das so viele Regisseure in ihren Filmen machen – des Öfteren einstreut. In der Wohnung der Hauptfigur sieht man z.B. ein Portrait von Marilyn Monroe oder aber auch Fotografien von Jack Nicholson aus „Shining“ (1980). Schließlich ist aber auch bei diesem Film – wie später auch bei „Memento“ – bereits Tarantinos „Pulp Fiction“-Einfluss, in der Art wie der Film die Handlung erzählt, deutlich spürbar. Wenngleich der Film aufgrund der schauspielerischen Leistungen nicht mit „Memento“ mithalten kann und auch wenn die Handlung eigentlich ein paar Fehler aufweist (die einem allerdings nur auffallen, wenn man sehr ausgiebig darüber nachdenkt), so ist das Drehbuch von „Following“, aufgrund seiner Wendungen und v.a. dem Ende, vielleicht sogar das noch klügere als das vom Folgefilm. Wer auf richtig kluge ‚twists‘ und auf non-lineare Handlungsverläufe steht, findet in „Following“ ohne Zweifel einen potentiellen Lieblingsfilm.

< Ich werde mich zwar hüten hier auch nur irgendetwas zu ’spoilern‘, aber wer den Film noch nicht gesehen hat und schon jetzt weiß, dass er dies nun tun wird, sollte vielleicht jetzt zum Abschnitt nach „Spoiler Ende“ springen. Denn ohne auch nur irgendwas über die Handlung des Films zu wissen, gänzlich ohne Vorkenntnisse, wirkt der Film einfach bestimmt noch weit besser. Der Film ist, das kann hier an dieser Stelle schon verraten werden, richtig gut und überaus empfehlenswert. Wer dennoch mehr wissen will… es wird auch in den folgenden Absätzen nichts Essentielles verraten. >

#Pulsierende Musik. Störgeräusche. schrill quietschende Töne# Eine Hand quält sich in Gummihandschuhe. Eine Schatulle wird geöffnet. Die Hand ergreift sich intime Gegenstände, Wertgegenstände, Geld. Die kleine Kiste wird wieder verschlossen. Ein schwarzes Bild. Eine Stimme ertönt aus dem ‚Off‘. Das Gesagte gleicht einem Bericht. Die Stimme erzählt von Langeweile, von Einsamkeit und von der Faszination und Sucht wildfremde Menschen auf der Straße zu verfolgen, zu beobachten. Ohne wirklichem Grund. Einfach aus Interesse an den Menschen. Regeln müssen aufgestellt werden, denn es wird zu gefährlich. Regeln werden gebrochen. Ein Mann mit einer Tasche, ein anderer Mitte Zwanzig verfolgt und beobachtet ihn. Er folgt ihm in ein Café, setzt sich 2 Tische entfernt von ihm hin und bestellt. Plötzlich steht der Verfolgte jedoch vor ihm, spricht ihn an, setzt sich zu ihm an den Tisch.
Die Situation ist dem Verfolger sichtlich peinlich und die Angespanntheit geht auf den Betrachter des Films über. Wie wird der Verfolgte reagieren? Was wird er machen? Wer ist dieser Mann? Hat er dieses Mal vielleicht gar den Falschen verfolgt? – sich mit dem Falschen angelegt?

Unknown-2 images-4

Wer meint, dass das Verfolgungs- bzw. ’stalking‘-Szenario schon genug für einen großartigen und aufregenden Film hergeben würde, hat natürlich Recht, doch der Film begnügt sich nicht damit. Grenzen von Privatsphären werden noch weiter überschritten.
Außerdem zeigt sich uns der Protagonist plötzlich mit einer anderen Frisur, eine Szene später mit Gesichtsverletzungen. Ist es überhaupt dieselbe Person? Doch! Es ist dieselbe Stimme! Aber was ist wirklich passiert?

< ‚Spoiler‘ Ende! >

Das Schreiben von Drehbüchern ist Nolans wirklich große Stärke, das zeigt er auch schon bei diesem ersten Film. Es ist das Gerüst jedes guten Films und auch bei „Following“ es ist einfach nur aufregend und spannend dem Hauptcharakter zu folgen, das Rätsel der Geschichte zu lösen. Sie beinhaltet „Aha!“-Erlebnisse am laufenden Band. Wie eine Zwiebel, die abgeschält wird, nähert man sich dem Kern der Geschichte bis man am Schluss dieselbe Erfahrung macht, wie auch die Hauptperson. Das ist so unglaublich klug gemacht, dass man sich wundert, warum dieser Film in Cannes keinen Preis erhielt, wie dies z.B. „La Haine“ ein paar Jahre vorher gelang. Das liegt nur daran, dass der Film sichtlich überhaupt kein Budget hatte. Man sieht ihm, obwohl es die Schauspieler zu einem großen Teil richtig gut machen (die ‚femme fatale‘ jedoch leider nicht immer), dennoch einfach noch die semi-professionelle Herangehensweise an; man muss Abstriche in Kauf nehmen, wenn man diese großartig erzählte Geschichte verfolgen will. Aber die sind es allemal wert. „Following“ ist ein ziemlich großartiger Film, der Nolan mit ein bisschen mehr Geld vielleicht schon vor „Memento“ den Weg geebnet hätte; andererseits ist vielleicht aber gerade auch dieses Underground-Feeling, das diesen Film umweht, auch sein besonderer Charme. Ein großartiger Film!

9-star (9/10; Super! mehr als empfehlenswert!)

Für mich neben „Memento“ sein bester Film. Ich weiß, das werden viele nur ungern akzeptieren, aber „Batman“ juckt mich einfach nicht, hat es noch nie getan, auch wenn die „Dark Knight“-Filme schon gut sind, aber sie geben mir nicht viel. Wenn diese Filme aus sind, war ich einfach nur gut unterhalten – mehr nicht. (abgesehen davon, dass ich Christian Bale… naja… das vielleicht ein anderes Mal). Viel Spaß mit diesem Film!

„Following“ (1998); kompletter Film; Sprache: Englisch; alternativer ein-/ausblendbarer Untertitel: Portugiesisch

https://www.youtube.com/watch?v=G-EWM-8CIhY

deutsche Untertitel: Wer in Englisch nicht so gut ist oder wer Untertitel trotzalledem bevorzugt: Mit ein bisschen Recherche findet man sehr schnell Möglichkeiten den Film von ‚youtube‘ herunterzuladen. Auf ‚banksubtitles‘, ‚OpenSubtitles‘ usw. findet man dann Untertitel, die man lediglich in denselben Ordner legen muss. Verwendet man nun den ‚VLC-Player‘, erkennt er diese auch sofort, wenn das ‚File‘ denselben Namen wie der Film trägt. Für „Following“ gibt es auch welche in deutscher Sprache.

Für alle Links auf dieser Homepage gilt: Ich distanziere mich hiermit ausdrücklich von allen Inhalten aller verlinkten Seitenadressen auf meiner Homepage und mache mir diese Inhalte nicht zu eigen.

Our website contains links to the websites of third parties (“external links”). As the content of these websites is not under our control, we cannot assume any liability for such external content. In all cases, the provider of information of the linked websites is liable for the content and accuracy of the information provided. At the point in time when the links were placed, no infringements of the law were recognisable to us. As soon as an infringement of the law becomes known to us, we will immediately remove the link in question.

Vanishing Point – Fluchtpunkt San Francisco (1971)

Ein Mann. Ein Auto. Subversion und die desillusionierten frühen 70er-Jahre. „Vanishing Point“ – eine Nachbetrachtung:

Kowalski, der Ex-Rennfahrer, Ex-Polizist und Ex-Soldat, fand sich in keiner seiner bisherigen Professionen zurecht, er findet auch jetzt seinen Platz in der Gesellschaft nicht. Sein Zuhause ist die Straße, also überstellt er Autos von einem Ort zum anderen. Doch eines Tages platzt ihm der Kragen, er rebelliert gegen das System und all die Einschränkungen der Gesellschaft. So rast er von Denver nach San Francisco ohne sich um Geschwindigkeits- und anderen Verkehrsbeschränkungen zu scheren. Hinter ihm die Polizei, die dieser subversiven Äusserung mit allen Mitteln ein Ende setzen will.

Ein Autorennen quer durch die Staaten war ein beliebtes Thema im Film der 70er-Jahre. Doch „Vanishing Point – Fluchtpunkt San Francisco“ hat viel weniger mit Filmen wie der „Cannonball“-Reihe gemein, als viel mehr mit „Easy Rider“. Kowalski ist der „Outlaw“, der „Lonesome Rider“, der vermeintlich „letzte Held der Straße“ und so stehen dann natürlich auch zunächst die Verfolgungsjagden im Mittelpunkt. Jedoch gibt es in diesem Rennen weder Mitstreiter, noch soll das allein ausschließlich unterhaltend sein. Die zunächst noch simple Ausgangssituation, „Fahre von Punkt A nach Punkt B“, verwandelt sich spätestens in der zweiten Hälfte des Films, wenn dieser dann einen Gang runterschaltet, in einen Spiegel der damaligen Zeit. Dieser zeigt die U.S.A. nach der gescheiterten Hippie-Revolution.

< Die nun folgenden Textpassagen interpretieren den Film und verraten auch überaus viel der Handlung, aber auch Vieles über den Hintergrund. Wenn Du nur wissen wolltest, ob Dir der Film gefallen könnte, solltest Du vielleicht jetzt zur Bewertung und deren Anmerkungen springen und erst nach dem Sehen des Films den gesamten Text hier dann lesen. Dieser ist – so denke ich – zwar für alle interessant, aber im Besonderen für die, welche mit dem Film nur wenig anfangen konnten. Solltest Du ihn aber erst viel später irgendwann sehen wollen, kannst Du sehr gerne auch jetzt schon weiterlesen. Bis dorthin hast Du vermutlich das Meiste ohnehin schon wieder vergessen, oder aber, wenn nicht alles, sondern nur die grundlegende Aussage in Erinnerung bleibt, könnte es sogar helfen, dass Du dann mehr Spaß am Film hast. > 

Ab der Mitte des Films formt sich nun langsam auch, durch die diversen sehr kurzen Rückblenden, ein Bild des Fahrers. Er ist Vietnam-Kriegsveteran, der „die Bedeutung hinter seiner Wunde hasst“, er war bei der Polizei, wo er die Erfahrung machte, dass seine Kollegen die Gerechtigkeit vielmehr vergewaltigen und er war Teil der Protestbewegung, indem er nackt vor dem Gerichtsgebäude demonstrierte. Schließlich verlor er, als seine große Liebe starb, vielleicht auch noch das Einzige was ihm noch Halt gab.

 images-1images-3

Dieser Protagonist trifft nun, weil er immer wieder doch mit seinem Wagen anhält, auf andere Menschen. Bisher zeigte uns der Film die anderen Menschen nur beiläufig, die Kamera schwenkte nur an ihnen vorbei, ohne lange Innezuhalten; jetzt werden auch sie Teil des Films und es sind vornehmlich andere Vertreter dieser gescheiterten Revolution auf die der Protagonist trifft. Die letzten Überbleibsel der Hippie-Bewegung haben sich in eine Kommune in der Wüste zurückgezogen, aber Kowalski feiert nicht mit ihnen, er trifft auch auf einen Rocker, dessen Haus ein „Peace“-Zeichen trägt, dem jedoch ein Strich fehlt, eine Verfechterin der freien Liebe, die sich ihm anbietet (woran er aber, weil er seinem Ideal der wahren Liebe nachtrauert, kein Interesse zeigt), kreuzt ebenso seinen Weg, wie schließlich ein homosexuelles Paar, dass in ihrer Verzweiflung, nach der gescheiterten Revolution, ebenfalls zum Outlaw-Pärchen wurde. Letztlich sind es auch die Menschen, die aus ihm, vermittelt über den Radiosprecher, einen Helden machen. Dies erinnert dann z.B. auch an „Bonnie and Clyde“ (1967) oder aber an „Natural Born Killers“ (1994), dessen Drehbuch Tarantino schrieb und der auch ein großer Fan dieses hier vorliegenden Filmes ist.

Kowalski ist Anarchist, doch keiner mit einem intellektuellen linkspolitischen Unterbau, sondern viel mehr einer, der aus dem Bauch heraus handelt. Als er Amok läuft, denkt er nicht mehr nach und er versucht auch die Welt nicht mehr zu ändern, wie dies z.B. in Michael Douglas‘ Rolle in „Falling Down“ (1993) noch zum Ausdruck kommt. Kowalski hat stattdessen viel mehr bereits resigniert. Er ist auch nicht so hysterisch wie der Protagonist in „Falling Down“, sondern völlig ruhig und in sich zurückgezogen; er weiß bereits, dass die Welt nicht zu ändern ist. Das Einzige was ihm, nach dem Scheitern der großen Ideale, noch blieb und was er immer noch verteidigt, ist seine individuelle Freiheit. Das ist freilich ein höchst amerikanischer Zug. Er ist ein (mittlerweile eigentlich ziemlich unpolitisch gewordener) Anarchist des „american dreams“ und des Liberalismus, welcher auf dem Individuum aufbaut. Während sich der von der Politik desillusionierte Mensch von heute ganz in seine Gedankenwelt vor dem Computer zurückzieht, wo auch dieser (vermeintlich) ganz zu sich findet, ist Kowalski aber ein Mann der 70er-Jahre, noch immer ein Mensch der Tat in dieser realen Welt. Er sucht seine Freiheit noch immer im Aussen und nicht im Inneren.

Diese Freiheit wird für einen Amerikaner durch nichts besser verkörpert als durch das Auto. Für einen Europäer ist das nur bedingt in gleicher Weise nachvollziehbar, aber vergleichbar mit dem Gefühl eines 18-Jährigen, der gerade erst den Führerschein gemacht hat und sein erstes Auto kauft. Dieser fühlt zum ersten Mal diese Art der Freiheit, dass er einfach losfahren könnte, wenn er dies nur wollen würde. Dieses Gefühl – so scheint es – hält beim US-Amerikaner allerdings ein Leben lang an. (Meine Großtante in den USA, mittlerweile schon um die 80 Jahre alt, redet nicht vom Sterben und auch dass sie langsam erblindet, ist für sie eigentlich nicht das große Problem, vielmehr hat sie einen Horror davor, dass man ihr den Führerschein wegnehmen könnte. Das ist ihre einzig wirkliche, große Angst und jedes Mal aufs Neue erstaunlich, wenn sie immer nur davon spricht. Ein US-Amerikaner ohne Auto ist amputiert; er fühlt sich nicht mehr als freier Mensch).

images-2Unknown-1

Diese Freiheit, wonach der Anarchist Kowalski mit seinem Auto strebt, wird jedoch vom Establishment durch all seine Gesetze untergraben.  Die Vertreter dieses Establishments sind in diesem Film freilich die unzähligen Polizisten, die ihn mit allen Mitteln aufhalten wollen und die durchwegs einseitig und negativ dargestellt sind: Sie vergewaltigen, sind korrupt, rassistisch, gewalttätig und werden auch des Öfteren als Faschisten bezeichnet. Wie in den „Cannonball“-Filmen, macht sich auch dieser Film über sie lustig, wenn die Kamera von zwei gezeigten Polizisten auf zwei Esel schwenkt, wenn diese, nachdem Kowalski eine Straßensperre durchbrochen hat, selbst zusammenfahren. Das ist hier jedoch zwar amüsant, allerdings weniger „ha ha“-lustig, als viel mehr doch eher ernst gemeint. Der Höhepunkt bzgl. dieses Lustigmachens ist, wenn durch Kowalskis Fahrweise die Straßenarbeiter die Straßenmarkierung versauen, dann zeigt sich, dass Kowalski tatsächlich die Verkehrsregeln verändert hat.

Kowalski ist ein typisch amerikanischer Held, ein radikaler Liberaler, der jegliche Einflussnahme des Staates entweder als kommunistisch oder – wie in diesem Film – als faschistisch betrachtet und in dieser Hinsicht wird er für alle Menschen zum Stellvertreter dieser Freiheit hochstilisiert.

imagesUnknown

In dieses Bild des Helden passt dann freilich auch nicht, dass Kowalski durch sein radikal egoistisches Verhalten andere im höchsten Maß eigentlich gefährdet. Er rast ohne auch nur ansatzweise zu bremsen über unübersichtliche Kupeln hinweg, er weiss nicht, was hinter der nächsten unübersichtlichen Kurve auf ihn wartet und es ist ihm auch herzlich egal. Er ist der sympathische Outlaw – für die anderen Menschen im Film ebenso, wie für den Zuschauer vor der Kinoleinwand oder dem Fernseher. So ist es auch nicht verwunderlich, dass dieses Heldenimage in keinster Weise angetastet wird: Er bleibt nach jedem Unfall mit dem Wagen stehen und kontrolliert, ob eh niemand verletzt ist und selbst der schlimmste Unfall, bei dem sich ein Cabrio unzählige Male überschlägt, geht glimpflich und ohne Tote aus, was eigentlich nahezu unmöglich ist. Kowalski ist kein Verbrecher, was auch im Laufe des Films mehrfach betont wird, vielmehr will ihn das Establishment erst dazu machen. Das kommt dadurch zum Ausdruck, dass die Polizei, indem sie Druck auf das homosexuelle Paar ausübt, versucht ihn anzuschwärzen, versucht ihm ein „echtes“ Verbrechen unterzuschieben. Tatsächlich braucht die Polizei diesen Vorwand um ihn zu verfolgen aber eigentlich doch gar nicht.

Fazit:

Wer heute noch den Kick einer Verfolgungsjagd haben will, braucht sich „Vanishing Point“ nicht anzusehen, derjenige schaltet dann einfach besser nur die Playstation ein, denn in diesem Bezug ist dieser Film für heutige Verhältnisse nicht mehr spannend genug. Die Stärken des Films sind vielmehr die (zum Teil) großartigen Bilder und der rockig-soulige Soundtrack (wenn man auf diese Art der Musik steht). „Vanishing Point“ ist zweifellos ein Klassiker des Kinos, dieser wird jedoch zunehmend vergessen und dieser verblasst auch aus gutem Grund mehr und mehr – einfach aufgrund dessen, dass uns diese Zeit fremd geworden ist. Der Regisseur konnte beim damaligen Kinopublikum voraussetzen, dass es die Bedeutung des Films versteht, denn es lebte in dieser Zeit ja auch. Für einen heutigen Betrachter wird die Welt dieser Nach-Hippie-Ära zu wenig ausformuliert als dass wir es noch komplett nachvollziehen könnten. Der Film hat, abgesehen von dieser Amokfahrt, keine besonders ausführliche Handlung. Die Themen auf die der Film eigentlich Bezug nimmt, werden zu schemenhaft und nur kurz angerissen. Dass wir den Zugang verloren haben, zeigt sich auch daran, dass unzählige heutige Rezensienten davon schreiben, dass die Wette das Motiv seiner Raserei wäre. Tatsächlich ist diese aber eigentlich sogar weitgehend irrelevant. Kowalskis Raserei begann bereits vor dieser Szene, sein Motiv ist nicht, dass er diese Wette gewinnen will, sondern vielmehr der Sieg über das Establishment: Dies ist ihm zwar nicht mehr über die Ideale der Hippie-Bewegung möglich, aber hinsichtlich seiner ganz individuellen Freiheit. Weil das Verständnis hierfür heute nicht mehr in gleichem Maß gegeben ist, erwartet sich der Betrachter von heute auch einen gänzlich anderen Schluss. Er wartet unter Umständen auch auf einen Clou, der dem Film und der Raserei am Ende einen Sinn gibt, den man bis dahin einfach nur noch nicht kannte und es ist bezeichnend, dass das Remake aus dem Jahr 1997 gerade auch das in der Handlung verändert hat. Viggo Mortensen, der Hauptdarsteller in dieser neuen Version, rast weil er rechtzeitig bei seiner Frau sein muss. Das macht den Film für den heutigen Betrachter zwar zugänglicher, aber das nimmt ihm eigentlich auch jeden tiefergehenden Anspruch. Tatsächlich ist das Ende des Originalfilms, wenn man die Aussage des Films vorher schon durchschaut hat, durchaus nachvollziehbar und schlüssig. Schließlich bedeutet es nichts anderes, als dass Kowalski bis zum Schluss dieses letzte übrig gebliebene Ideal noch hoch hält. Ab dem Zeitpunkt in dem er diesen Entschluss gefasst hat, schmunzelt er schließlich dann auch, weil er weiss, dass nur er und nicht das Establishment gewinnen kann. Sein Suizid ist keine Niederlage, er lässt sich nicht gefangen nehmen. Er siegt in der radikalen Freiheit.

6-star

Ausgangswertung 6/10; okay bis gut; Der Film ist für den heutigen Betrachter nur mehr bedingt inhaltlich nachvollziehbar.

allerdings +1 Wertungspunkte für jeden Treffer in der folgenden Liste: Du liebst 70er-Jahre-Filme; Du liebst Verfolgungsjagden im Film, Du bist Rocker mit einer Harley Davidson; Du bist Anarchist weniger aufgrund Deiner Gedanken als viel mehr aus dem Bauch heraus; Du bist US-Amerikaner oder liebst dieses Land; du liebst dein Auto, mehr als fast alles andere; Du interessierst Dich für die Post-Hippie-Ära; Du hast ein überaus großes Interesse an Filmklassikern.

7-star (persönliche Flimmerspiegel-Wertung: 7/10; gut)

Wissenswertes:

• Die schottische Band „Primal Scream“ nannte ihr 1997 erschienenes Album: „Vanishing Point“, einer der Hits daraus hieß „Kowalski“.

• In Quentin Tarantino’s „Death Proof“ aus dem Jahr 2007 kommt genau der gleiche Wagen vor (Dodge Challenger). Es ist eine ganz bewusst gesetzte Hommage an „Vanishing Point“, einer seiner Lieblingsfilme.

Regie: Richard C. Serafin; Drehbuch: Guillermo Carbrera Infante, u.a.; Darsteller: Barry Newman, u.a.

Bonjour Tristesse (1958)

Der nach Amerika ausgewanderte Österreicher Otto Preminger gehört zweifellos zu den ganz großen Regisseuren der Filmgeschichte. Wie kaum ein anderer Filmemacher aus jener Zeit hat er sich Tabuthemen gewidmet und diverse gesellschaftliche und filmbranchenübliche Konventionen jener Zeit ganz bewusst umgangen und gebrochen. Zu den herausragendsten Werken aus seinem Oeuvre gehören „Der Mann mit dem goldenen Arm“ (1955), das Portrait eines Heroinsüchtigen, verkörpert von Frank Sinatra, ein Thema das damals eigentlich völlig undenkbar für die große Leinwand war, „Anatomie eines Mordes“ (1959), aber auch „Bonjour Tristesse“ (1958), welcher als Vorbild für die später aufkommende französische „Nouvelle Vague“ Anerkennung fand.

Ich wurde seltsamer Weise erst recht spät auf diesen Ausnahme-Regisseur aufmerksam und zwar hatte dies viel mehr mit meinem zweiten Hobby zu tun. Zeitlebens war ich an jugendlichen Subkulturen und da v.a. an Independent- und Underground-Musik interessiert. So war es wenig erstaunlich, dass ich früher oder später auch viele Menschen im Bekanntenkreis hatte, die selbst Musik mach(t)en. Eine dieser Bands aus meinem Bekanntenkreis hieß „Bunny Lake„, die andere hatte einen Song, welcher den Titel „Bonjour Tristesse“ trug. (einen Song, den ich damals richtig geil fand). Als ich dann bei meinen Recherchen auf Otto Premingers Filmografie stieß, war klar dass ich diese beiden Filme sehen musste. „Bunny Lake is missing“ (1965) zählt seither zum erweiterten Kreis meiner Lieblingsfilme, die Sichtung von „Bonjour Tristesse“ hatte ich allerdings bis zum heutigen Tage aufgeschoben. Je öfter ich aber das Filmcover sah, desto mehr steigerte sich meine Vorfreude auf diesen Film.

images-2 Unknown

Handlung:

Die 17-jährige frühreife Cecille lebt mit ihrem Vater Raymond ein ausschweifendes und glückliches Leben. Die beiden haben weniger ein familiäres als vielmehr ein freundschaftliches Verhältnis, das die Freiheit und Selbstverantwortung des jeweilig anderen respektiert. Als der Frauenheld Raymond jedoch einer äußerst bestimmenden und gutbürgerlichen Bekannten der Familie einen Heiratsantrag macht, wird der Tochter zunehmend klar, dass ihr bisheriges Leben mit ihr ein aprubtes Ende finden würde. Sie schmiedet eine Intrige gegen ihre Rivalin, was jedoch noch weitaus größere Konsequenzen hat.

Bewertung/Meinung:

Otto Premingers „Bonjour Tristesse“ war letztlich leider nicht der von mir erhoffte neuerlich progressive Film, den ich von ihm mittlerweile fast schon gewohnt war. Während die in schwarz-weiß präsentierte Rahmenhandlung noch viel verspricht, wobei die Qualität der fotografierten Bilder und dann auch vor allem die inneren Monologe mit der Stimme aus dem Off wegen des Clichés zu gefallen wissen, diese charmant und aus heutiger Sicht v.a. auch witzig sind, so ist die in Farbbildern präsentierte Haupthandlung doch recht konventionell.

Unknown-1 images

Zunächst genießt man noch die Unbeschwertheit der Urlaubsstimmung an der französischen Riviera (welche aber auch für den Film der 50er-Jahre zu typisch ist), doch nachdem die oberflächlichen Ferienromanzen auch bis zur Hälfte nicht an Schwung gewinnen, die Dialoge immer noch oberflächlicher werden, stellt sich langsam so etwas wie beginnende Abneigung gegenüber dem Film ein. Die Handlung ist schließlich für einen heutigen Zuseher viel zu vorhersehbar als dass hier auch nur irgendetwas überraschen könnte. Der Film ist kein Thriller, auch kein Krimi, sondern lediglich eine Familiengeschichte mit oberflächlichen Romanzen, woran sich auch bis zum Ende hin nichts ändert. Die Intrige ist die herkömmliche und bedient sich, wie schon tausendmal gesehen, der Eifersucht. Selbst das Ende konnte man schon 10 Minuten vorher genau abschätzen.

Jean Seberg (bekannt v.a. wegen ihrer Performance in Godards „à bout de souffle“ (dt. „Ausser Atem“) weiß jedoch auch in diesem Film in der Rolle der Tochter zu gefallen, ebenso wie David Niven („Der rosarote Panther“ 1963), der abermals gelungen, wie so oft, den älteren Charmeur spielt. Deborrah Kerr ist in ihrer Rolle als prüde, gutbürgerliche Stiefmutter in spé hingegen ziemlich austauschbar und Mylène Demengeot, das französische Sexsymbol der 50er- und 60er-Jahre, hat zwar tatsächlich auch heute noch ein gewisses Sexappeal (in einer Szene erinnert sie einen gar an die große Ikone Marilyn Monroe), ist jedoch mit ihrem gebrochenen Englisch und ihrem „Schauspiel“ bereits eine mittlere Katastrophe.

Was bleibt ist ein Film, dem die Zeit nicht nur anzumerken ist, sondern der von ihr auch überholt und abgehängt wurde. Leider – zumindest meiner Meinung nach – trotz des großen Einflusses auf die Filmgeschichte kein zeitloses Meisterwerk des ansonsten so großen Preminger. Das beste an diesem Film ist der umwerfend großartige Vorspann von Saul Bass.

5-star (5/10)

Trailer (englisch):