Bonjour Tristesse (1958)

Der nach Amerika ausgewanderte Österreicher Otto Preminger gehört zweifellos zu den ganz großen Regisseuren der Filmgeschichte. Wie kaum ein anderer Filmemacher aus jener Zeit hat er sich Tabuthemen gewidmet und diverse gesellschaftliche und filmbranchenübliche Konventionen jener Zeit ganz bewusst umgangen und gebrochen. Zu den herausragendsten Werken aus seinem Oeuvre gehören „Der Mann mit dem goldenen Arm“ (1955), das Portrait eines Heroinsüchtigen, verkörpert von Frank Sinatra, ein Thema das damals eigentlich völlig undenkbar für die große Leinwand war, „Anatomie eines Mordes“ (1959), aber auch „Bonjour Tristesse“ (1958), welcher als Vorbild für die später aufkommende französische „Nouvelle Vague“ Anerkennung fand.

Ich wurde seltsamer Weise erst recht spät auf diesen Ausnahme-Regisseur aufmerksam und zwar hatte dies viel mehr mit meinem zweiten Hobby zu tun. Zeitlebens war ich an jugendlichen Subkulturen und da v.a. an Independent- und Underground-Musik interessiert. So war es wenig erstaunlich, dass ich früher oder später auch viele Menschen im Bekanntenkreis hatte, die selbst Musik mach(t)en. Eine dieser Bands aus meinem Bekanntenkreis hieß „Bunny Lake„, die andere hatte einen Song, welcher den Titel „Bonjour Tristesse“ trug. (einen Song, den ich damals richtig geil fand). Als ich dann bei meinen Recherchen auf Otto Premingers Filmografie stieß, war klar dass ich diese beiden Filme sehen musste. „Bunny Lake is missing“ (1965) zählt seither zum erweiterten Kreis meiner Lieblingsfilme, die Sichtung von „Bonjour Tristesse“ hatte ich allerdings bis zum heutigen Tage aufgeschoben. Je öfter ich aber das Filmcover sah, desto mehr steigerte sich meine Vorfreude auf diesen Film.

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Handlung:

Die 17-jährige frühreife Cecille lebt mit ihrem Vater Raymond ein ausschweifendes und glückliches Leben. Die beiden haben weniger ein familiäres als vielmehr ein freundschaftliches Verhältnis, das die Freiheit und Selbstverantwortung des jeweilig anderen respektiert. Als der Frauenheld Raymond jedoch einer äußerst bestimmenden und gutbürgerlichen Bekannten der Familie einen Heiratsantrag macht, wird der Tochter zunehmend klar, dass ihr bisheriges Leben mit ihr ein aprubtes Ende finden würde. Sie schmiedet eine Intrige gegen ihre Rivalin, was jedoch noch weitaus größere Konsequenzen hat.

Bewertung/Meinung:

Otto Premingers „Bonjour Tristesse“ war letztlich leider nicht der von mir erhoffte neuerlich progressive Film, den ich von ihm mittlerweile fast schon gewohnt war. Während die in schwarz-weiß präsentierte Rahmenhandlung noch viel verspricht, wobei die Qualität der fotografierten Bilder und dann auch vor allem die inneren Monologe mit der Stimme aus dem Off wegen des Clichés zu gefallen wissen, diese charmant und aus heutiger Sicht v.a. auch witzig sind, so ist die in Farbbildern präsentierte Haupthandlung doch recht konventionell.

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Zunächst genießt man noch die Unbeschwertheit der Urlaubsstimmung an der französischen Riviera (welche aber auch für den Film der 50er-Jahre zu typisch ist), doch nachdem die oberflächlichen Ferienromanzen auch bis zur Hälfte nicht an Schwung gewinnen, die Dialoge immer noch oberflächlicher werden, stellt sich langsam so etwas wie beginnende Abneigung gegenüber dem Film ein. Die Handlung ist schließlich für einen heutigen Zuseher viel zu vorhersehbar als dass hier auch nur irgendetwas überraschen könnte. Der Film ist kein Thriller, auch kein Krimi, sondern lediglich eine Familiengeschichte mit oberflächlichen Romanzen, woran sich auch bis zum Ende hin nichts ändert. Die Intrige ist die herkömmliche und bedient sich, wie schon tausendmal gesehen, der Eifersucht. Selbst das Ende konnte man schon 10 Minuten vorher genau abschätzen.

Jean Seberg (bekannt v.a. wegen ihrer Performance in Godards „à bout de souffle“ (dt. „Ausser Atem“) weiß jedoch auch in diesem Film in der Rolle der Tochter zu gefallen, ebenso wie David Niven („Der rosarote Panther“ 1963), der abermals gelungen, wie so oft, den älteren Charmeur spielt. Deborrah Kerr ist in ihrer Rolle als prüde, gutbürgerliche Stiefmutter in spé hingegen ziemlich austauschbar und Mylène Demengeot, das französische Sexsymbol der 50er- und 60er-Jahre, hat zwar tatsächlich auch heute noch ein gewisses Sexappeal (in einer Szene erinnert sie einen gar an die große Ikone Marilyn Monroe), ist jedoch mit ihrem gebrochenen Englisch und ihrem „Schauspiel“ bereits eine mittlere Katastrophe.

Was bleibt ist ein Film, dem die Zeit nicht nur anzumerken ist, sondern der von ihr auch überholt und abgehängt wurde. Leider – zumindest meiner Meinung nach – trotz des großen Einflusses auf die Filmgeschichte kein zeitloses Meisterwerk des ansonsten so großen Preminger. Das beste an diesem Film ist der umwerfend großartige Vorspann von Saul Bass.

5-star (5/10)

Trailer (englisch):

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